Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Mordskind: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
Vom Netzwerk:
hielt sie davon ab. Es war kurz vor vier. Zwölf Stunden seit ihrer Verhaftung, dachte Paula, gerade mal zwölf Stunden Atempause, und schon begann der Alptraum von neuem. Was würde Doris als nächstes einfallen, jetzt, da die Schönhaar beseitigt war? War jetzt sie, Paula, an der Reihe?
    Ein halber Mond tastete sich hinter einer Wolke hervor und verzauberte den Garten mit seinem fahlen Licht. Paula nahm einen Schatten unter den Haselnußsträuchern wahr, einen kompakten Schatten mit zweifellos menschlichen Umrissen. Sie setzte eben zu einem erkennenden Lächeln an, als ihr siedendheiß einfiel: Das ist nicht Bosenkow! Er kann es nicht sein, er ist eingesperrt. Paula starrte hinaus, bis ihr vor Anstrengung die Augen zu tränen begannen. Wer, zum Teufel, war da unten? War es Doris? Da geriet der Schatten in Bewegung, Mondlicht glänzte auf öligschwarzem Haar … Nein! Da draußen stand Vito.
    Sie preßte die Hand auf den Mund, um nicht aufzuschreien. Unsinn, sagte sie sich, das war ebenfalls unmöglich. Doch sie hatte sein Gesicht gesehen, eine Zehntelsekunde nur: Er war es.
    Reiß dich zusammen, Paula! Vito ist tot, ebenso tot wie die Schönhaar und wie Max. Fast glaubte Paula, auch ihre Gestalten zwischen den Büschen stehen zu sehen. Sie wich einen Schritt zurück, rieb sich für einen Moment die schmerzenden Augen und sah wieder hinaus. Jetzt war gar nichts mehr zu sehen. Es war genau wie neulich, am hellichten Tag, auf dem Marktplatz.
    Bin ich wach, fragte sich Paula. Bin ich … wahnsinnig?
    »Was treibst du denn da?«
    Sie fuhr herum. Zolt blinzelte verschlafen und kam auf sie zu. »Warum keuchst du denn so? Du zitterst ja.«
    »Mir … ist kalt«, sagte Paula und ließ sich in den Arm nehmen und zurück ins Bett bringen. Sie preßte sich eng an seinen vom Schlaf aufgeheizten Körper. Ein warmer, kraftvoller Körper, der nun, da sie sich an ihm rieb, langsam in sie eindrang. Sie empfing ihn mit verzweifelter Gier. Sie hatte genug von Toten im Garten.
    Es ist mein Gewissen, dachte sie wenig später, den Kopf auf seinen Oberarm gebettet. Ob es wohl jedem so geht, der einen Menschen getötet hat? Wie es wohl Doris verkraftete? Standen sie auch bei ihr im Garten Schlange?
    »Was gibt’s denn jetzt zu kichern«, brummte Zolt entnervt. Diese Frau war wirklich kompliziert und anstrengend.
    »Nichts«, prustete Paula, »gar nichts.« Aber sie konnte nicht verhindern, daß ein irrer, unkontrollierter Lachanfall sie so lange schüttelte, bis ihr Rainer Zolt ein nasses Handtuch aus dem Bad ins Gesicht klatschte. Danach schlief Paula endlich ein, und eine Welle trug sie hinüber zu ihren gewöhnlichen Alpträumen.
    Am nächsten Morgen, es war Samstag, war Paula froh, daß der Mann in ihrem Bett früh aufstand, duschte und ohne zu frühstücken in sein Sportgeschäft eilte, wo das Mountainbikegeschäft um diese Jahreszeit verstärkt anlief. Eilig zog auch Paula sich an. Jeden Moment rechnete sie damit, Doris durch den Garten kommen zu sehen. Womöglich so wie immer, mit ihren dämlichen frischen Semmeln!
    Sie wollte Doris nicht sehen, fühlte sich ihr nicht gewachsen, zumindest nicht, bevor sie bei Jäckle gewesen war. Als sie mit dem Alfa losfuhr, überlegte sie kurz: Müßte ich mich nicht nach Anton erkundigen? Ach Quatsch! Schließlich geht sie einfach in mein Haus und holt ihn, ohne mir wenigstens einen Zettel zu schreiben. Ich hätte schon längst das Schloß auswechseln lassen sollen. Gleich am Montag lasse ich jemanden kommen.
    Sie fuhr zuerst zu den Brauns. Simon saß mit Laura beim Frühstück und hob zum Protestgeschrei an, als er seine Mutter sah. »Ich will noch dableiben!« Paula ertappte sich bei der Frage, ob dies eine normale Reaktion war oder ob er Lauras Zuhause generell seinem eigenen vorzog. Fühlte sich Simon wirklich noch wohl bei ihr?
    »Es war sehr lustig mit ihm«, sagte Karin Braun, sie war noch im Bademantel, »laß ihn ruhig noch ein wenig hier. Mußt du nicht was einkaufen?«
    »Vielen Dank«, sagte Paula, die im geheimen schon mit diesem Angebot gerechnet hatte. »Ich revanchiere mich, ganz bestimmt.« Es war ihr entschieden lieber, ohne Simon zu Jäckle zu gehen. »In einer guten Stunde bin ich wieder da.«
    Jäckle wohnte in einer Dreizimmerwohnung in einem aufwendig renovierten Altbau, nicht weit vom Marktplatz. Er trug ebenfalls einen Bademantel, blau mit weißen Streifen, war unrasiert und roch nach Bett, Rauch und Alkohol.
    »Hast du mal auf die Uhr gesehen?« knurrte er, als er die

Weitere Kostenlose Bücher