Mordskind: Kriminalroman (German Edition)
bin ich aus dem Polizeidienst ausgeschieden, weil ich unter anderem diese autoritären Typen nicht abkann.«
»Du bist ausgeschieden, weil du diese Goldgrube von deinem Vater geerbt hast. Ich find’s heute noch schade, aus dir wäre ein guter Kriminaler geworden. Aber vielleicht wirst du ja jetzt entdeckt. Als begnadeter Mime.«
Ein selbstgefälliges Lächeln huschte über Rainer Zolts Gesicht. »Ich bin tatsächlich nicht schlecht. Meint sogar der Fuchs. Und auch Paula. Interessante Frau übrigens.«
»Soso.«
»Irgend was stimmt mit ihr nicht, das habe ich im Gefühl. Sie ist sehr verschlossen, obwohl sie mich, glaube ich, schon mag. Bei den Proben, da sprühen jedenfalls die Funken, das kann ich dir sagen. So prüde, wie die immer tut, ist die gar nicht. Aber nach den Proben ist sie wie umgewandelt. Da will sie sofort nach Hause. Keine Zeit für einen Kaffee oder auf ’nen Drink. Obwohl doch die Körner hervorragend auf den Jungen aufpaßt.« Er schüttelte den Kopf.
»Die Körner paßt auf ihren Jungen auf?«
»Ja. Irgend was ist mit den zweien. Ich werde mal an Paula dran bleiben. Das ist auch weniger auffällig, wo wir doch ein Ehepaar sind.« Er grinste. »Vielleicht kriege ich über diesen Umweg was über die Körner raus.«
»Sei vorsichtig, Paula Nickel ist nicht dumm. Es wäre außerordentlich peinlich für mich, wenn du auffliegst. Es weiß kein Mensch davon, auch der Hofer nicht, und schon gar nicht unser Herr Staatsanwalt Monz. Der ist ihrem Madonnenblick und der Kinderbuchmasche rettungslos verfallen, für den ist Doris Körner unantastbar.«
»Ist das so eine Art Privatkrieg, zwischen der Körner und dir?«
»Könnte man so nennen. Mein Bauchgrimmen, weißt du.«
»Verstehe«, sagte er ernst. Zolt hatte längere Zeit mit Jäckle zusammengearbeitet. Er schätzte ihn noch immer sehr, und er wußte auch, daß sich Jäckles Bauch nur selten täuschte. »Tja, Jäckle, versprechen kann ich dir nichts, und rausgekriegt habe ich auch noch nicht viel. Aber wo ich nun mal bis zum Hals drinstecke, mache ich auch weiter. Die Premiere ist Anfang Mai. Soll ich dir einen Ehrenplatz reservieren?«
»Möglichst nah beim Ausgang, bitte. Übrigens, magst du ein paar frische Forellen? Als Anerkennung deiner Dienste?«
»Nichts da, Jäckle! So billig kommst du mir nicht davon. Wenn das hier vorbei ist, dann gehen wir ordentlich essen, saufen und danach in die Spielbank. Das wird dich mindestens ein Monatsgehalt kosten, Jäckle.«
»Das ist es mir wert.«
Zolt stand auf. Unter der Tür blieb er stehen und wandte sich um. »Warum bist du eigentlich so scharf drauf, diese Doris Körner dranzukriegen?«
»Bei Mord an Kindern hört bei mir seit jeher der Spaß auf.«
Zolt sah ihn an und schüttelte langsam den Kopf. »Das ist es nicht allein. Ist es, weil sie dich an deine geschiedene Frau erinnert? Es ist nicht zu übersehen, sie ist derselbe Typ wie Irmgard, ziemlich ähnlich jedenfalls. War echt Scheiße, wie die dich damals abgezockt hat, nachdem du jahrelang nach Feierabend ihre geerbte Bruchbude saniert hast. Ich weiß schon, warum ich nie heirate.«
»Vergiß deine Zigaretten nicht. Und jetzt hau endlich ab. Ich habe zu arbeiten.«
»Ich rufe dich an, wenn sich was Neues ergibt.«
»Mach das. Und … danke, Rainer.«
»Gern geschehen. Um der alten Zeiten willen. Weißt du, der Job hat auch seine Vorteile. Diese Paula, die ist auch nicht ohne. Bißchen flachärschig vielleicht, aber für ihr Alter noch ganz nette Möpse.«
Der Jubiläumsaschenbecher knallte exakt in Kopfhöhe gegen die Tür, die Rainer Zolt blitzschnell hinter sich zuzog.
»Du hast dich nicht verändert, Jäckle«, rief er durch die Tür, vor der ein paar trockene Farbsplitter wie Konfetti auf das Linoleum rieselten.
»Du leider auch nicht!«
Faschingstreiben
»Ich töte dich!«
Paula spürte einen Revolverlauf im Rücken, dann krachte es auch schon. Ihre Ohren begannen zu singen. Man sollte ihnen die Dinger am Eingang abnehmen, dachte sie. Das ist kein Kinderfasching, das ist eine Waffenschau. Sie bereute es fast, mitgekommen zu sein, aber sie wollte Simon nicht schon wieder allein mit Doris gehen lassen.
Die Mehrzahl der Jungs waren Cowboys. Paula bemerkte voller Abscheu den dummen, brutalen Gesichtsausdruck, den sie bekamen, wenn sie ihre Revolver auf alles und jeden abfeuerten. Anscheinend stimmte es doch, daß in jedem Menschen eine mordende Bestie steckte. Oder nur in jedem Mann? Die Mädchen schossen nicht, sie
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