Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mordshunger

Titel: Mordshunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
verrotteten Löcher. Sie hingen faul und stinkend darin herum und zahlten keine Miete, weil sie ernsthaft glaubten, die Gesellschaft lege Wert auf Mieses und Verrottetes. Wie Sie sich vorstellen können, waren auch ihre Methoden mies und verrottet. Nun, gerade als sie mich in ihren vergammelten Transporter stoßen wollten, kam ein Streifenwagen. Purer Zufall. Ich begann zu schreien, sie schlugen mich nieder und traten mich ein paar Mal in den Bauch.« Von Barneck blieb dicht hinter Cüpper stehen und senkte die Stimme. »Das war nicht nett, wissen Sie. Und die Beamten fanden es auch nicht nett. Sie stiegen aus und machten ihren Job. Dabei knackten leider ein paar Knochen. Versuchte Entführung, Bedrohung mit der Waffe, so was tut man schließlich nicht. Nun sitzen diese Zeitgenossen hinter Gittern, aber ich gehe meinem Beruf weiterhin nach und habe immer noch Visionen, größere als je zuvor. Die Zahl meiner Feinde ist entsprechend gewachsen. Nicht, dass ich feige wäre! Aber es gibt eine ganze Reihe öffentlicher Auftritte, die ich nur höchst ungern absolviere. Zu gefährlich.«
    »Der Eigelstein?«, mutmaßte Cüpper.
    »Der Eigelstein. Sie werden davon gelesen haben. Ich stehe in Verhandlungen mit der Stadt, und da sitzen ein paar Leute, die derselben Meinung sind wie ich. Wir könnten den kompletten Eigelstein in eine neue Welt verwandeln, mit exklusiven Apartments, schicken Restaurants und breiten, baumgesäumten Fußgängerzonen. Ist das nicht erstrebenswert? Aber nein, ich bekomme wieder anonyme Briefe, man beschimpft mich, droht mit Mord und Totschlag, und so geht das Tag für Tag.«
    »Und jetzt trauen Sie sich nicht mehr aus dem Haus.«
    Von Barneck schürzte verächtlich die Lippen.
    »Doch, natürlich«, warf Hartmann ein. »Fritz ist weiß Gott kein Feigling. Aber Sie müssen ihn verstehen. Der Eigelstein ist nicht sein einziges Projekt. Fritz ist unbequem, wie Leute nun mal sind, die was bewegen wollen, und zu allem Überfluss ist er sehr reich. Er lebt in ständiger Gefahr, auf offener Straße entführt oder erschossen zu werden.«
    »Sie doch auch.«
    »Schon.« Hartmann lächelte. »Aber das ist mein Beruf.«
    »Rund um die Uhr?«
    »Nicht ganz. Je nachdem, was gerade anliegt.«
    »Und gestern Abend?«
    »Hatte ich frei.«
    »Sind Sie sicher? Wer war denn nun der Gastgeber? Sie oder Ihr Chef?«
    Hartmann schüttelte den Kopf. »Ich hatte wirklich frei.«
    »Gut. Wo waren Sie?«
    »Bei einer Frau. Hier liegt das Problem. Ich muss Sie einfach bitten, mir zu glauben, weil ich Ihnen den Namen der Frau nur im alleräußersten Notfall verraten werde. Ich will niemanden kompromittieren, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    Cüpper schüttelte den Kopf und drehte beiden den Rücken zu. Langsam durchmaß er den Raum und machte vor einer schlanken, schwarzen Säule halt, auf deren Podest eine chinesisch anmutende Porzellanvase stand. Sie muss furchtbar teuer sein, schoss es ihm durch den Kopf. Alles hier muss furchtbar teuer sein. Er nagte an seiner Unterlippe und wandte sich um. Von Barneck stand jetzt direkt neben Hartmann, zwei identische Gesichter, erwartungsvoll ihm zugewandt, das eine gekrönt von einem dichten weißen Schopf, der opulent in die Stirn fiel und bis auf die Schultern herabwallte, das andere unter einer kastanienbraunen Bürste. Cüpper befiel ein Anflug von Ratlosigkeit. Er fühlte sich überrumpelt.
    »Und?«, fragte er. »Was erwarten Sie jetzt, dass ich tun soll?«
    »Finden Sie Inkas Mörder«, sagte von Barneck.
    »Sollte Ihnen tatsächlich daran gelegen sein?«
    »Ja. Meine Frau und ich lebten die meiste Zeit getrennt. Wir verstanden uns nicht mehr. Um ganz ehrlich zu sein, ihr Tod berührt mich weniger, als er wohl sollte. Möglicherweise war sie selber schuld. Aber Mord ist Mord, und Mord ist schlechte Publicity. Ich mag keine offenen Rechnungen.«
    »Aha. Ich soll den Mörder finden, damit alles seine Ordnung hat?«
    »Wenn Sie so wollen.«
    »Nicht nur«, sagte Hartmann. »Auch, weil irgendwo in Köln jemand herumläuft, dessen Motive wir nicht kennen. Jemand, der einen weiteren Mord verüben könnte. Und natürlich, weil niemand das Recht hatte, Inka so bestialisch abzuschlachten. Egal, was sie ihm getan hat.«
    »Natürlich«, echote Cüpper.
    »Lassen Sie mich bloß nicht hängen, Herr Kommissar«, sagte von Barneck. Seine Stimme klirrte vor Kälte.
    »Einen Mord aufzuklären ist eine Sache«, bemerkte Cüpper. »Ihre Interessen zu wahren eine andere. Ich kann meine Arbeit

Weitere Kostenlose Bücher