Mordshunger
es außer mir und Fritz noch andere Verdächtige?«
»Gegenfrage. Kennen Sie einen mittelgroßen Italiener, gut aussehend, elegant gekleidet, dichter schwarzer Schnurrbart?«
»Davon kenne ich drei Dutzend.«
»Einen, den auch Inka kannte?«
Hartmann legte die Stirn in Falten. »Inka kannte halb Italien. Ich müsste in Ruhe darüber nachdenken.«
»Von Barneck hatte Italiener zu Besuch.«
»Keinen mit Schnurrbart.«
Cüpper schwieg und ließ den Grappa im Glas kreisen. Hier würde er im Augenblick nicht weiterkommen. Falls es hier überhaupt etwas gab, um weiterzukommen.
Er kippte den Levi herunter, und Hartmann brachte ihn zur Tür. Seltsam, dachte Cüpper, wie zwei Menschen fast identisch und dabei so unterschiedlich sein können. Fritz von Barneck stieß ihn ab. Max Hartmann mochte er. Nur an den Haaren konnte es nicht liegen.
»Falls Sie es sich anders überlegen«, meinte er im Hinausgehen, »wissen Sie ja, wo Sie mich erreichen.«
»Gerne«, sagte Hartmann. »Wir sollten mal zusammen kochen.«
»Besser nicht.«
»Warum?«
Cüpper winkte ab. »Sie verheimlichen mir zu viele Zutaten.«
Das Taxi
Rabenhorst erwartete ihn vor seiner Haustür.
»Was machen Sie denn hier?«, wunderte sich Cüpper und scheuchte ihn nach oben, wo er ihm ein Handtuch gab. Rabenhorst triefte wie ein Straßenköter, trug aber einen aufdringlich triumphierenden Gesichtsausdruck zur Schau.
»Ich konnte Sie nicht erreichen, also bin ich aufs Geratewohl hergefahren. Wollte kurz warten und Ihnen dann eine Nachricht hinterlassen. In spätestens zehn Minuten hätte ich mich in den Stadtgarten abgesetzt.«
»Im Stadtgarten ist es nass.«
»In ganz Köln ist es nass. Haben Sie was zu trinken?«
»Rabenhorst, alter Freund! Haben Sie das auch mit Ihrer Mutter abgesprochen?«
»Halten Sie keine Volksreden, geben Sie mir endlich was zu trinken. Ich hab’s verdient.«
Cüpper fischte einen Pouilly Fumé aus dem Weinregal und brachte die Welt mit einem satten Plopp wieder ins rechte Lot. Rabenhorst stürzte das erste Glas herunter wie Wasser.
»He, langsam!«, zeterte Cüpper. »Das ist keine von Ihren billigen Zahnspülungen.«
»Was würden Sie sagen«, flötete Rabenhorst unbeeindruckt, »wenn ich Inkas Mörder gefunden hätte?«
Cüpper bleckte die Zähne. »Ich würde fragen, wo der echte Rabenhorst geblieben ist.«
Rabenhorst knallte das Glas auf den letzten verbliebenen Wohnzimmertisch. »Ich habe mir aber den Arsch aufgerissen, um es herauszufinden!«
»Passen Sie mit dem Glas auf. Ich hab nicht mehr viele davon.«
»Wollen Sie’s nun wissen oder nicht?«
»Ich vermute, das kostet mich einen weiteren Akt der Weißweinverschwendung?«
»Ja, genau!«
Cüpper schenkte mit ergebener Miene nach. »Gut, Watson. Ich höre.«
»Inkas Mörder ist eine Mörderin und heißt Astrid Hasling.«
Cüpper kannte seinen Assistenten gut genug, um zu wissen, dass er ohne triftigen Grund niemanden des Mordes bezichtigen würde. Er stellte die Flasche ab und lehnte sich zurück.
»Erzählen Sie.«
»Es ist ganz einfach«, meinte Rabenhorst munter. »Das Pflaster ist der Schlüssel. Astrid Hasling hatte sich doch an der Hand verletzt?«
»Ja.«
»Wissen Sie noch, an welcher?«
Cüpper brauchte nicht lange nachzudenken. Er hatte die Beobachtungsgabe einer Kamera. »Die linke.«
»Und Ihr Eindruck? War’s ein altes Pflaster?«
»Eher nicht. Sie kann es natürlich gewechselt haben, aber da war etwas Blut in der Mitte durchgesickert, wie von einer frischen Wunde. Nein, es war ziemlich neu.«
»Es war sogar verdammt neu!«, bekräftigte Rabenhorst. »In der Agentur konnte sich niemand an ein Pflaster erinnern. Ich habe mich also gefragt, wie sich jemand an der Hand verletzen kann. Ob Astrid vielleicht auf Inka losgegangen ist bei ihrem Besuch am frühen Abend. Wär ja gut möglich, sauer, wie sie war.« Rabenhorst machte eine bedeutungsschwangere Geste. »Oder aber, ob sie sich an irgendwas geschnitten hat.«
»An Scherben«, ergänzte Cüpper tonlos.
Rabenhorst nickte. »Scherben von zerbrochenem Glas. Wir nehmen mal an, dass Inka noch lebte, als Astrid Hasling sie gegen halb sieben verließ. Sie traf dann auf der Straße diesen ominösen Italiener, der wenige Minuten später im Haus schellte und ergo existent ist. Bis dahin hat sie also nicht gelogen. Brauner gibt an, dass Inka bis mindestens neun Uhr gelebt hat, also kann der Mord zu dieser Zeit noch nicht geschehen sein. So weit, so gut. Jetzt nehmen wir weiter an, die
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