Mordsfreunde
solidarisch, »meine Kollegin meint es nicht so.«
Nun war es an Pia, wütend zu sein. Was tat Behnke da? Wollte er sie mit Absicht vor diesem Tarek bloßstellen, oder glaubte er etwa, der junge Mann sei so dämlich, um auf eine billige Variante der ›Good Cop/Bad Cop‹-Masche hereinzufallen?
»Wieso war Lukas am Montagabend nicht auf Jonas' Party, sondern im Grünzeug?«, fragte er jetzt. »Er war doch Jonas' bester Freund.«
Tarek zögerte kurz.
»Die beiden hatten ziemlichen Krach«, sagte er schließlich, »ich habe aber keine Ahnung, um was es ging.«
Behnke mochte ihm seine gespielte Ahnungslosigkeit abnehmen, aber Pia glaubte ihm kein Wort. Tarek Fiedler wusste ganz sicher, weshalb sich seine Freunde gestritten hatten. Er erzählte, was sich bei Jonas' Party abgespielt hatte, und bestätigte damit die Version von Svenja. Nach dem Streit mit seiner Freundin hatte sich Jonas vollkommen betrunken, Tarek hatte die Party gegen 22:00 Uhr verlassen.
»Jonas hat bei Ihnen gewohnt«, sagte Behnke. »Warum ist er zu Hause ausgezogen?«
»Weil sein Alter ein Riesenarschloch ist«, Tarek schnaubte angewidert. »Jo hatte keine Lust mehr, sich von ihm dauernd in sein Leben reinquatschen zu lassen.«
»Daran sind Sie wohl nicht ganz unschuldig«, sagte Pia. Tarek reagierte nicht darauf, er würdigte Pia keines Blickes und tat so, als sei sie Luft.
»Jo waren seine Freunde wichtiger als sein Vater«, sagte er an Behnke gewandt. »Familie hat man, Freunde kann man sich aussuchen.«
»Da ist was Wahres dran«, bestätigte Behnke. Pia verdrehte die Augen. Da hatten sich ja zwei gefunden.
»Wenn Sie so ein guter Freund von Jonas waren, können Sie uns vielleicht auch erklären, warum er das mit den E-Mails und den Fotos auf der Webseite von Svenja gemacht hat«, Pia ließ sich nicht einfach ausschließen. Tarek öffnete den Mund zu einer Erwiderung, besann sich aber anders und zuckte nur die Achseln.
»Er hat gesagt, er wär's nicht gewesen«, sagte er. »Aber wer soll das sonst gemacht haben?«
»Jemand, der ein Interesse daran hatte, Jonas und Svenja auseinanderzubringen«, sagte Pia. »Wer könnte das sein?«
»Weiß nicht«, sagte Tarek. Er war ein geübter Lügner, dertrotz der Nachricht vom Tod eines guten Freundes nicht die Kontrolle verlor.
»Kann es sein, dass Svenja Jonas betrogen hat und er sich deswegen an ihr rächen wollte?«
»Möglich. Svenja ist eine Schlampe«, Tareks Stimme klang abfällig. »Wenn die was getrunken hat, ist sie lzf.«
Behnke grinste.
»LZF?«, fragte Pia. »Was bedeutet das?« Tarek blickte sie spöttisch an, der Ausdruck in seinen Augen war pure Herablassung. »Leicht zu ficken«, erwiderte er.
Norbert Zacharias war nur noch ein Schatten seiner selbst. Aber bei dem Gespräch, das auf Zacharias' ausdrücklichen Wunsch ohne seinen Anwalt geführt wurde, gab er zu verstehen, dass es ihm nicht unrecht war, in Untersuchungshaft zu sitzen.
Bodenstein war überrascht. Er hatte angenommen, dass es für Norbert Zacharias, der viel Wert auf sein Ansehen legte, der Gipfel der Schande sein musste, unter Mordverdacht im Gefängnis zu sitzen. Der Haftrichter hatte eine Beschwerde von Zacharias' Anwalt abgelehnt, ebenso eine Freilassung gegen Zahlung einer Kaution.
»Heute Abend findet dieser Erörterungstermin statt«, sagte Zacharias. »Ich hätte hundert aufgebrachten Leuten erklären müssen, wie wir auf die Zahlen für die Gutachten gekommen sind und warum wir diese Zählstelle in Königstein nicht berücksichtigt haben. Tja, und dafür habe ich eigentlich keine Erklärung.«
»Aber Sie sagten doch, es sei aus Versehen geschehen?«, fragte Bodenstein nach.
»Aus Versehen!« Zacharias gab ein resigniertes Schnauben von sich. »Glauben Sie etwa, dass ein Unternehmen wie dieBock Consult so etwas tatsächlich vergisst? Die Zählstelle wurde nicht vergessen, sondern absichtlich außer Acht gelassen, weil die dort gemessenen Zahlen nicht in das Planungskonzept passten.« Bodenstein begriff.
»Das bedeutet, Pauly hatte recht mit seinen Verdächtigungen?«
»Absolut«, Zacharias nickte.
»Welche Auswirkungen hätten die richtigen Zahlen auf die Gutachten und das ganze Planungsverfahren gehabt?«, wollte Bodenstein wissen.
Norbert Zacharias seufzte.
»Fatale«, gab er zu. »Hochrechnungen und Prognosen auf der Basis der tatsächlichen Verkehrszahlen würden die Argumentation der Straßenbefürworter ad absurdum führen. In Wirklichkeit besteht kein dringender Bedarf für die
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