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Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Mordskind: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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nicht, oder nicht mehr. Auch nicht im Kästchen selber. Doris mußte ihn entfernt haben. Denkt sie etwa, ich würde in ihrem Haus herumschnüffeln? Was gibt es dort, was sie verbergen muß? Trotz ihres Ärgers beschloß Paula, die Angelegenheit vorerst nicht zur Sprache zu bringen. Vielleicht lag der Schlüssel ja doch in irgendeiner Schublade herum, sie war eben etwas schlampig, und das könnte dann peinlich werden. Nein, am besten würde sie morgen einfach die Schlösser an ihrer Tür auswechseln lassen, eine Maßnahme, die ohnehin längst fällig war, da die alten nicht mehr viel taugten. Paula schnappte sich eine beliebige Flasche Wein aus dem Regal, dazu ein Glas, und ging zurück ins Wohnzimmer. Doris saß noch immer im Sessel, machte keinerlei Anstalten zu gehen, fragte statt dessen: »Paula?«
    »Hm?«
    »Du hast noch doch mal wegen der Perücke gefragt.«
    »Perücke?« wiederholte Paula verwirrt und machte sich emsig mit dem Korkenzieher an der Weinflasche zu schaffen.
    »Die blonde Perücke, die Simon aus meiner Mülltonne gefischt hat.«
    »Ach ja. Das haben wir doch längst geklärt, oder?« Ihre Muskeln verkrampften sich. Sie war sich nicht sicher, ob sie das hören wollte, was nun vielleicht kommen würde.
    »Du denkst, ich habe Max getötet, stimmt’s?«
    Paula rutschte mit dem Korkenzieher ab und stach sich in die Hand. »Verdammt!« Sie preßte die Wunde gegen ihren Mund. froh, sich damit beschäftigen zu können.
    Doris öffnete die Flasche für sie. Ihre Hände waren ruhig. Offenbar erwartete sie keine Antwort von Paula. »Katharina hat gelogen«, eröffnete sie sachlich.
    Paula ließ sich stumm auf dem Sofa nieder.
    »Sie war an diesem Abend nicht bei Max babysitten. Ich habe sie gefragt, aber sie wollte lieber mit irgendeinem Jungen ins Kino. Außerdem hatte sie die Nase voll vom letzten Mal. Das hat sie natürlich nicht gesagt. Keiner hat je so was gesagt. Sie hatten nur immer alle gerade keine Zeit, wenn es um Max ging.« Ein verunglücktes Lächeln ließ ihr Gesicht für einen Moment hart aussehen. »Ich habe Max an dem Abend allein gelassen.«
    Paula erinnerte sich wieder an Doris’ etwas ungeschicktes Ausweichmanöver, als sie sich nach Max erkundigt hatte. »Ich hab’s mir fast gedacht«, murmelte sie.
    Doris verteidigte sich: »Er hat schon fest geschlafen, als ich gegangen bin. Ich habe tagsüber einen extralangen Spaziergang mit ihm gemacht und ihn abends ins Kinderturnen geschickt, bloß damit er müde wird. Er hat geschlafen, sonst wäre ich nicht weggegangen, wirklich. Aber ich hatte mich doch so darauf gefreut.«
    Die letzten Worte klangen schrill, und Paula versicherte rasch: »Das ist doch nicht schlimm, Doris. Ich war auch schon bei dir, als Simon hier allein schlief.«
    »Nach dem Abendessen war ich noch mal kurz bei ihm, er schlief ganz friedlich.« Doris goß sich unaufgefordert Wein in das Glas, das Paula eigentlich für sich mitgebracht hatte, und trank einen großen Schluck. Etwas ruhiger fuhr sie fort: »Ich war so froh, mal wieder unter Leuten zu sein. Solchen, die nicht nur über Kinder und Kindergarten reden.«
    »Das kann ich nur zu gut verstehen. Niemand macht dir deswegen einen Vorwurf.« Zeig Verständnis, sagte sich Paula nicht ohne Hintergedanken, laß sie reden.
    »… bin als letzte von deiner Feier nach Hause gegangen, nachdem ich dich ins Bett gepackt hatte. Aber das weißt du ja schon.«
    »Ins Bett. Ja, ja.«
    »Ich ging sofort in Max’ Zimmer, wollte nach ihm sehen, aber …« Sie verstummte und sah Paula prüfend an, als wollte sie sicher sein, daß sie ihr auch wirklich zuhörte. »Er war weg.«
    »Wie … weg?«
    »Nicht in seinem Bett. Ich habe nach ihm gerufen, habe das ganze Haus abgesucht, auch den Garten, aber er war einfach weg.«
    »War denn die Tür nicht abgeschlossen?«
    »Doch, ganz bestimmt.«
    »War ein Fenster offen? Ich meine, als du zurückkamst.«
    »Nein. Ich glaube nicht. Ganz offen bestimmt nicht, das wäre mir aufgefallen.«
    »Warum hast du nicht sofort die Polizei gerufen?«
    »Erst dachte ich, er versteckt sich irgendwo. Er spielt mir einen Streich, aus Rache, weil ich ihn allein gelassen habe. Max wäre zu so was fähig, meinst du nicht?«
    »Durchaus.«
    »Außerdem … Ich hatte ein wenig getrunken. Oder eher ziemlich viel, für meine Verhältnisse. So ganz klar und logisch konnte ich nicht mehr denken. Jedenfalls dachte ich nicht daran, was am nächsten Tag sein wird. Denn als mir bewußt wurde, daß er wirklich

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