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Mordsmöwen

Mordsmöwen

Titel: Mordsmöwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sine Beerwald
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Dann schaue ich noch mal von unten hoch und versuche eine letzte Ausrede: »Aber Scheff, mein Schnabel ist immer noch ziemlich lädiert, und ich habe noch solche Schmerzen …«
    »Schreib. Erster Tagesordnungspunkt: Aufräumen. Hier sieht es aus wie nach einer Taubeninvasion. Wir sind eine ordentliche Truppe!«
    Wie ein Specht mit Schüttelfrost hacke ich auf die Federäste ein und bringe jedes einzelne Härchen buchstabenweise auf die entsprechende Länge. Boah, ich hasse diese Tippsenarbeit. Balthasar ist sowieso der Einzige von uns, der das Protokoll anschließend lesen wird – und wehe ihm, er macht mich auch nur auf einen Längenfehler im Fahnensatz aufmerksam.
    »Zweiter Tagesordnungspunkt: Jungmöwe Grey suchen. Das übernimmt sein Vater. Dritter Punkt: Herausfinden, wer diese Viktoria ist. Vierter Punkt: Balthasar und Ahoi fliegen nach Keitum und …«
    »Moment, Scheff, ich komme nicht hinterher.« Genauer gesagt stehe ich kurz vor einer Gehirnerschütterung.
    Baron Silver de Luft denkt gar nicht daran, eine Pause zu machen. »Ihr fliegt zu Knuts Mutter und werdet sie darüber informieren, dass ihr Sohn tot ist und sie unbedingt die Polizei einschalten muss.«
    »Aber Scheff«, nuschle ich, weil sich mein Schnabel so dick anfühlt, als wäre ich ein Papagei. »Schie verschteht unsch doch nisch.«
    »Dich versteht im Moment tatsächlich niemand. Aber Balthasar kann sich mit den Menschen unterhalten, er hält ihnen oft Vorträge. Balthasar, du übernimmst also … Balthasar, hörst du überhaupt zu?«
    »Hm?« Balthasar taucht hinter seiner Morgenlektüre auf.
    »Während einer Sitzung wird keine Zeitung gelesen. Klapp das Ding zu.«
    »Aber Scheff! Da ist ein Artikel über uns drin.«
    »Über uns?«
    Puh, denke ich. Einmal im Leben kann Balthasar auch meine Rettung sein.
    »Ja, sogar mit Foto – also, zumindest vom Altfriesischen Haus. Wir werden als Zeugen gesucht.«
    »Was sagst du? Lies vor.«
    Museum als Tatort?
    Keitum. Seit gestern muss sich die Polizei in Westerland mit einem rätselhaften Einbruch in das Altfriesische Haus, ein Museum am Keitumer Watt, beschäftigen. Die Täter hinterließen keine Spuren, und nach Auskunft der »Söl’ring Foriining«, dem zuständigen Träger des Museums, wurde nichts gestohlen. Allerdings hat man die Federbetten des Alkovens mit Ruß beschmiert. Weitere Gegenstände weisen ebenfalls Verschmutzungen auf. Da sich auch die Fußabdrücke von Möwen darunter befinden, ging die Polizei zunächst davon aus, dass ein oder mehrere Vögel aus unbekannter Ursache den Kaminschacht hinuntergefallen oder von Menschenhand dort hinuntergeworfen worden sein könnten. Tatsächlich berichten Passanten von vermehrtem Möwengeschrei. Doch die Tat gibt der Polizei weitere Rätsel auf. Gegenstände des Museums wurden auf der Feuerstelle den Kaminschacht hinaufgestapelt, was nur von Menschenhand verrichtet worden sein kann. Da es sich jedoch um einen äußerst fragilen Turmbau handelt und der Kaminschacht zudem für einen Menschen zu eng ist, kann nicht von einem Fluchtweg der Täter ausgegangen werden.
    Unklar ist auch, ob dieses merkwürdige Geschehen mit einem Überfall auf die 72-jährige Johanna J. in ihrem historischen Friesenhaus in Keitum am Abend desselben Tages zusammenhängen könnte. Nachbarn hörten Hilfeschreie aus dem Friesenhaus und alarmierten die Polizei. Als diese wenige Minuten später eintraf, fanden die Beamten die verschreckte, jedoch unversehrte Johanna J. in ihrem Haus vor, umgeben von schwarzen Fußspuren von Möwen. Johanna J. sagte aus, die Tiere seien durch den Kamin hereingekommen, dadurch habe sie sich erschrocken und geschrien. Eine der Möwen habe eine Sonnenbrille getragen, und eine andere habe eine Thunfischdose auf dem Kopf gehabt, erzählte die betagte Dame unserer Zeitung. Sie habe zudem ein Handy unter dem Gefieder einer Möwe klingeln gehört, dessen sei sie sich ganz sicher. Ein ärztliches Gutachten soll nun die Aussagekraft der Beobachtung überprüfen. Weitere Angaben zum Überfall konnte Johanna J. nicht machen.
    Wer gestern in der Nähe des Museums Altfriesisches Haus oder im Uwe-Jens-Lornsen-Wai Beobachtungen gemacht hat, die mit einer der beiden Taten in Verbindung stehen könnten, wird gebeten, sich mit der nächsten Polizeidienststelle oder dem zuständigen Polizeiposten in Westerland in Verbindung zu setzen.
    Balthasar klappt die Zeitung zu. »Wir müssen sofort zur Polizei und unsere Aussage machen. Wir sind wichtige Zeugen

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