Mordsfreunde
sagte Lukas, als Aydin mit dem vollen Tablett wieder abzog. »An sie hätte ich gar nicht gedacht.«
»Was kann Svenja am Dienstag von Pauly gewollt haben?«, wollte Pia wissen.
»Keine Ahnung«, Lukas spülte die benutzten Gläser, die Aydin hingestellt hatte. »Vielleicht weiß Toni das. Antonia Sander.«
»Ich weiß, wer Antonia ist. Hast du eine Ahnung, wo die Mädchen jetzt sein könnten?«
Lukas rutschte ein Glas aus der Hand und zerbrach.
»Mist«, murmelte er und sammelte die Scherben auf. »Vielleicht tauchen sie später noch hier auf.«
»Weißt du, ob Jo und Svenja wegen irgendetwas in der letzten Zeit Streit hatten?«, erkundigte sich Pia.
»Sie stellen ja Fragen«, Lukas lächelte, aber Pia hatte den Eindruck, als sei er plötzlich auf der Hut. »Woher soll ich das denn wissen?«
»Ich habe gehört, dass sich Jonas und Svenja am Samstag noch heftig gestritten haben«, sagte Pia.
»Davon habe ich nichts mitbekommen«, sagte Lukas. »Aber ich bin auch nicht mehr auf die Burg zurückgegangen.«
»Und am Sonntag, als ihr die Computer abgebaut habt, hat Jonas auch nichts darüber zu dir gesagt?«, fragte Pia.
»Kein Wort. Er war mies drauf, aber ich hab gedacht, das wäre wegen dem Krach mit Esther.«
Eine Gruppe junger Leute betrat das Bistro, ließ sich lachend und Stühle rückend vorne an den Bistrotischen nieder. Lukas hatte keine Zeit mehr zum Plaudern. Weil er ihr kein Geld abnehmen wollte, legte Pia zehn Euro auf den Tresen, bedankte sich und stand auf.
»Svenja hat ganz sicher nichts mit dem Mord an Ulli zu tun«, sagte Lukas, »sie hat ihn gemocht, wie wir alle hier.«
»Aber vielleicht hat sie den Mörder gesehen«, erwiderte Pia. »Wenn er sie auch gesehen hat, ist sie in großer Gefahr. Falls du sie heute Abend noch siehst, sag ihr bitte, dass sie sich unbedingt bei mir melden soll, okay?«
»Klar. Mach ich«, er nickte und beugte sich vor, »und Frau Kirchhoff ...«
»Ja?«
»Meine SMS war übrigens ernst gemeint.«
Dienstag, 20. Juni 2006
Die halbe Nacht hatte Bodenstein über den wahren Grund für Cosimas Aus- und Zusammenbruch nachgedacht. Insgeheim hoffte er, dass es nur am Stress der letzten Tage gelegen hatte, aber die Sorge, seine Frau könnte ernsthaft krank sein, beunruhigte ihn tief. Es war sechs Uhr, als er aufstand und nach unten ging, um Pia Kirchhoff anzurufen. Er hatte kein gutes Gewissen, sie und seine Mitarbeiter zu diesem Zeitpunkt der Ermittlungen im Stich zu lassen, aber er wollte Cosima heute nicht alleine lassen.
Als Pia bei der morgendlichen Besprechung verkündete, dass sich Bodenstein aus privaten Gründen für den Tag abgemeldet hatte und sie deshalb die Leitung der Ermittlungen übernehmen würde, begehrte Frank Behnke sofort auf. Unnötigerweise wies er darauf hin, er habe als Dienstältester das Recht auf die Vertretung Bodensteins.
»Wenn der Chef das so sehen würde, hätte er Sie angerufen und nicht mich«, sagte Pia. »Wir haben viel zu tun und sollten uns jetzt nicht um Kompetenzen streiten.«
Behnke lehnte sich zurück und verschränkte die Arme.
»Wie möchten Sie denn die Arbeit aufteilen, Frau Kollegin?« Seine Stimme troff vor Sarkasmus. Pia ging nicht darauf ein. Sie griff nach der Akte, die in der Mitte des Tisches lag, aber Behnke war schneller und zog sie zu sich hin. Er grinste boshaft.
»Ja, werfen Sie ruhig mal einen Blick rein«, Pia lächelte kühl. »Ich kenne den Inhalt, aber Sie müssen ja einiges nachlesen, so oft, wie Sie in den letzten Tagen pünktlich Feierabend gemacht haben.«
Das saß. Behnke lief rot an und gab der Akte einen Stoß, so dass sie in Pias Richtung über den Tisch schlitterte und mit einem Knall auf dem Boden landete.
»Leute, hört doch auf damit«, mahnte Ostermann, erhob sich und bückte sich nach dem Ordner, »ihr benehmt euch kindisch. Wir werden wohl einen Tag ohne den Chef rumkriegen.«
Pia und Behnke starrten sich quer über den Tisch feindselig an.
»Ich schlage vor«, sagte Ostermann, »Frank und Kathrin reden mit Mareike Graf, Conradi und Zacharias. Pia macht sich auf die Suche nach diesem Mädchen ...«
»Genau. Am besten in ihrer neuen Lieblingskneipe, diesem Öko-Bistro«, warf Behnke ein. »Vielleicht ist der schöne Lukas auch da, mit dem unterhält sie sich ja so gerne.«
Pia spürte, wie sich ihr Magen zu einem zornigen Knoten zusammenzog. Sie konnte sich kaum noch beherrschen.
»Das Mädchen mit dem gelben Roller heißt Svenja Sievers«, sagte sie, »das habe ich gestern
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