Mordsmäßig fit
Nicht einmal Zeit für eine Tasse Kaffee, dachte sie, als sie den Hörer abnahm.
»Mein Liebling, ich bin’s. Hector.«
Ihr Herz klopfte. O Gott. Immer noch! Sie wollte sich einreden, daß sie darüber hinweg sei. Auch wenn sie es ihm noch nicht gesagt hatte. »Ha-hallo.«
»Ich bin vorgestern aus Singapur gekommen. Ich habe noch einige Geschäfte in der Stadt zu erledigen. Aber ich habe nur an dich gedacht - in Asien und hier auch.«
Seine Stimme, der leichte slawische Akzent, jagte ihr eine Gänsehaut über den Rücken. Das gefiel ihr ganz und gar nicht. Es bestätigte ihr nur, daß sie längst noch nicht den Zustand der Gleichgültigkeit erreicht hatte, was ihn anging. Die Versuchung war nach wie vor stark.
»Wir müssen uns so bald wie möglich treffen. Ich muß hören, was du von meinem Angebot hältst - sag jetzt nichts. Sag mir, wann wir uns sehen können - heute.«
Wie früher wurde sie von seiner fordernden Art mitgerissen. »Es gab Ärger im Club. Und außerdem, das Wetter...« Sie ärgerte sich über den zögernden Ton in ihrer Stimme. »Ich weiß nicht genau, ob ich es schaffe bei all dem Schnee.«
»Rudolpho kommt mit jedem Wetter klar. Wir kommen einfach vorbei und holen dich ab. Lass’ mich nur wissen, wann. Ich habe heute viel zu tun. Du bist das Wichtigste, Dawn. Meine Liebe. Also muß ich dich sehen.«
»Hector...« Ihr verfluchtes, klopfendes Herz! Sie trieb doch nicht die Tigers an. Sie telefonierte nur!
»Eine Zeit, Dawn. Jetzt.«
Sie stellte sich Hector Sturm vor, wie er den Hörer etwas vom Ohr weghielt. Seine andere Hand klopfte wahrscheinlich einen Takt in die Luft. Er war nicht gerade ein geduldiger Mann. Oft genug hatte sie ihm beim Telefonieren zugesehen. Manchmal sogar von ihrem noch heißen Liebesbett aus. Bei dieser Erinnerung, scharf wie die Messer eines Attentäters, holte sie kurz und heftig Luft. Was hatte er mit ihr gemacht. Es schien, als könne er es immer noch! Ihre eigenen Reaktionen zu erkennen, war kein Geheimnis. Das Problem lag darin, sie zu ändern. »Halb vier«, sagte sie. Sie hätte es nicht tun sollen!
»Großartig! Ich freue mich darauf, deinen Entschluß zu hören. Obwohl ich ziemlich sicher bin, wie -«
»Allerdings muß ich um halb sechs wieder zurück sein. Ich leite eine Gruppe.«
»Ach bitte, Dawn«, sagte er genervt.
Sie legte vorsichtig auf. Er hörte das nicht gerne.
»Kann nicht gut mit Ablehnung umgehen«, murmelte sie. Deshalb schaffte sie es auch nicht, ihm den Laufpaß zu geben. War sie vielleicht verrückt? Hector, Hector. Fast zwanzig Jahre älter als sie - und ein Liebhaber,! wie sich ihn eine Frau nur wünschen konnte. Sie stand auf, rannte herum, wollte sich ablenken... von allem.
Um zehn Uhr machte die Buchhalterin von SHAPE Peter und Dawn eine Stippvisite. Ketty war dünn, nervös und clever. Sie handhabte ihre fächerartig gefalteten Computerausdrucke mit flinken Fingern, ihre Gesten waren knapp und sparsam. Nachdem sie SHAPES finanzielle Situation dargelegt hatte, einiges hatte Dawn nicht richtig verstanden, lehnte sie sich zurück und sagte: »Um es zusammenzufassen«, sie grinste, »im nächsten Monat fangt ihr an, Geld zu machen.«
»Jawohl! « gab Peter von sich. Als Ketty gegangen war, überhäufte Peter Dawn mit einem halben Dutzend clubbezogener Projekte. Von gesponsorten Wochenendtrips bis hin zur Neueinstellung eines Vollzeitberaters, der Mitglieder für Cholesterin- und Streßkontrolle anwerben sollte. Sie stellte sich vor, wie die Profite, egal wie üppig, Flügel bekamen. Sie nahm ihre abweisendste Haltung ein. Ich darf mich nicht einfach überzeugen lassen, warnte sie sich. Nach fast einer halben Stunde wurde Peter über ihre Ablehnung wütend. Sein Hals färbte sich rot. Er lockerte seine Krawatte. »Weißt du, was ein gutes Wort für dich ist, D. G.? Partymuffel! Oder besser noch: Hosenscheißer!«
»Einer von uns muß vorsichtig sein. Und du bist es ganz bestimmt nicht.«
»Du mußt Risiken eingehen, um Erfolg zu haben!« protestierte er lautstark.
»Wir sind schon welche eingegangen. Wir werden mehr eingehen. Wir können nur nicht jedes Risiko eingehen, das sich uns bietet.«
Peter fuhr sich mit einer Hand durch sein lockiges Haar. Seine dunklen Augen waren weit aufgerissen, beinahe feindlich. »Weißt du, daß ich einen Zeitplan für Erfolg habe, D. G.? Für Peter Faldos Erfolg? Und ich hinke hinterher. Kapierst du das? Ich habe keine Zeit, mich von dir runterziehen zu lassen.«
»Ach, hör auf!« Sie
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