Mordsfreunde
eine Vorliebe für Achtzehnjährige gehabt zu haben«, bemerkte Pia trocken. »Auch die Super-Vegetarierin steht auf junges Gemüse.«
Bodenstein blickte den beiden nach und grinste leicht. In dem Moment fuhr ein Traktor aus dem Hoftor des Bauern Schwarz, und Pias Handy summte. Bodenstein signalisierte ihr, dass er mit dem Fahrer des Traktors reden wollte. Pia nickte und klappte ihr Handy auf. Es war Henning, der ihr bestätigte, dass die Verletzungen an Patrick Weishaupts Hand und Wade zweifellos von Hundebissen stammten. Sie bat ihn, dem Jungen noch eine Blutprobe und Fingerabdrücke abzunehmen, dann überquerte sie die Straße und ging zu ihrem Chef, der mit dem etwa fünfundzwanzigjährigen Mann auf dem Traktor sprach.
»... keine Ahnung, was Sie meinen«, hörte Pia den Mann über den Motorenlärm sagen. Er war rotblond und stämmig, das runde Gesicht von den Narben einer grausamen Pubertätsakne gezeichnet.
»Sie haben frische Brandwunden im Gesicht und an den Unterarmen«, beharrte Bodenstein und deutete auf die Arme des Mannes, auf denen sich Brandblasen gebildet hatten. »Warum?«
»Unser Boiler ist kaputt«, behauptete der Mann. »Hab mich gestern beim Duschen verbrüht. Darf ich weiterfahren? Ich muss ins Feld.«
Bodenstein trat zurück und ließ den Traktor vorbeiknattern.
»Wer war das?«, erkundigte sich Pia.
»Der Sohn von Erwin Schwarz«, erklärte Bodenstein. »Ich habe den Verdacht, dass mir die Nachbarin gestern etwas über die Familie Schwarz erzählen wollte. Als sie den Alten erkannte, bekam sie Angst.«
Er starrte einen Moment nachdenklich vor sich hin.
»Kollege Becht meint, dass die Spur mit dem weißen Lieferwagen uninteressant ist«, sagte er dann. »Am Montag ist Sperrmüll. Viele Leute haben Sachen draußen stehen, und die Polen und Litauer fahren ja immer wieder durch die Straßen, um alles mitzunehmen, was ihnen irgendwie brauchbar erscheint. Er meint, dass es einfach Zufall war.«
Mittlerweile waren Beamte von der Spurensicherung eingetroffen, verstärkt von Spezialisten des Landeskriminalamtes. In Spezialanzügen und mit Atemschutzmasken wagten sie sich in die schwelenden Überreste des Hauses, von dem nur noch geschwärzte Mauern und glühend heißer Schutt übrig waren.
»Henning hat zweifelsfrei festgestellt, dass Patricks Verletzungen von Hundebissen stammten«, sagte Pia und verzog bei der Erinnerung an den freundlichen, zottigen Hund mit den blauen Augen das Gesicht. »Vielleicht finden die Kollegen in der Asche wenigstens noch die Zähne der Hunde. Dann hätten wir womöglich den Beweis, dass Patrick Weishaupt hier im Haus war.«
Die Metzgerei Conradi befand sich in einem Eckhaus an der Bahnstraße, Kelkheims alteingesessener Einkaufsmeile, die bei den Einwohnern noch immer höher im Kurs stand als die schicke neue Stadtmitte an der Frankenallee. Kurz vor dem Wochenende herrschte im Laden großer Andrang. Bodensteinund Pia stellten sich hinten an und warteten geduldig, bis sie an der Reihe waren. Die Chefin war schlecht gelaunt, aber Bodenstein wusste von Cosima, dass sie das immer war, vor allen Dingen, wenn sie mal wieder eine Diät machte. Viele Kunden kamen angeblich nicht nur wegen Conradis guter Wurst, sondern weil die bissigen Kommentare von Frau Conradi und die häufig im Laden ausgetragenen Wortgefechte zwischen Chef und Chefin einen hohen Unterhaltungswert besaßen. Auch heute wurden die Anwesenden nicht enttäuscht.
»Ich hätte gern ein schönes, mageres Kotelett«, sagte eine Dame.
»Wollen Sie's essen oder einrahmen?«, schnauzte Frau Conradi. Die Dame lächelte nur. Sie war offenbar Stammkundin.
»Darfssonstnochwassein?« Das klang drohend. »Drei Scheiben gekochten Schinken. Aber nicht die oberste Scheibe.«
Frau Conradi hieb ihre Vorlegegabel in den Schinken aus der Auslage und klatschte drei Scheiben auf das gewachste Papier. Die hübsche Verkäuferin schob sich hinter ihr her zur Kasse und tippte etwas ein.
»Bitte schön?« Frau Conradi nahm Bodenstein ins Visier. In ihr verdrossenes Gesicht waren Falten der Verbitterung eingegraben.
»Mein Name ist Bodenstein, das ist meine Kollegin, Frau Kirchhoff ...«, begann Bodenstein mit seiner üblichen Vorstellung.
»Schön für Sie«, unterbrach sie ihn. »Was darf's sein?«
»Wir möchten gerne Ihren Mann sprechen.«
»Wieso? War was nicht in Ordnung? Das können Sie mir auch sagen.«
»Kripo Hofheim«, Pia zückte ihren Ausweis. »Holen Sie bitte Ihren Mann.«
Frau Conradi starrte sie
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