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Mordshunger

Titel: Mordshunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Rezept. Es gibt plumpe Rezepturen, die durchschauen Sie sofort. Andere wiederum sind ungeheuer raffiniert. An jede irgend notwendige Zutat wurde gedacht, und zwar so, dass Sie keine rausschmecken. Daraus ergibt sich das, was dem perfekten Verbrechen am nächsten steht, etwas, das Sie allenfalls bewundern, aber kaum rekonstruieren können. Es sei denn, Sie haben eine ungewöhnlich feine Zunge.«
    »Oder sind ein ungewöhnlich guter Polizist.«
    Cüpper zuckte die Achseln.
    »Auch die feinste Zunge muss mal passen«, sagte Hartmann.
    »Kein Koch ist perfekt. Jeder vertut sich letzten Endes um eine winzige Prise, eine kaum wahrnehmbare Ahnung, zu viel davon und zu wenig davon. Früher oder später kommt man der Zusammensetzung auf die Schliche. Ah, der Safran war’s! Oder der Marsala! Kein Rezept wird je perfekt sein.«
    Hartmann gesellte den Tassen eine schlanke Flasche und zwei Gläser hinzu. »Wenn das wahr ist, warum gibt es dann so viele unaufgeklärte Verbrechen?«
    »Weil es zu wenig feine Zungen gibt«, erwiderte Cüpper und sah zu, wie sich ein kleiner Gebirgsbach funkelnden Grappas in sein Glas ergoss.
    »Alter Levi«, verkündete Hartmann sichtlich stolz und prostete ihm zu. »In der Hoffnung, dass Ihre Zunge fein genug für Inkas Mörder ist.«
    »Deswegen bin ich hier.«
    »Ich weiß.«
    »Wo wir gerade so nett zusammenstehen, haben Sie Inka von Barneck umgebracht?«
    »Nein.«
    »Ich hatte nicht erwartet, dass Sie ja sagen. Was wollten Sie eigentlich mit der kleinen Vorstellung heute Nachmittag erreichen?«
    »Nichts.« Hartmann lächelte. Plötzlich wirkte er verlegen. »Um ehrlich zu sein, Fritz hat maßlos übertrieben, als er sagte, nichts und niemand könne mich ausfindig machen. Natürlich halten wir meine Existenz geheim, aber im Zuge der Ermittlungen wären Sie irgendwann auf mich gestoßen. Nein, es ging nur darum, von vorneherein mit offenen Karten zu spielen. Dass Fritz sich dabei im Ton vergriffen hat, tut mir leid. Ich halte nichts von Drohgebärden, er lebt damit. Wer bedroht wird, droht zurück.«
    »Was hindert ihn daran, einfach aufzuhören?«, fragte Cüpper. »Wie viel Geld kann er noch ausgeben?«
    »Das ist nicht der Punkt. Fritz liebt seinen Job.«
    »Jedenfalls mehr als seine Frau.«
    »Stimmt. Wir wollen nichts beschönigen. Früher war das wohl mal anders, aber als ich die beiden kennen lernte, bestand die Ehe nur noch auf dem Papier.«
    »Können Sie sich vorstellen, dass er einen Mord begeht?«
    »Ich kann mir nicht mal vorstellen, warum.«
    »Er hat Feinde.«
    »Sicher. Jeder hat Feinde. Jeder, den Sie hinter Gitter gebracht haben, ist Ihr Feind. Feinde sind kein Grund zum Morden.«
    »Vielleicht hat seine Frau ihn unter Druck gesetzt.«
    »Womit?«
    »Ja, eben. Womit?«
    Hartmann winkte ab. »Sie sind auf dem falschen Schiff. Zwischen den beiden herrschte eine große, aber unspektakuläre Gleichgültigkeit. Sie ließen einander in Ruhe. Ich habe nie von irgendwelchen Scheidungsplänen gehört.«
    »Es gibt tausend Arten, Druck auszuüben.«
    »Aber nicht in diesem Fall. Inka war ein Biest, soviel steht fest. Aber wenn es einen gab, vor dem sie die Krallen einzog, war es Fritz.«
    »Mochten Sie Inka von Barneck?«
    »Gute Frage. Sagen wir mal, ja.«
    »Da sind Sie der Erste.«
    »Dann sagen wir mal, nein. Es gab ein paar Dinge an ihr, die ich mochte. Dass sie sich um Konventionen nicht gekümmert hat, gefiel mir. Inka war geistreich, intelligent und fast schon unerträglich attraktiv. Und sie hatte ein paar geniale Ideen, wie man sich amüsieren kann. Der Rest war überhaupt nicht amüsant. Ihren Egoismus konnte man so gerade noch verkraften, weit weniger ihre perfide Lust am Zerstören und ihren unausstehlichen Zynismus. Es machte ihr Freude, alles und jeden als Gebrauchsartikel zu betrachten. Manchmal konnte sie ein wahres Prachtstück sein, und dann behandelte sie einen wie den letzten Dreck, alles innerhalb von vierundzwanzig Stunden. Paradoxerweise war sie extrem nachtragend. Sofort bereit, jemanden zugrunde zu richten, nur weil er sie im Vorjahr auf irgendeiner Vernissage nicht gegrüßt hatte. Wenn ich’s recht bedenke, müsste es ganze Völkerscharen von Verdächtigen geben.«
    »So was Ähnliches hat Eva Feldkamp auch gesagt.«
    »Ah, Eva! Wie gefällt sie Ihnen?«
    »Wir hatten nicht viel Zeit, miteinander zu reden.«
    »Selber schuld. Was sind Sie auch davongerannt?«
    »Ich gebe zu, das war ein bisschen übereilt. Wie stehen Sie zu ihr?«
    Hartmann zögerte den

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