Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Mordskind: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
Vom Netzwerk:
und ich nach Hause. Am Gründonnerstag, also gestern, war Probe. Paula war ganz normal, abgesehen davon, daß sie mich noch immer wie einen Scheißhaufen behandelt.«
    »War die Körner auch wieder da?« fragte Jäckle.
    »Ja.«
    »Und? Irgend was Auffälliges?«
    »Ich weiß nicht recht. Paula war auch zu ihr etwas … forscher als sonst. Kann natürlich mit ihrer Wut auf mich zu tun haben.«
    »Möglich.« Jäckle ging zum Schrank. »Auch einen Kognak?«
    Zolt schüttelte den Kopf. »Ich bitte dich. Es ist heller Vormittag!«
    »Wir können ja die Vorhänge zuziehen.« Jäckle goß sich ein Glas ein. »Dieser Fall bringt mich noch in die Schwarzwaldklinik. Zu ärgerlich, daß du ausgerechnet jetzt aufgeflogen bist. Ich habe das saudumme Gefühl, daß da bald irgend was passiert.«
    Rainer Zolt sinnierte immer noch dem Problem seiner Enttarnung nach: »Ich nehme an, die Körner hat was gemerkt. Vielleicht hat sie erfahren, daß ich früher Polizist war, und hat zwei und zwei zusammengezählt. Sie muß es Paula gesteckt haben, kurz bevor sie abfuhr. Vielleicht hat Paula sich verplappert, wegen neulich …« Er biß sich auf die Unterlippe und wurde langsam rosa.
    Jäckle stutzte. »Du verkommener Hund! Du solltest die Körner beobachten und nicht mit Paula rummachen!«
    »Das habe ich doch versucht. Aber es hat sich eben anders ergeben. Du hättest mir ja sagen können, daß du da selber am Baggern bist.«
    Jäckle ergriff den Kragen von Zolts Tweedsakko und brachte ihn mit einem Handgriff zum Stehen.
    »Jäckle, sei vorsichtig! Mit einem Nasenbeinbruch kann ich nicht Theater spielen!«
    »Kameradensau.«
    »Tut mir leid, Jäckle. Aber es war nichts Ernstes. Auch bei ihr nicht. Ich meine, ich merke das, wenn sich eine verliebt oder so. Aber die nicht. Die wollte einfach nur mal einen reingeschoben … Nein! Jäckle! Tu’s nicht!«
    Als Paula am Donnerstag während ihrer Mittagspause die Fotos vom Schnellservice abholte, freute sie sich beinahe darauf, sie Doris bei ihrer Rückkehr sofort vor die Füße zu werfen, zusammen mit ihren Klamotten und der Aufforderung, ihr und Simon nie mehr unter die Augen zu treten. An ihr Versprechen, bis nach Ostern damit zu warten, um Vito Gelegenheit zum doppelten Abkassieren zu geben, fühlte sie sich absolut nicht gebunden. Nicht nach diesen Fotos. Sie waren hervorragend gelungen.
    Dann platzte Doris mitten ins Abendessen, ein wenig erschöpft von der Fahrt, aber gut gelaunt, wie immer. Sie hatte ein Geschenk für Simon dabei, eine Pirateninsel aus Legosteinen, und Simon konnte es kaum erwarten, sie mit Doris zusammen aufzubauen. Es schmerzte Paula ein wenig, als sie feststellen mußte, daß Simon inzwischen gar nicht mehr auf die Idee kam, Paula könnte sich an derlei Unternehmungen beteiligen. Zu oft hatte sie ihn in der Vergangenheit bei solchen Gelegenheiten abgewiesen. Da saßen nun die beiden in Simons Zimmer und bauten an der Insel, und Paula brachte es nicht übers Herz, Simon seinen Spaß zu verderben. Das ging, bis Katharina Lampert erschien und es höchste Zeit war, zur Theaterprobe zu gehen. Katharina und Doris begegneten sich reserviert, wie zwei Menschen, die mal was miteinander hatten, wofür sie sich jetzt genierten. Auch während der Fahrt zur Probe brachte Paula kein Wort über die Lippen, obwohl sie ihre Anklagerede tagsüber hundertmal stumm geprobt hatte und sie wußte, daß sie es auch nachher nicht schaffen würde, wußte, daß an diesem Abend keine Konfrontation mehr stattfinden würde. Weil sie, Paula, sich davor fürchtete. Es war weniger die Vorstellung, Doris könnte ausrasten und unberechenbare Dinge tun, nein, Paula hatte Angst vor dem, was Doris ihr sagen würde.
    Mit einem Mal wurde ihr bewußt, daß Doris eine Aura der Stärke umgab, vergleichbar mit der charismatischen Ausstrahlung von Tante Lilli, auch wenn Doris ganz anders, sanfter, auftrat. Gegen solche Menschen kam Paula einfach nicht an, sie hatte das längst schon als gegeben hingenommen. War es ein Zufall, daß gerade diese beiden Frauen eine so große Rolle in ihrem Leben spielten? Wurden Menschen wie Lilli und Doris von solchen wie Paula angezogen, wie Falken von einer flügellahmen Taube?
    Am Freitag, unmittelbar vor der Abreise zu ihrem Bruder Thomas, suchte Paula drei der schärfsten Fotos von Vito mit der Zeitung aus und legte ein Blatt Papier bei, auf dem ein einziger Satz stand: Verschwinde sofort aus unserem Leben!
    Sie warf den Brief auf dem Weg zum Bahnhof beim Hauptpostamt

Weitere Kostenlose Bücher