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Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Mordskind: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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bemerken.
    »Biene Maja hat zugenommen«, lästerte Karin Braun über das Kostüm der drallen Frau Brettschneider. Paula nickte.
    »Funkenmariechen wäre angebrachter«, murmelte sie, aber Karin Braun hörte sie nicht. Sie saßen eine Weile in stillem Einvernehmen beieinander und beobachteten das Treiben. Für eine Unterhaltung war es zu laut, Paula mußte ihre Stimmbänder für die Theaterproben schonen.
    Laura, die wilde Piratin, verkündete: »Mammi, ich muß aufs Klo.«
    »Dann geh doch.«
    »Du sollst mit.« Frau Braun erhob sich seufzend. Auch Paula stand auf. Wo war Doris? Wo war Simon? Sie schleuste sich zum Ausgang. Die frische Luft tat ihr gut, obwohl die Knallerei vor der Tür noch schlimmer war als drinnen. Offenbar hatten etliche Mütter ihre Kinder zum Krachmachen hinausgeschickt. Hier vorne war Simon jedenfalls nicht, auch nicht um die Ecke, auf dem Parkplatz. Etwas nervös kehrte Paula wieder zurück. Vor der Garderobe erwischte sie ihn, wie er gerade mit einem Mordstrumm von einem Säbel ein kleines Gespenst jagte. Sie packte ihn etwas unsanft am, Kragen. »Halt, mein Freund! Woher hast du dieses … oh, tut mir leid. Ich habe dich verwechselt.« Das fremde Kind blickte sie böse an, zielte wortlos mit dem Säbel auf sie, so als könne man auch damit schießen, und rannte weiter. Paula sah Doris aus der Damentoilette kommen. Sie ließ sie weitergehen. Doris regte sich immer übermäßig auf, wenn sie Simon auch nur für Minuten aus den Augen verlor. Paula durchstreifte die Turnhalle, starrte in die rhythmisch hopsende Menge wie auf ein 3D-Bild: Er ist da, ich sehe ihn nur nicht.
    Noch zwei Pumuckels, aber es waren die mit den roten T-Shirts. Simon trug ein gelbes. Paula versuchte es auf der Damentoilette. Schlangen von Müttern mit Prinzessinnen vor den Türen. Mit all dem Gerüsche war das Verrichten der Notdurft anscheinend nicht ganz einfach. »Jetzt weiß ich, warum sie in Versailles keine Klos hatten, sondern alles fallen und laufen ließen, wo sie standen«, tönte die Erkenntnis einer Prinzessinnenmutter aus einer Kabine.
    »Simon? Simon, bist du da drin?« Kichern und Stoffrascheln. Zwei Prinzessinnen kamen aus der Tür ganz links.
    »Simon? Simon! « Nichts. Sollte sie eine der Frauen nach einem Jungen mit Pumuckelkostüm fragen? Aber was würde das bringen, wo es doch mindestens vier oder fünf hier gab. Die Kapelle verging sich am Kriminaltango. Keine Antwort aus der Herrentoilette. Paula ermahnte sich, Ruhe zu bewahren. Sie hatte eine solche Situation schon zweimal erlebt, einmal in einem Supermarkt und einmal am langen Samstag in der Innenstadt. Das war allerdings, bevor … Ihr Atem ging schneller, ihr Puls beschleunigte. Nur keine Aufregung, sagte sie sich, es ist noch immer gutgegangen. Er ist noch jedes Mal aufgetaucht. Garantiert sitzt er mit irgendwelchen Lausbuben in einer Ecke und zündelt oder macht sonstigen Unsinn.
    Die Umkleideräume waren abgeschlossen. Paula zwang sich zum Nachdenken. Wo habe ich ihn zum letzten Mal gesehen? Bei uns am Tisch. Wie lange ist das her? Inzwischen wohl fast eine halbe Stunde. Sie merkte, wie sich ein Kloß in ihrer Kehle bildete. Jetzt mußte ihr Doris helfen.
    Sie fand sie in ernster Unterhaltung mit zwei Kindergarten-Müttern. Paula winkte sie zu sich heran. Ihr Gesichtsausdruck unter der Schminke ließ Doris das Gespräch recht schnell beenden.
    »Hast du Simon gesehen?«
    »In letzter Zeit nicht.«
    »Ich suche ihn schon überall.« Paula konnte den hysterischen Unterton in ihrer Stimme nicht länger verbergen, »er ist nirgends.«
    Doris’ Stimme zitterte: »Du hast wirklich überall geschaut? Auf den Klos, auf dem Parkplatz?«
    »Ja.«
    »Moment mal, das haben wir gleich.« Paula sah sie durch die hopsenden Kinder und Mütter in Richtung Kapelle streben. Wie ein Eisbrecher durchpflügte sie die Menge, rempelte Frauen und sogar Kinder an; wenn es um Simon ging, kannte Doris kein Pardon. Das Musikstück klang aus, die Band spielte ihr Pausensignal, die Tänzer zerstreuten sich. Doris war noch nicht zurück, da schallte die Fistelstimme des Sängers aus allen Boxen: »Alle kleinen Pumuckels sollen bitte zur Tombola kommen. Dort wartet ein Preis auf sie. Alle Kinder mit Pumuckelkostüm bitte schnell zur Tombola. Der erste bekommt den dicksten Preis.
    Was für eine Idee, dachte Paula bewundernd. So entsteht wenigstens kein Aufsehen. Kreischend stürmten vier Pumuckelgestalten über die Tanzfläche, auf den Tisch mit den bunten Süßigkeiten

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