Mordsfreunde
habe ich nicht gesehen«, die redselige Frau hatte ihn auch erkannt und wirkte plötzlich eingeschüchtert, beinahe verängstigt. Noch bevor Bodenstein etwas sagen konnte, war sie fluchtartig in ihrem Vorgarten und im Haus verschwunden.
Die Helligkeit des Vormittags machte das Ausmaß der Zerstörung, das Feuer und Löschwasser angerichtet hatten, wirklich sichtbar. Esther Schmitt stand mit ausdrucksloser Miene vor den rauchenden Trümmern des Hauses. Sie trug eine formlose Leinenhose, ein fleckiges T-Shirt und Sandalen, die Kleidung, in der sie aus dem brennenden Haus geflüchtet war. Ihr Gesicht und ihre Arme zierten einige Brandblasen, die rechte Hand war verbunden. Die Feuerwehr war bis auf zwei Leute, die die schwelenden Reste des Brandes überwachten, abgezogen, den gesamten Brandort hatte man weiträumig abgesperrt.
»Mir geht's gut«, Esther Schmitt wandte den Blick nicht von der Ruine, als Bodenstein sich nach ihrem Befinden erkundigte.
»Wo waren Sie, als das Feuer ausgebrochen ist?«, fragte er.
»Im Bett. Ich bin erst wach geworden, als ich husten musste. Da stand unten schon alles in Flammen.«
»Wie sind Sie aus dem Haus rausgekommen?«
»Durchs Fenster. Ich bin am Efeu runtergeklettert«, Esther Schmitt ballte die Fäuste. »Alle meine Tiere sind in dem Feuer qualvoll gestorben. Diese Mistkerle.«
»Haben Sie eine Vermutung, wer das Feuer gelegt haben könnte?«
Esther Schmitt starrte Bodenstein aus geröteten Augen an.
»Die Grafs natürlich«, ihre Stimme klang bitter. »Wer sonst hätte ein Interesse daran haben können, dass das Haus abbrennt?«
»Die Feuerwehr sagte, dass Sie Besuch von einem Mann hatten«, bemerkte Bodenstein. »Wer war das? Warum ist er weggelaufen?«
»Ich hatte keinen Besuch und bestimmt nicht von einem Mann«, sagte Esther Schmitt knapp. »Vielleicht war es der Brandstifter.«
»Frau Schmitt«, Bodenstein zog eine Kopie der Vereinbarung zwischen den Grafs und Pauly hervor, »haben Sie wirklich nichts von dem Geld gewusst, das Frau Graf Ihrem Lebensgefährten gegeben haben will?«
»Nein«, Esther Schmitt streifte das Blatt mit einem uninteressierten Blick, »wieso sollte ich Sie anlügen? Das Geld ist mir auch völlig egal.«
Ein grüner Lieferwagen mit Werbeaufschrift vom Bistro Grünzeug näherte sich, hielt ein paar Meter entfernt an. Ein junger dunkelhaariger Mann stieg aus und kam näher. Er waretwa Mitte zwanzig und hatte leicht asiatisch anmutende Gesichtszüge.
»Hallo, Esther«, er wirkte besorgt. »Bist du in Ordnung?«
»Hallo, Tarek«, sie zwang sich zu einem Lächeln, »ja, mir geht's gut. Danke, dass du mich abholst.«
»Ist doch selbstverständlich«, der junge Mann nickte Bodenstein und Pia kurz zu, dann wandte er sich wieder an Esther Schmitt.
»Ich warte im Auto«, sagte er.
»Nein, warte«, sie griff nach seinem Arm und brach plötzlich in Tränen aus. Der junge Mann legte den Arm um sie.
»Ich habe nur noch eine Frage«, sagte Pia.
»Muss das jetzt sein?« Der junge Mann warf Pia einen verständnislosen Blick zu. »Sie sehen doch, dass sie unter Schock steht.«
Pia wusste auch nicht weshalb, aber trotz allem, was der Frau in den letzten achtundvierzig Stunden an Schicksalsschlägen widerfahren war, empfand sie kein Mitleid. Sie hatte das Gefühl, dass Esther Schmitt in Wirklichkeit nicht so niedergeschmettert und schockiert war, wie sie sich gab. Gestern Abend, beim Kampf mit Mareike Graf, war ihr auf jeden Fall von der Trauer um ihren ermordeten Lebensgefährten nichts anzumerken gewesen.
»Ich war gestern in Ihrem Bistro«, sagte Pia. »Mir ist aufgefallen, dass einige junge Leute durch eine Tür, auf der ›Privat‹ steht, verschwunden und nicht wieder aufgetaucht sind. Was befindet sich hinter dieser Tür?«
In den verweinten Augen von Esther Schmitt erschien ein wachsamer Ausdruck. Das erste Mal an diesem Morgen sah sie Pia richtig an.
»Nichts weiter. Da geht es in den Keller«, erwiderte sie mit einer leisen, unsicheren Kleinmädchenstimme, die nicht zu ihr passte.
An der Art, wie ihr Blick für einen winzigen Augenblick nervös hin und her zuckte, merkte Pia, dass irgendetwas nicht in Ordnung war mit dem angeblichen Internetcafe. Bevor sie etwas sagen konnte, mischte sich der junge Mann ein.
»Jetzt lassen Sie sie doch in Ruhe«, sagte er energisch. »Kommen Sie später noch mal vorbei.«
Esther Schmitt brach wieder in Tränen aus und ließ sich von dem jungen Mann zum Lieferwagen führen.
»Nicht nur Pauly scheint
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