Mordsfreunde
existiert?«
»Daran war doch nichts mysteriös«, erwiderte Lukas erstaunt. »Es hat sich nach und nach entwickelt und natürlich auch herumgesprochen. Als immer mehr Leute auftauchten, die Ulli und Esther hier nicht so gerne haben wollten, haben wir es zu einer Art Club gemacht. Off limits sozusagen.«
»Und weshalb ist es jetzt nicht mehr da?«
»Esther wollte auf einmal einen Mietvertrag und Miete haben. Das hat einigen von uns nicht gepasst.«
Er stellte Pia den fertigen Cocktail hin, hübsch verziert und mit exotischem Obst garniert. Das klang glaubwürdig. Esther Schmitt war geldgierig.
»Zum Wohl«, er lehnte sich ihr gegenüber an den Tresen.
»Verstehst du dich gut mit ihr?« Pia probierte die Pina Colada und war begeistert. »Hm, lecker ...«
»Mit Esther? Ja, doch«, Lukas zögerte. »Sie ist zwar nicht wie Ulli, aber eigentlich in Ordnung.«
Er stützte sich mit den Ellbogen auf den Tresen.
»Wie meinst du das?«, fragte Pia neugierig.
»Esther ist die Geschäftsführerin hier. Sie muss auf die Kosten schauen. Ulli waren Umsatzzahlen, Lohnkosten, Einkaufspreise oder die Steuererklärung völlig egal. Er hatte dauernd neue Ideen und spontane Einfälle, aber Esther hat ihn immer gebremst.«
Er lächelte traurig.
»Ulli meinte, sie sei eine kleinkarierte Erbsenzählerin. Er hatte große Visionen und keine Lust, sich mit Alltäglichem herumzuschlagen.«
»Wo habt ihr die Computer hingebracht?«, erkundigte Pia sich.
»In ein Lagerhaus, drüben im Gewerbegebiet in Münster«, antwortete Lukas. »Es gehört dem Vater von einem Kumpel. Da machen wir dann weiter.«
»Mit was?«
»Mit dem Internetcafe nur für Mitglieder«, er grinste, und Pia dachte unwillkürlich an den Ausdruck des Verlangens in seinen Augen. Auf die Art und Weise kriegte er sicher jedes Mädchen rum – ein paar Komplimente, tiefe Blicke aus seinen grasgrünen Augen, ein Hauch von Melancholie, ein Gedicht ...
»Hast du eigentlich keine Freundin?« Pia schlürfte den letzten Rest der Pina Colada mit dem Strohhalm aus dem Glas.
»Nein«, Lukas ergriff das leere Glas. »Möchten Sie noch eine?«
»Aber dann bitte ganz ohne Alkohol«, Pia nickte. »Warum nicht? So wie du aussiehst, müssen dir die Mädchen doch scharenweise nachlaufen.«
Für den Bruchteil einer Sekunde verdüsterte sich Lukas' Gesicht.
»Es gibt für mich nichts Langweiligeres als kleine Mädchen, die mich kritiklos anhimmeln. Ich hasse leichte Beute.«
Pia sah den Jungen nachdenklich an. Haderten nicht nur Hässliche, Dicke und Picklige mit ihrem Aussehen? Konnte auch Schönheit eine Bürde sein?
»Du bist schon oft enttäuscht worden«, Pia wusste, dass sie sich auf gefährliches Terrain begab, aber es interessiertesie wirklich. Lukas ließ den Cocktailshaker sinken. Zwischen seinen Augenbrauen erschien eine Falte.
»Meine Erwartungen sind wohl einfach zu hoch«, erwiderte er.
»Deine Erwartungen, was die Mädchen betrifft?«
»Nein, was das Leben betrifft«, er widmete sich wieder der Herstellung von Pias Drink. »Sie können es mit diesem Cocktail vergleichen. Sie wissen, wie er schmecken sollte, und freuen sich darauf, aber dann schmeckt er nur nach Wasser. Fade. So geht es mir häufig.«
Er stellte Pia die zweite, diesmal alkoholfreie Pina Colada hin.
»Das klingt ja furchtbar frustrierend«, sagte Pia.
»Die meisten Dinge sind mir nicht wichtig genug, als dass sie mich frustrieren könnten«, Lukas verschränkte die Arme und sah sie mit geneigtem Kopf an. »Ich suche Herausforderungen. Am liebsten solche, die auf den ersten Blick unüberwindlich erscheinen.«
Er lächelte entwaffnend. Pia ging auf diese Bemerkung nicht ein und nahm einen Schluck. Es war an der Zeit, zum eigentlichen Grund ihres Besuches zu kommen.
»Dein Freund Jo heißt in Wirklichkeit Jonas Bock, stimmt's?«
»Ja.«
»Und seine Freundin heißt Svenja?«
»Stimmt«, Lukas blickte Pia aufmerksam an. »Wieso?«
»Weil Svenja einen gelben Roller fährt«, entgegnete Pia. Lukas zog überrascht die Augenbrauen hoch, aber bevor er etwas sagen konnte, rauschte Aydin mit ein paar Bestellungen herein. Im Hof grölten die Fußballzuschauer, wahrscheinlich war ein Tor gefallen. Aydin warf Pia einen argwöhnischen Blick zu, lehnte sich wartend an den Tresen und beobachtete Lukas dabei, wie er die Getränke fertig machte. An der Artund Weise, wie sie ihn anschmachtete, erkannte Pia, dass auch sie leichte Beute für den Jungen wäre.
»Also ist Svenja das Mädchen, das Sie suchen«,
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