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Mordsfreunde

Titel: Mordsfreunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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verwirrt um. Offenbar hatte er die Anwesenheit des Mädchens völlig vergessen.
    »Toni«, sagte er, und plötzlich liefen ihm die Tränen über das Gesicht, »Toni! Papa ist im Krankenhaus. Er stirbt wahrscheinlich!«
     
    Gegen Mittag war das Thermometer auf dreiunddreißig Grad im Schatten gestiegen. Kein Lufthauch regte sich, der Himmel wurde fahl. Die Stimmung im K11 war so bleiern wie das Wetter. Jede Polizeidienststelle in Deutschland war über das Verschwinden von Kriminalkommissarin Pia-Luise Kirchhoff, 38, 1,78 groß, schlank, blond, blaue Augen, informiert, alle Krankenhäuser im Main-Taunus-Kreis, Hochtaunuskreis, in Frankfurt, Darmstadt, Offenbach, Limburg und Gießen überprüft. Das Telefon klingelte und klingelte, aber kein Anruf brachte eine neue Erkenntnis. Tarek Fiedler war nicht zu erreichen, aber Franjo Conradi war der Aufforderung, umgehend aufs Kommissariat nach Hofheim zu kommen, gefolgt. Er saß steif auf einem Stuhl, fuhr bei jedem Geräusch und Telefonklingeln zusammen und blickte sich verängstigt um, sobald jemand das Büro betrat.
    »Was weißt du über Double Life?«, fragte Ostermann. Er war zwar auf die Startseite des Spiels gelangt, aber es war ihm nicht gelungen, sich als Spieler zu registrieren. Beim dritten Versuch war der Hinweis FATAL ERROR erschienen, und er war rausgeflogen.
    »Nichts«, log der schmächtige Junge mit dem übel zugerichteten Gesicht und starrte auf seine Hände. Ostermann hob die Augenbrauen. Franjo war von jemandem schwer eingeschüchtert worden. Warum? Was wusste er?
    »Hör mal«, er beugte sich vor, »dieses Spiel ist mir völlig egal. Zwei Menschen, die du kanntest, sind tot. Svenja Sievers ist verschwunden, genauso wie meine Kollegin, Frau Kirchhoff. Wir wollen die beiden finden, bevor ihnen auch etwas zustößt, und wir sind mittlerweile sicher, dass Lukasetwas mit den Morden zu tun hat, deswegen musst du mir sagen, was du weißt. Dir wird nichts passieren, das verspreche ich dir.«
    »Lukas?« Franjo blickte erstaunt auf. »Wieso Lukas?«
    »Das kann ich dir nicht sagen. Aber ich muss wissen, was Lukas und Tarek Fiedler mit diesem Spiel zu tun haben.«
    Bei der Erwähnung von Tareks Namen zuckte der Junge zusammen. Er kämpfte mit sich, entschloss sich dann aber zu reden.
    »Lukas hat Double Life geschrieben. Ursprünglich war es nur als eine Computeranimation gedacht, die den Verlauf der geplanten B8-Trasse zeigt. Es sollte mit den Webseiten des BUNTE und der ULK verlinkt werden und als CD-Rom an alle Kelkheimer und Königsteiner Haushalte verteilt werden.«
    Lukas, Jonas und Tarek hatten das Spiel, das Lukas aus der Computeranimation gemacht hatte, immer weiter entwickelt und ins Internet gestellt. Zuerst war es noch harmlos, die Mitspieler konnten mit einer Figur durch Kelkheim und Königstein laufen, im Grünzeug Essen bestellen, im Kelkheimer Kino Karten reservieren. Dann hatten sich Lukas und Jonas in den Rechner der Taunus-Sparkasse gehackt, um zu schauen, ob man auch Onlinebanking mit einbinden könnte. Sie wollten aus dem Spiel etwas Ähnliches machen wie Second Life in Amerika.
    »Lukas hatte eine Client-Software entwickelt, mit der man online über unseren Server seine Seiten verwalten und bearbeiten kann«, erklärte Franjo. »Aus dieser Software wurde dann das Werkzeug, mit dem die Mitspieler in Double Life ihre Figur gestalten und sich im Spiel bewegen können. Um einen Account zu eröffnen, muss man bei der Registrierung seine Kreditkartennummer angeben, und für alles, was man macht, muss bezahlt werden. Das lief so ähnlich wie bei einem Internetshop.«
    Ostermann nickte fasziniert. Sein Respekt vor den Jungen wuchs.
    »Je mehr Leute mitgemacht haben, desto besser wurde Double Life, denn Lukas hat jedem Mitspieler Teile des Quellcodes zur Verfügung gestellt, damit sie an der Gestaltung mitarbeiten konnten. Aber Tarek hat alles versaut.«
    »Wieso?«
    Franjo blickte auf. »Wissen Sie, was ein TPS ist?«
    »Ein Third-Person-Shooter«, Ostermann nickte, »wie bei Tomb Raider.«
    »Genau«, bestätigte Franjo, »Tarek fand, es würde dem Spiel einen Kick geben, wenn es auch Verbrecher und Waffen gäbe.«
    Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse.
    »Was hat Lukas dazu gesagt?«, fragte Ostermann.
    »Zuerst nichts. Er hat an den Sicherheits- und Zugangscodes gearbeitet, mit deren Hilfe wir das Spiel später vor den Nachforschungen von Interpol versteckt haben. Double Life läuft auf unserem eigenen Server, aber Lukas hat es irgendwie

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