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Mordsmöwen

Mordsmöwen

Titel: Mordsmöwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sine Beerwald
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Kleidung … Hab ich jetzt Halluzinationen, oder ist er den Jungs direkt in die Arme gefahren, während sich Fietje doch noch im Wohnwagen versteckt hält?
    Ich fliege auf das Autodach, der Pizzabäcker sieht mich und stößt einen schaurigen Schrei unter seinem Helm aus: »Tatsächlich! Die Vögel!«
    Ein Gefühl der Genugtuung überkommt mich. Haben wir ihm also doch ordentlich Angst eingejagt. Der wird sich hüten, noch mal eine Möwe mit einem Fußtritt ins Hafenbecken zu befördern, geschweige denn über uns zu lachen. Er reißt den Lenker herum und prescht zurück auf die Hauptstraße, ohne Rücksicht auf den Verkehr. Die Polizisten ohne Rücksicht auf uns hinterher.
    Verfolgungsjagd! Ich stoße einen Jauchzer aus. Dass ich das in meinem Möwenleben noch erleben darf. Die Reetdachhäuser von Rantum, sie schießen nur so an mir vorbei. Ist das geil, so eine Geschwindigkeit zu haben und mal nicht selbst fliegen zu müssen. Dazu der irrsinnige Sound der Sirene und die Lichteffekte. Traum und Alptraum können allerdings ziemlich nah beieinander liegen, denke ich mir mitleidig. Genau eine Möwenlänge auf dem Autodach.
    Der Pizzabäcker rast unbeirrt durch Rantum in Richtung Süden, die Polizei klebt ihm dicht am Reifen. Warum tut er das? Auf der Insel entkommt er doch sowieso nicht. Nicht, wenn ihm die Polizei so dicht folgt. Jetzt erreichen wir den Ortsausgang.
    Dieser Geschwindigkeitsrausch, das ist der wahre Kick! Vorbei an der Verkehrsinsel. Mein Körper ruckt wie bei einer zackigen Tangofigur in eine neue Position und wieder zurück. Wie, Sie glauben, dass eine Möwe von Tango keinen Schimmer hat? Haben Sie eine Ahnung! Ich werde es Ihnen später noch beweisen, warten Sie nur ab. Mein Scheff hat weniger Glück, der hängt jetzt mit seinem Hintern am Beifahrerfenster runter und klammert sich mit den Flügeln am Blaulichtkasten fest. Verdammt, lange wird er sich nicht mehr halten können. Ich strecke meinen Flügel nach ihm aus – erreiche aber nur seine Federspitzen. Ich hangle mich am Blaulichtkasten entlang. Die Sirene ist so laut, dass wir uns nur mit Blicken verständigen können. Sein Blick sagt: Scheiße.
    Ich robbe noch ein Stück vorwärts. Bei der Geschwindigkeit presst es mir die Federn nach hinten, dass mein Hinterteil wie das einer fetten Gans aussehen muss. Ich mache den Hals lang und noch ein bisschen länger, noch ein bisschen. Ich mache den Schnabel auf, um meinen Scheff am Flügel zu packen. In dem Moment rutscht er weiter ab. Was sein Blick jetzt sagt, will ich lieber nicht übersetzen. Noch eine halbe Schnabellänge. Verdammt, ich rutsche gleich selbst ab. Jetzt! Ich hab ihn. Unter Einsatz all meiner Kräfte ziehe ich den Baron zurück aufs Dach. Dem Möwenhimmel sei Dank! Und wieder muss ich an Suzette denken. Wenn sie das jetzt gesehen hätte, wäre ich ihr Held. Für immer und ewig.
    Waaah, sagte ich eben etwas von Geschwindigkeit? Der Pizzabäcker hat mit dem Roller eine Hundertachtzig-Grad-Drehung hingelegt, und wir sind an ihm vorbeigeschossen, aber nur zwei Sekunden lang, bis unser Fahrer reagiert hat. Zwei Sekunden bis zu unserem gratis Freiflug in die Dünen. Zwei, eins. Scheiß Fliehkraft. Salto, Salto, Überschlag … Scheiß Erdanziehungskraft.
    Unser Polizei-Taxi fährt ohne uns hinter dem Roller her zurück nach Rantum.
    »Ich bin tot, ich bin tot …«, jammert Baron Silver de Luft.
    Ich seufze und denke über eine Möglichkeit nach, ihn erst mal nach Hause zu bringen. So einen turbulenten Start in den Morgen braucht echt keine Möwe. Es ist derart viel passiert, dass ich kaum glauben kann, dass die Sonne erst jetzt an ihrem höchsten Punkt steht.
    Zum Geier, immer, wenn man ein Möwentaxi braucht, ist keines in der Nähe. Ich lege meinen Kopf in den Nacken und schreie, so laut ich nur kann: »Taxi!«
    Gott sei Dank erhalten wir kurze Zeit später einen Bestätigungsschrei der Leitzentrale. Jetzt heißt es warten, bis das Taxi endlich eintrudelt. Die brauchen immer ewig, bis sie mal in die Hufe kommen und sich von ihrem Posten in den Tinnumer Wiesen vom Acker gemacht haben. Und dann weiß man immer nicht, was kommt, Großraumlimousine, Ferrari oder Smart.
    Gefühlte Stunden später sehe ich den Rasenmäher auf uns zulaufen. Das Schaf begrüßt uns und fragt nach Familie Spatz. Als wir verneinen, murmelt es: »Sorry, anderer Auftrag«, und trottet weiter. Vor Verzweiflung habe ich mir bald alle Federn ausgerupft, als endlich die Großraumlimousine neben uns hält. Die Kuh

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