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Mordsfreunde

Titel: Mordsfreunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Apfelweinglas, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten. »Ulli hatte das nicht so gemeint. Ich war nur erst ziemlich wütend.«
    »Wie wütend?«, fragte Pia.
    »Wie meinen Sie das?« Er warf ihr einen irritierten Blick zu.
    »Waren Sie wütend genug, um ihn umzubringen?«
    »Ich möchte doch sehr bitten«, Siebenlist gab sich konsterniert, »ich habe körperliche Aggression mein Leben lang gehasst. Für mich ist Gewalt keine Lösung.«
    Pia bemerkte, wie seine Finger zitterten.
    »Das ist für viele Menschen keine Lösung«, sie lächelte. »Aber oft erscheint sie jemandem, der in Bedrängnis gerät, als die einzige Lösung. Zum Beispiel dann, wenn eine längst vergessene Jugendsünde die Existenz bedroht.«
    Siebenlist lief der Schweiß nun in Bächen über die feisten Wangen.
    »Erzählen Sie uns von Ihrem Gespräch mit Pauly am Dienstagabend«, forderte Bodenstein den Mann auf, der ein Gesicht machte, als bereue er jedes Wort, das er gesagt hatte.
    »Womit hat Pauly Ihnen gedroht, dass Sie so wütend geworden sind?«
    »Es ging um einen Unfall«, erwiderte Siebenlist unbehaglich. »Das war 1982. Ich weiß gar nicht, wie er darauf gekommenist. Aber er hat es mir immer nachgetragen, dass ich die Wahl zum Vorsitzenden der ULK gewonnen habe. Er warf mir damals vor, ich hätte Intrigen gegen ihn geschmiedet. Ulli hat sich immer als Verfolgten gesehen, als Märtyrer, als Opfer von Verschwörungen. In Wirklichkeit hat er es einfach zu nichts gebracht.«
    »Aber Sie schon«, warf Pia ein. »Sie sind ein angesehener Bürger, Vorsitzender des Kelkheimer Gewerbevereins, Geschäftsführer eines der renommiertesten Möbelgeschäfte. Ein netter kleiner Skandal – auch wenn er schon vierundzwanzig Jahre zurückliegt – würde Ihrem Ansehen ordentlich schaden, nicht wahr?«
    Dem Mann drohten die Augen aus dem Kopf zu quellen.
    »Ich habe Ulli nichts getan«, sagte er. »Ich habe nur mit ihm geredet, mehr nicht. Als ich weggefahren bin, war er noch höchst lebendig.«
    »Wo sind Sie hingefahren?«
    »In mein Büro. Ich hatte noch ein paar Angebote zu schreiben und keine Lust auf den Fußballrummel.«
    »Zeugen?«
    »Die Putzfrau war bis um zehn da. Danach war ich allein.«
    Bodenstein und Pia wechselten einen Blick, der bei Siebenlist einen erneuten, heftigen Schweißausbruch hervorrief.
    »Nach unseren Erkenntnissen starb Herr Pauly etwa gegen 22:30 Uhr«, sagte Pia. »Sie waren wütend auf ihn und am selben Abend sogar noch bei ihm. Sie haben kein Alibi für die Tatzeit.«
    »Aber das ist doch Unsinn«, meldete sich Flöttmann zu Wort. »Wir waren Freunde, hatten nur eine Meinungsverschiedenheit. Andere hatten viel eher einen Grund, ihm den Tod zu wünschen.«
    »Wer denn zum Beispiel?«
    Flöttmann zögerte einen Moment.
    »Ich will hier niemanden zu Unrecht verdächtigen«, er blickte rasch zu seinem Freund Siebenlist hinüber. »Es war eine sehr emotionsgeladene Situation, in der man schon mal etwas sagt, was man nicht so meint.«
    »So wie Conradi, der gesagt hat, er würde gerne an Paulys Grabstein pinkeln?«, fragte Bodenstein.
    »Genau«, Flöttmann rückte seine Brille gerade. »Das ist doch Quatsch.«
    »Möglich«, erwiderte Bodenstein, während sich die Kellnerin mit den bestellten Essen der beiden Herren näherte, »aber vor dem Hintergrund dessen, dass Pauly einen Tag später ermordet wurde, gewinnt eine solche Bemerkung unwillkürlich an Bedeutung.«
    Flöttmann ließ sich sein Mittagessen schmecken, aber Siebenlist schien der Appetit vergangen zu sein, er rührte seinen Teller kaum an.
     
    Behnke und Kathrin Fachinger hatten in der Zwischenzeit mit vielen Nachbarn aus dem Rohrwiesenweg gesprochen, die entweder Fußball geguckt oder in ihren Gärten gesessen hatten. Niemand hatte etwas gehört oder gar etwas Auffälliges bemerkt. Allerdings hatten einige der Nachbarn die Aussagen von Erwin Schwarz und Elisabeth Matthes bestätigt, dass bei Pauly immer etwas los gewesen sei. Man war leidlich an geräuschvoll an- und abfahrende Mopeds und Autos gewöhnt, an bellende Hunde, eine immer zugeparkte Straße, an lautes Gelächter und Geschrei – selbst wenn Dienstagnacht etwas geschehen wäre, hätte es niemand als ungewöhnlich empfunden. Hendrik Keller, der Verfasser des Artikels bei der Taunus-Umschau, hatte Ostermann erzählt, dass er am Sonntagabend auf der Terrasse des Ausflugslokals Zum fröhlichen Landmann zufällig am Nachbartisch des Bürgermeistersgesessen und das Gespräch zwischen Funke und seinen

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