Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Mordskind: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
Vom Netzwerk:
verschwunden war, da ist etwas Eigenartiges passiert.« Sie legte die schlanken Finger aneinander, hob die Zeigefinger zum Mund und schien in Gedanken ihre Worte zu formen.
    »Meine erste Reaktion war …« Sie stockte erneut.
    »Ja?« flüsterte Paula.
    »Ich war erleichtert .«
    » Erleichtert«, wiederholte Paula tonlos. Sie war über dieses Geständnis nicht besonders schockiert.
    Doris sprach nun wie mit sich selber: »Max ist schuld, daß Jürgen gegangen ist. Er hat uns das Leben zur Hölle gemacht. Aber das weißt du ja. Alle haben sich von mir abgewandt, und zuletzt auch du, was ich dir nicht mal krummnehmen kann, nein, wirklich nicht. Du hast länger als alle anderen zu mir gehalten, ich weiß nicht, ob ich das umgekehrt getan hätte. Du hattest völlig recht, damals, als er Simons Hamster tötete. Max war kein normales Kind, Max war ein Monstrum.«
    »Ich verstehe«, sagte Paula, und es war nicht nur dahingesagt. Sie verstand wirklich. Doris hatte ihr Kind gehaßt. War das verwunderlich? Konnte man ein Kind wie Max überhaupt lieben, selbst wenn man seine Mutter war?
    Paula empfand eine tiefe Wärme und Mitleid für ihre Freundin, die erschöpft, wie nach einem langen Kampf, im Sessel hing. Nach einer Minute nachdenklichen Schweigens straffte sie sich und sprach weiter: »Ich ging tatsächlich ins Bett und schlief auch ziemlich bald ein. Und ich schlief gut. Am nächsten Morgen, als ich wieder klar denken konnte, wurde mir bewußt, was ich angerichtet hatte, was für ein schrecklicher Fehler es gewesen war, nicht sofort die Polizei zu rufen. Man würde mich verdächtigen, das wußte ich. Also habe ich den Trick mit dem Anorak und der Perücke versucht. Die Perücke aus der Requisitenkiste.«
    Paula nickte. Sie brachte sogar ein Lächeln zustande. »Es war ein guter Trick. Jeder dachte, da sitzt Max.«
    »Es war ein Glück, daß ich an dem Tag beim Friseur angemeldet war. Eigentlich wollte ich vor deinem Geburtstag gehen, aber da war nichts frei. Unterwegs habe ich Katharina gesehen, wie sie mit so einem halbstarken Typen in Springerstiefeln im Park saß und rauchte. Vermutlich schwänzte sie auch die Schule. Ich ging zu ihr und stellte ein paar unangenehme Fragen. Sie bat mich, ihrer Mutter nichts zu erzählen. Den Rest kannst du dir denken. Das unverschämte Luder wollte eine Menge Geld, aber was sollte ich machen? Ich gab’s ihr, zweitausend Mark, gleich am nächsten Tag. Sie hat Jäckle und die Burschen vom LKA ganz schön vorgeführt. Raffiniertes kleines Ding, sieht man ihr überhaupt nicht an.«
    Dir auch nicht, dachte Paula. Sie war wie betäubt. Im Moment war sie lediglich zu einem fähig: aufzustehen und sich ein Glas aus der Vitrine zu holen.
    Als sie wieder saß, legte Doris plötzlich ihre kühle Hand auf Paulas.
    »Deswegen bin ich heute hergekommen, Paula. Weil ich der festen Meinung bin, daß dieser Kerl, wer immer es war, Max aus dem Haus, aus seinem Zimmer geholt hat! Weiß der Teufel, wie er ins Haus kam. Er muß gewußt haben, daß ich nicht da bin, verstehst du? Es kann natürlich dieser Bosenkow gewesen sein. Aber hundertprozentig weiß man das leider nicht. Der Mann ist vielleicht nicht ganz richtig im Kopf, aber Simon sagt, er wollte ihn wieder zurückbringen.
    »Dein Freund, Staatsanwalt Monz, ist da anderer Ansicht«, bemerkte Paula giftig, aber Doris überhörte es.
    »Paula, ich habe Angst, daß so etwas wie mit Max jederzeit wieder passieren kann. Jeder weiß, wann du Probe hast. Und dann sitzt diese Kuh da und schläft!«
    Der Schlüssel, durchfuhr es Paula. Konnte es sein, daß Bosenkow ihn genommen hatte, als er bei ihr arbeitete? Wenn sie zu Hause war, war die Haustür nie abgeschlossen. Hatte er das Namensschild am Schlüssel gesehen und ihn unbemerkt eingesteckt?
    Eigentlich hatte sich Paula dazu durchgerungen, Bosenkow in den nächsten Tagen zu besuchen. Sie verwarf ihr Vorhaben in diesem Moment. Was, wenn er sie auf seine durchdringende Weise ansehen und fragen würde, ob sie an seine Unschuld glaubte? Was müßte sie ihm antworten, ohne zu lügen?
    Gleichzeitig hatte Paula einen tröstlichen Gedanken: Eines war nun wenigstens klar: Max war bereits fort, lange bevor Paula ihre seltsame Nachtwanderung angetreten hatte, von der Bosenkow sie angeblich nach Hause gebracht hatte. Falls das überhaupt stimmte. Und wenn Max doch von selber aus dem Haus gegangen war? Vielleicht hatte Doris bei ihrer Kontrolle nach dem Essen in der Eile nicht darauf geachtet, die Tür

Weitere Kostenlose Bücher