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Mordsidyll

Mordsidyll

Titel: Mordsidyll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Zandecki
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davon.
    Â»Wohin gehen Sie? Sie sollen hierbleiben!«, rief ihm Ruste hinterher.
    Â»Ich suche einen Stuhl, auf dem ich vor dem Krankenzimmer Posten beziehen kann«, erwiderte Benders und bog um die Ecke.
    Ungeduldig wartete Ruste, bis der uniformierte Kollege mit einer Sitzgelegenheit zurückgekehrt war. Dann eilte er durch die Gänge dem Ausgang entgegen und zündete sich direkt vor der Pforte eine Zigarette an. Normalerweise meldete sich nach einem Arzt- oder Krankenhausbesuch sein schlechtes Gewissen und ermahnte ihn, das Rauchen aufzugeben. Doch in dieser Nacht war ihm das scheißegal. Je eher er diese durchgedrehte Welt verlassen konnte, desto besser. Ruste nahm einen extra tiefen Zug, wütend über seine Niederlagen an den Krankenbetten. Als hätte eine höhere Kraft seine selbstzerstörerische Einstellung bemerkt, klingelte just in diesem Augenblick sein Mobiltelefon. Er blies den Rauch aus, steckte die Zigarette in den Mundwinkel und nahm das Gespräch an. Natürlich war es das Präsidium.
    Â»Ruste«, meldete er sich barsch.
    Nachdem er dem diensthabenden Beamten einen Augenblick zugehört hatte, fiel ihm die Kippe aus dem Mund. »Was? Eine Schießerei bei Ratemicke? … Ein Toter, ein verletzter Jäger. Und warum erfahr ich das erst jetzt? … Verdammte Scheiße, krankes Kind hin oder her, sorg dafür, dass Peter seinen Arsch zum Tatort bewegt. Ich will das ganze Team da haben. Spurensicherung inklusive. … Das hast du schon in die Wege gleitet? Gut! Ich komme sofort!«
    Er trat die Kippe auf dem Boden aus und wählte die gespeicherte Nummer des Taxirufes. »Ruste. Ich brauche ein Taxi zum Olper Krankenhaus. Aber sofort. Und jetzt geben Sie mal ordentlich Gas, das ist ein Polizeieinsatz und kein Scherz. Und wehe, der Wagen ist nicht in einer Minute hier!«

Kapitel 9
    25. April

    Anna und Tim saßen sich stumm in dem kleinen Wohnraum der Jagdhütte gegenüber. Nachdem Ronald gegangen war, hatten sie sich erschöpft in die Sessel fallen lassen und seitdem nicht mehr bewegt. Doch gerade hatte die kleine Kuckucksuhr an der Wand Mitternacht geschlagen und Anna konnte ihr Magenknurren nicht länger ignorieren.
    Â»Ich schau mal nach, was ich im Kühlschrank und in der Speisekammer finde. Vorne ist ein Bad mit Dusche, vielleicht machen wir uns frisch und essen etwas. Dann erzähle ich dir alles, okay Tim?«
    Â»Soll ich als Erster ins Bad?«
    Â»Ja, mach mal. Ich kümmer mich dann schnell ums Feuer.« Anna inspizierte zunächst den Kühlschrank, der bis auf zwei Flaschen Champagner und drei Gläser Oliven völlig leer war. Sie schüttelte den Kopf. »Typisch Ronald. Dann eben Dosenfutter.« Sie holte aus der Kammer zwei Büchsen Ravioli und kippte deren Inhalt in einen Topf. Nachdem sie den Herd angeschaltet hatte, ging sie zum Kamin und entzündete die Holzscheite, die darin bereitlagen.
    Als Tim frisch geduscht den Raum betrat, prasselte bereits das Feuer und Anna hatte den großen, schweren Holztisch mitten im Zimmer gedeckt. Während sie aßen, verloren sie kein Wort. Nicht nur Tim, auch Anna verschlang gierig die aufgewärmten Teigtaschen und spülte sie mit Mineralwasser hinunter. Der lange Tag und vor allem die anstrengende Flucht durch den Wald hatte sie einiges an Kraft gekostet!
    Nachdem die letzte Ravioli verspeist war, bat Anna Tim, eine Kanne Tee zu kochen, und ging duschen. Als Anna in ein weißes Badetuch gehüllt zurückkehrte, saß Tim gedankenverloren am Esstisch und schaute sich in dem geräumigen Raum um. Sein Blick blieb an präparierten Raubfischen hängen, die mit offenen Mäulern zwischen Ronalds Angeln neben einem Regalbrett mit den unterschiedlichsten Haken hingen.
    Â»Die Bezeichnung ›Jagdhütte‹ ist reichlich untertrieben, das hier erinnert eher an eine komfortable Blockhütte in Kanada. Von außen sah das Haus gar nicht so geräumig und chic aus«, sagte er.
    Â»Ja, Ronald neigt dazu, alles imposant und kostspielig zu gestalten. Das ist eben so seine Art«, erwiderte Anna, während sie sich eine Tasse Tee eingoss und sich Tim gegenübersetzte. »Ich schätze, dass du jetzt eine Erklärung hören möchtest?«
    Â»Ja, gerne«, antworte Tim.
    Â»Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Was ich dir zu erzählen habe, wird dir überhaupt nicht gefallen. Es fällt mir echt schwer.«
    Â»Fangen

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