Mordsfreunde
eilig?«, fragte Pia ihren Chef, als sie das Bock'sche Anwesen verlassen hatten und wieder im Auto saßen. »Ich war nahe davor, diesem Eisblock eine menschliche Regung zu entlocken.«
Bodenstein nahm die Fotos aus der Tasche und reichte sie Pia.
»Die waren in einem von Jonas' Schulbüchern«, sagte er, »es sieht so aus, als habe der Junge sie sich ziemlich oft angesehen.«
»Das Mädchen könnte Svenja sein«, Pia blätterte die Bilder durch. »Aber den Kerl kann man nicht erkennen. Vielleicht kriegen die im Labor den Eddingstift weg.«
»Das hoffe ich auch.«
»Dieser Dr. Bock ist ein furchtbarer Typ«, sagte Pia. »Eiskalt!«
»Es muss ihn tief gekränkt haben, dass sich sein Sohn mit seinen Gegnern solidarisiert hat«, erwiderte Bodenstein. »Pauly hat sich auf gefährliches Terrain begeben, als er sich mit Bock angelegt hat.«
»Bock hat Pauly aus demselben Grund gehasst wie Conradi«, überlegte Pia laut. »Er hat seinen Sohn gegen ihn aufgehetzt, mehr noch. Jonas hat sich ganz offen auf die Seite der Feinde seines Vaters geschlagen.«
»Aber Bock ist nicht der Typ, der jemanden mit einem Hufeisen erschlägt«, entgegnete Bodenstein.
»Vielleicht hat er ihn im Affekt erschlagen«, spann Pia denFaden weiter. »Svenja hat ihn beobachtet und Jonas davon erzählt. Als der seinen Vater anzeigen wollte, musste auch er sterben. Das erklärt, weshalb die DNA, die wir an der Leiche gefunden haben, der von Jonas so ähnlich ist. Es war sein Vater.«
Bodenstein warf seiner Kollegin einen belustigten Seitenblick zu.
»Beide Fälle gelöst. Verhaften wir Bock als Serienkiller und machen wir uns auf eine saftige Verleumdungsklage gefasst«, er grinste.
»Aber es könnte doch sein«, widersprach Pia.
»Ich glaube nicht, dass es so einfach ist.«
»Auf jeden Fall gibt es zwischen beiden Morden eine Verbindung«, sagte Pia. »Da bin ich sicher.«
»Zweifellos überschneiden sich die Bekanntenkreise von Pauly und Jonas«, sagte Bodenstein. »Aber die Vorgehensweise der Täter war jeweils eine völlig andere. Pauly kann im Affekt getötet worden sein, da waren Emotionen mit im Spiel. Bei Jonas war das etwas anderes. Der Junge wurde aufgehängt. Vorsätzlich getötet.«
Kathrin Fachinger kehrte mit erstaunlichen Neuigkeiten von der Testamentseröffnung aus Wiesbaden zurück. Pauly war keineswegs so unvermögend gewesen, wie Mareike Graf angenommen hatte. Er hatte seine Anteile an der Grünzeug Gastro GmbH Esther Schmitt vermacht, ebenso alle persönlichen Dinge, die mittlerweile dem Brand zum Opfer gefallen waren. Seinen Aktienbesitz hatte er zu gleichen Teilen Lukas van den Berg und Jonas Bock für den Aufbau ihrer Computerfirma hinterlassen. Der Wert der Aktien hatte sich am Tag, als das Testament verfasst wurde, auf dreiundachtzigtausend Euro belaufen. Ostermann hatte erfahren, dass Pauly zwei Lebensversicherungen abgeschlossen hatte, bei denen jeweilsEsther Schmitt als Begünstigte im Todesfall eingetragen war. Ungefähr dreihunderttausend Euro würden sie schnell über den Verlust ihres Lebensgefährten hinwegtrösten. Das Sahnehäubchen aber war eine zusätzliche Brandversicherung. Im Schadensfall sollten er, Esther Schmitt und Mareike Graf als Miteigentümerin des Hauses satte einhundertfünfzigtausend Euro bekommen. Diese Nachricht lieferte Jürgen Becht und seinen Kollegen vom K10, die durch die Aussage von Matthias Schwarz ohnehin schon die Verhaftung von Esther Schmitt wegen gefährlicher Brandstiftung vorbereitet hatten, den letzten Beweis. Sie waren schon auf dem Weg nach Kelkheim, um sie festzunehmen.
Der Gartenbaubetrieb Sommer befand sich in dem neuen Gewerbegebiet auf dem Gelände des ehemaligen US-Camps Eschborn gegenüber von Mann Mobilia. Bodenstein war zu Norbert Zacharias ins Untersuchungsgefängnis gefahren, deshalb hatte er Pia und Behnke gebeten, mit Tarek Fiedler zu sprechen. Sie fanden ihn hinter den Treibhäusern. Er war damit beschäftigt, verschnürte Pflanzen auf die Ladefläche eines LKW zu laden, und pfiff dabei vor sich hin.
»Hallo, Herr Fiedler«, sagte Pia. Tarek Fiedler hielt in seiner Arbeit inne und wandte sich um.
»Hallo«, erwiderte er und blickte Pia und Behnke mit einer Mischung aus Neugier und Argwohn an. »Hab ich was verbrochen?«
Offenbar besaß er Erfahrung im Umgang mit der Polizei. Er war etwa Anfang zwanzig, sein schmales Gesicht mit dem auffällig sinnlichen Mund und den dunklen Augen wollte nicht recht zu den muskulösen, tätowierten Oberarmen
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