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Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Mordskind: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Ende ganz allein? Allein, und mit der Gewißheit, daß ihr Kind endgültig tot war? War ihr, Paulas, Verhalten nicht schrecklich egoistisch und undankbar, nach allem, was Doris für sie und Simon getan hatte? Aber schließlich hat sie doch Eltern, sagte sich Paula, soll sie zu ihnen fahren. Doris kann sich doch nicht für den Rest ihres Lebens an mich und Simon hängen. Es ist fatal, erkannte Paula, ich brauche sie nötig, und gleichzeitig wird sie mir langsam, aber sicher lästig.
    Kaum war Doris verschwunden – Paula hatte tatsächlich mit diversen Reisevorbereitungen begonnen –, klingelte es. Bruno Jäckle stand vor der Tür.
    »Frohe Weihnachten!« Er streckte ihr eine Flasche Wein entgegen.
    »Du mich auch«, antwortete Paula brummig. »Komm rein.« Jäckle reichte Paula seinen Mantel, das gute Stück, und setzte sich in die Küche, aus dem einfachen Grund, weil dort bereits Licht brannte.
    Paula brachte zwei Gläser mit. »Wie kannst du mich tagelang im ungewissen sitzen lassen? Dieser Hofer erzählt einem ja nichts.«
    Sie freute sich, ihn zu sehen, und das nicht nur aus Wißbegierde, wie sie sich eingestand.
    »Paula«, begann er, während er die Flasche, es war ein 89er Brunello di Montalcino, entkorkte, »ich muß dich das schon wieder fragen: Hast du an diesem Freitagmorgen wirklich Max im Auto gesehen? Deutlich und lebendig?«
    Deutlich und lebendig. Das klang genau wie Tante Lilli, nur war die etwas schneller gewesen.
    Da sie nicht wußte, worauf er hinaus wollte, entschloß sie sich, bei ihrer bisherigen Antwort zu bleiben. »Ja, ich habe Max im Auto gesehen. Wie oft soll ich das denn noch sagen?«
    »Es ist nämlich so«, begann er, »ich weiß jetzt, wie die Leiche in den Forellenteich gekommen ist.«
    ›So?«
    »Der Löwenwirt, dieser Saukerl, hat zugegeben, daß er nachts manchmal den Rechen am Grundsee aufgemacht hat, dieser Hund, dieser elende!«
    Paula schaltete nicht auf Anhieb. »Den Rechen?«
    »Das heißt, er hat das Wehr geöffnet.«
    »Geht das denn so einfach?« Das Wehr. Hatte nicht Kolja Bosenkow an jenem Nachmittag auch vom Wehr gesprochen? Sie versuchte sich an seine Worte zu erinnern, aber da war nur ein Vakuum.
    »Einfach nicht«. sagte Jäckle, »aber es geht, wenn man sich auskennt, so wie er.«
    »Und warum macht er das?«
    Jäckle füllte die Gläser und roch sachverständig am Korken. »Wegen der Forellen natürlich!«
    »Forellen?«
    »Paß auf. Im Frühjahr kauft der Fischereiverein junge Forellen, setzt sie in den Grundsee und füttert sie brav durch, damit wir im Sommer und im Herbst was zum Angeln haben. Das nennt man Sport.« Er lächelte ironisch. »Wenn also die Fische im Herbst so richtig schön fett sind, dann geht dieser Saukerl her und nimmt nachts die Gitter weg, damit sie in den Bach können. Vermutlich lockt er sie sogar mit irgend was. Von da schwimmen sie bis zu seinem Fischteich, wo er natürlich auch das Gitter rausnimmt. Und wir vom Fischereiverein wundern uns seit Jahren, warum von unseren eingesetzten Forellen immer so wenige übrigbleiben. Von wegen Fischreiher!«
    Paula sah ihn schmunzelnd an. Es war schwer zu sagen, was bei Jäckle überwog: der Zorn auf die entgangenen Angelfreuden oder die Genugtuung über seine scharfsinnige Entdeckung.
    »Was hat das mit deiner Frage zu tun, ob ich Max wirklich gesehen habe?«
    Jäckle nickte grimmig. »Ganz einfach. Ich habe mir diesen Saukerl ordentlich vorgenommen, wie du dir sicher denken kannst, bis er mir genau sagen konnte, wann er die Gitter aufgemacht hat. Meistens tat er das am Freitagabend, wenn er wußte, daß ich in seinem Keller Trompete spiele.«
    Paula konnte einen Lacher nicht unterdrücken. »Ein aufrechter Sportskamerad.«
    »Eine Riesenschweinerei! Aber egal, was wichtig ist: als Max verschwand, waren die Gitter ausnahmsweise am Donnerstag offen. Am Abend vorher also, am dreizehnten Oktober, deinem Geburtstag. Das weiß der Saukerl noch genau, weil er am Freitag keine Zeit hatte rauszufahren, denn zusätzlich zum Jazzabend fand im Nebenraum eine Hochzeit statt.«
    »Und das heißt?« fragte Paula, obwohl sie es bereits ahnte.
    »Max muß schon in der Nacht von Donnerstag auf Freitag im See gelegen haben. Wie käme er sonst in den Forellenteich? Am Morgen war das Gitter wieder zu.« Jäckle rieb sich die Hände. »Damit werde ich sie drankriegen, unsere Mustermammi.«
    »Warum bist du dann hier und säufst Rotwein? Warum nimmst du sie nicht sofort fest?« Paula hatte Mühe, ihrer Stimme einen

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