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Mordshunger

Titel: Mordshunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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nicht kennst.«
    »Ich kenne jede Stelle hier im Haus!«
    »So? Aber sie kennen dich nicht, wenigstens nicht deinen Schrubber.«
    »Wie willst du das beurteilen, du blinder alter Kacker? Er zieht seine Brille nämlich nur zum Autofahren auf, Herr Kommissar, der eitle Furz!«
    »Wozu auch sonst? Ich käme ja täglich in den zweifelhaften Genuss deiner Physiognomie!«
    Cüpper gab es auf und massierte sich die Schläfen. Mit einem Mal wurde es mucksmäuschenstill. Als er wieder hochsah, schaute er in zwei schuldbewusste Gesichter.
    »Es ist nur, weil …«, begann Schmitz und kratzte sich verlegen. »Weil …«
    »Ach, is dat furchbar!!!«
     
    Nachdem feststand, dass von Barneck ein lückenloses Alibi vorweisen konnte, fuhr Cüpper in die Pathologie. Die Königin von Saba stand über einen geöffneten Körper gebeugt und wühlte darin herum.
    »Na?«, sagte Cüpper.
    »Warte einen Augenblick.«
    »Was tust du da?«
    »Sie muss hier irgendwo sein«, knirschte die Königin, ohne auf seine Frage einzugehen. »Es macht mich wahnsinnig.«
    »Suchst du nach einer Kugel?«
    »Wichtiger.«
    Ein flatschendes Geräusch drang aus dem Brustkorb.
    »Mist! Da ist sie auch nicht!«
    »Hm.« Cüpper fixierte seine Fingernägel. »Ich weiß, du hast zu tun. Wir müssen trotzdem kurz über Max Hartmann sprechen.«
    »Eine Sekunde noch!«, schrie die Königin. »Ich glaube … Ha! Da ist sie ja!« Er zog etwas Glänzendes, Verschmiertes ans Tageslicht und wedelte Cüpper damit vor der Nase rum. »Siehst du, in einem ordentlichen Haus geht nichts verloren.«
    »Was ist das?«, fragte Cüpper angewidert.
    »Meine Brille. War mir reingefallen. Hast du mal ein Tüchlein?«
    »Augenblick. Hier.«
    »Danke.« Brauner ging zum Tisch daneben und zog das Laken weg. Hartmann bot keinen schönen Anblick. »Um es kurz zu machen: Messerstich von hinten, absolut tödlich. Attraktives Kerlchen übrigens. Nur – guck mal da!« Er Zeigte auf den linken Oberarm.
    »Was?«
    »Siehst du nicht? Iiiih! Eine Tätowierung!«
    Cüpper sah genauer hin. Der kleine Skorpion. Wie Schmitz gesagt hatte.
    »Na und?«
    »Also bitte! Ich bin Ästhet.«
    »Du bist von gestern. Was ist mit der Todeszeit?«
    »Zwischen 21 Uhr und 23 Uhr. Vielleicht 23.30 Uhr.«
    »Sonst was Erwähnenswertes?«
    »Ja. Schau dir die Handgelenke an.«
    »Wieso? Schon wieder Tätowierungen?«
    »Sieh genau hin.«
    Cüpper ergriff Hartmanns Hände und untersuchte sie eingehend. In Höhe der Gelenke zeichneten sich Verfärbungen ab, kaum sichtbar.
    »Druckstellen?«, fragte er.
    »Ja, wenngleich sehr schwache. Trotzdem, ich glaube, dass man ihn gefesselt hat. Professionell, wahrscheinlich mit Tüchern unterlegt. Aber irgendwo muss was verrutscht sein. Das Bräunliche da ist eine Abschürfung, ich hab Faserreste von Kordel drin gefunden. Da es keinen Sinn ergibt, jemanden zu fesseln, der schon tot ist, vermute ich, er wurde zuerst kampfunfähig gemacht und dann erstochen.« Er zeigte auf weitere, winzige Wunden. »Das ist von der Schleiferei. Dein Mörder ist kräftig, Cüpper.«
    »Deutet auf einen Mann hin.«
    »Oh, es gibt starke Frauen, ahnungsloser Bengel! Wusstest du das nicht?«
    Plötzlich dachte Cüpper an den Zoo.
    »Doch«, sagte er.
     
    Später, als er wieder im Wagen saß, hatte er große Lust, sie zu besuchen. Er hätte nicht einfach so verschwinden sollen. Schon sonderbar! Ständig liefen sie voreinander weg. Warum eigentlich?
    Dann entschied er sich dagegen. Stattdessen fuhr er in die Klinik zu Astrid Hasling. Ihr Zustand war unverändert. Sie starrte an ihm vorbei, das Gesicht weiß wie ein Laken, nur dass die schwarzen Ringe verschwunden waren. Merkwürdigerweise sah sie jünger und hübscher aus, fast, als wollte sie jede Sekunde zwinkern und ins Leben zurückkehren.
    »Es ist kein Koma«, sagte der Professor. Sie gingen den Flur entlang. »Sondern ein Zustand, den wir als katatonische Starre bezeichnen.«
    »Was ist mit der Epilepsie?«
    »Hat nichts damit zu tun. Möglicherweise diente die Epilepsie als Auslöser oder Verstärker. Katatonische Starre ist kein Resultat epileptischer Anfälle, sondern eine Art Trauma. Wenn ich ehrlich bin, würde ich sie lieber in die Psychiatrie überweisen.«
    »Was geschieht im Augenblick mit ihr?«
    Der Professor wiegte den Kopf. »Im Allgemeinen fallen Leute in den Zustand der Katatonie, wenn das Quantum ihrer Erfahrungen das Vermögen der Kompensation übersteigt. Auf deutsch, sie machen zu. Sie verschließen sich gegen jeden äußeren

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