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Mordsfreunde

Titel: Mordsfreunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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angerufen, der eine Viertelstunde später eintraf. Ihr Auto stand unter dem Walnussbaum, im Haus waren die Rollläden hochgezogen, die Schlösser an allen Türen unversehrt. Nichts deutete auf ein gewaltsames Eindringen oder gar eine Entführung hin. Bodenstein rief den Noch-Ehemann seiner Kollegin an und erkundigte sich, ob er etwas von Pia gehört hatte, aber das war nicht der Fall. Kirchhoff war auch besorgt, denn es war nicht Pias Art, einfach zu verschwinden und niemandem Bescheid zu sagen. Er rief bei ihren Eltern und ihrer Schwester an, vergeblich. Gegen elf Uhr war klar, dass ihr etwas zugestoßen sein musste. Behnke wurde beauftragt, alle verfügbaren Beamten des Kommissariats aus dem Wochenende zu holen, um eine Sonderkommission zu bilden, die in allen Polizeistationen, Kranken- und Leichenschauhäusern der Region nach Pia Kirchhoff suchen sollten. Vielleicht war sie mit Freunden unterwegs gewesen, und es hatte einen Unfall gegeben, sie war überfallen, beraubt oder ... nein, an diese letzte Möglichkeit wollte Bodenstein gar nicht erst denken. Wahrscheinlich stellte sich ihr Verschwinden im Nachhinein als ganz harmlos heraus. Die Nachbarin hatte weder etwas Ungewöhnliches gehört noch gesehen; am frühen Abend hatte sie noch mit Pia über den Zaun hinweg gesprochen. Sie wollte noch einmal ihren Mann und die Erntehelfer fragen, die in den Obstplantagen hinter dem Birkenhof arbeiteten, und versprach, sich um die Tiere und Blumen zu kümmern, bis Pia wieder da war. Tief beunruhigt fuhr Bodenstein nach Hofheim ins Kommissariat. Während der Fahrt grübelte er darüber nach, ob er durch seinen gestrigen Anruf bei seiner Kollegin eine Kurzschlussreaktion ausgelöst hatte, die letztendlich zu ihrem Verschwinden geführt hatte. Gingen Pia Kirchhoffs Gefühle für diesen Sander doch tiefer, als sie esihm gegenüber zugegeben hatte? Warum hatte sie ihm diese eigenartige SMS geschickt? Eines war Bodenstein glasklar: Er misstraute dem Mann, den Inka Hansen gestern Abend so angelächelt hatte und dem offenbar auch seine Kollegin auf Anhieb verfallen war, aus tiefstem Herzen.
     
    Die Anspannung bei den Mitarbeitern des K11 war anders als sonst, wenn nach Vermissten, nach Mördern oder ihren Opfern gesucht wurde. Diesmal galt die Suche einer der ihren, einer Kollegin, und nicht ein einziger Beamter der Kriminalinspektion hatte es sich nehmen lassen, bei der SoKo Pia dabei zu sein. Zweiunddreißig Männer und Frauen drängten sich in dem Besprechungsraum, als Bodenstein und Dr. Henning Kirchhoff eintraten. Ostermann berichtete, dass in keinem Krankenhaus in der Umgebung eine Frau eingeliefert worden war, auf die Pias Beschreibung passte. Jede Polizeistation in Hessen war über ihr Verschwinden unterrichtet worden. In Pias Haus hatte die Spurensicherung benutzte Kaffeetassen und Gläser aus der Spülmaschine sichergestellt, Bettzeug und ein Handtuch, an dem Blutspuren waren. Es widerstrebte Bodenstein, im Privatleben seiner Kollegin herumzuschnüffeln und intime Details vor allen Mitarbeitern zu besprechen, deshalb ergriff er das Wort. Wichtig waren zuerst die Überprüfung sämtlicher Telefonverbindungen von Handy und Festnetz und ein Bewegungsprofil ihres Handys, außerdem sollten weiterhin die Krankenhäuser überprüft werden. Ein Kollege vom Betrugsdezernat kam herein.
    »Heute Morgen um halb fünf wurde eine Frau im Kreiskrankenhaus Idstein eingeliefert«, verkündete er. »Sie war bewusstlos und hatte keine Papiere bei sich. Ein Mitarbeiter der Autobahnmeisterei hat sie am Autobahnparkplatz Idstein gefunden. Von der Beschreibung her könnte es sich um Frau Kirchhoff handeln.«
    Bodenstein blickte auf. Idstein?
    »Auf was warten Sie?«, sagte er. »Fahren Sie hin!«
    »Es gibt ein Problem. Die Frau ist vor anderthalb Stunden verstorben, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben.«
    Die Stimmen der Beamten brachen ab wie ein Orchester, wenn der Dirigent das Pult betritt. Entsetzte Stille lag im Raum. Bodenstein erhob sich abrupt.
    »Ich fahre hin«, sagte er.
    »Ich komme mit«, Dr. Kirchhoff, der schweigend im Hintergrund gestanden und zugehört hatte, richtete sich auf. Er war blass, aber gefasst.
     
    ›Bitte, bitte, bitte, lieber Gott, lass es nicht Pia sein‹, betete Bodenstein stumm und inbrünstig, als er Kirchhoff und der sichtlich überarbeiteten und übermüdeten Oberärztin der Unfallchirurgie in die Katakomben des Idsteiner Kreiskrankenhauses folgte. Während der Fahrt von Hofheim nach Idstein hatten

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