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Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Mordskind: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Lilli bei sich zu Hause an. Sie nahm nach dem ersten Läuten ab.
    »Bingo«, sagte Paula.
    »Könntest du dich bitte wie ein erwachsener, kultivierter Mensch ausdrücken? Kein Wunder, daß dein Sohn Worte wie ›geil‹ und ›saustark‹ benutzt!«
    ›Die Schönhaar ist tot. Jäckle hat mich angerufen. Angeblich ein Treppensturz. Ich treffe ihn in fünf Minuten auf der Dienststelle.«
    Es herrschte ein paar Augenblicke Schweigen, dann sagte Lilli: »Ich wollte gestern schon anmerken, daß ich diese Ausrede von Doris mit dem Zahnarzt reichlich phantasielos fand. Jetzt bist du dran, Paula.«
    »Dran? Was meinst du damit?«
    »Himmelherrgott«, fluchte Lilli ungeduldig, »bist du denn schwer von Begriff? Mach dem Jäckle klar, daß das kein Treppenausrutscher war. Erzähl ihm alles über Doris, auch das mit der Perücke, den Rest wird er sich selber zusammenreimen, er ist ja nicht auf den Kopf gefallen. Du mußt ihm nur einen Zipfel der Wurst vor die Nase halten, und er wird danach schnappen. Paula, jetzt kriegen wir sie!« Bei den letzten Worten hörte sich Lilli an wie ein Fußballfan aus der Südkurve.
    Erst jetzt durchschaute Paula das volle Ausmaß von Lillis Intrigenspiel. Zwei Fliegen mit einer Klappe, so nannte man das wohl. Der erste Teil ihres Plans hatte tatsächlich funktioniert. Jetzt war sie, Paula, am Zug, und wieder einmal bestimmte Lilli allein die Spielregeln. Und Jäckle war die Figur, die sie benutzten.
    »Lieber Himmel!« murmelte Paula, »ich habe eine Tante, die ist schlimmer als Lucrezia Borgia und Al Capone im Team.« Mit klopfendem Herzen hängte sie den Hörer ein und dachte wieder einmal daran, daß alles seinen Preis hatte: Frieden gegen Verrat.
    Sie verließ die Telefonzelle, überquerte den Platz und ging mit langsamen, zögernden Schritten auf das schwere Portal der Polizeiwache zu, um ihre ehemals beste Freundin zu denunzieren.
    Am Morgen, als Jäckle mit Paula telefonierte, hatte es zunächst ganz nach einem tragischen Unfall ausgesehen. Doch da gab es Prellungen am Schienbein und im Brustbereich, die aussahen, als wäre sie geschlagen oder getreten worden. Außerdem war da die Sache mit dem fehlenden Schlüssel: Die Schönhaar besaß ein Bund mit zwei Schlüsseln und einem roten Anhänger mit der Aufschrift ›Jugendamt, Bachgasse 9‹, das hatte ihre Kollegin ausgesagt. Ein Schlüssel war für die Bürotür, einer für die Haustür, unten. Die Schlüssel waren nicht bei der Leiche gefunden worden und nicht im Büro. Das Büro war sorgfältig abgesperrt worden. Der Mörder, so Jäckles Überlegungen, brauchte den Schlüssel, um aus dem Haus zu kommen, das von der Hausmeisterin nach Dienstschluß der Ämter abgeschlossen wurde. Zwar war Doris Körner gestern von der Hausmeisterin höchstpersönlich hinausgelassen worden, als diese gerade ihrer Pflicht nachkommen wollte – die Frau hatte sie exakt beschrieben und auf einem Foto eindeutig erkannt –, Doris Körner hätte den Schlüssel also gar nicht gebraucht, aber, so Jäckles Gedankengang, konnte sie das vorher ahnen? Nein, sagte er sich, das konnte sie nicht. Die Hausmeisterin war aus ihrer Sicht ein fataler Zufall.
    Diese Erkenntnis war es auch, die Paula ihre belastende Aussage ersparte, denn als sie Jäckle mittags sprechen wollte, war der viel zu beschäftigt damit, die Verhaftung seiner Erzfeindin vorzubereiten.
    Man konnte Doris Körner jedoch erst am späten Nachmittag vorläufig festnehmen, als sie, scheinbar ahnungslos und bepackt mit Einkaufstüten, nach Hause kam. Jäckle ließ die Verdächtige von zwei uniformierten Beamten in Handschellen aus dem Haus führen, zu einem auffälligen grünweißen Dienstfahrzeug. Danach dauerte es noch eine Viertelstunde, ehe sie losfuhren, denn Jäckle gab Doris den Rat, vorsichtshalber für die Betreuung des Hundes zu sorgen – so bald würde sie möglicherweise nicht wieder nach Hause kommen. Einer der Polizisten brachte den Hund daraufhin zu Paula, die soeben vom Bahnhof kam, wo sie Tante Lilli zum Zug gebracht hatte. Während der ganzen Zeit saß Doris auf dem Rücksitz des Wagens, wie am Dorfpranger. Selbstverständlich hätte man diese Aktion auch etwas diskreter abwickeln können. Aber Jäckle, von Doris und ihrem Anwalt zu oft genasführt, verspürte nicht die geringste Lust dazu.
    Paula malte sich aus, wie jetzt Annemarie Brettschneider und Konsorten hinter ihren Kaffeetassen zusammengluckten und tuschelten: »… habe mir immer schon gedacht, daß da was nicht stimmt, schon

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