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Mordsmöwen

Mordsmöwen

Titel: Mordsmöwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sine Beerwald
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genießen und ist doch unter vielen anderen Gästen, nicht wahr?«
    »Ja«, sage ich. »Muss schön sein.«
    Die Party ist bereits in vollem Gange. Das Geschnatter ist von Weitem zu hören. Lampions, in denen unzählige Glühwürmchen schwirren, hängen an kunstvollen Flechtranken zwischen den Bäumen. Sie erhellen den Parkplatz, der zur Tanzfläche erklärt wurde und auf dem es jetzt nur so wimmelt von tanzenden Möwen. Es ist kaum ein Durchkommen.
    Was? Ja, glauben Sie, wir Möwen sitzen freiwillig beim nachmittäglichen Kurkonzert auf dem Dach der Westerländer Musikmuschel und schauen euch Menschen bei euren speziellen Balztänzen zu? Von unseren Weibchen werden wir dazu verdonnert! Zugegeben, ich gehöre zu den wenigen Männchen, die nicht genug davon bekommen können. Wobei ich echt mal eines von Ihnen wissen will: Wozu diese komplizierten Schrittfolgen und Figuren in unterschiedlicher Geschwindigkeit, wenn Sie sich dann wieder an den Rand der Fläche setzen, ohne dass es zur Kopulation kam? Wozu der ganze Aufwand? Es ist wohl wie mit allen Dingen, die mit euch Menschen zu tun haben: Man muss es nicht verstehen.
    Am Rand der Tanzfläche riecht es nach bestem Fisch, ständig stößt man mit einer Möwe zusammen, die gerade mehr auf den Lachs im Schnabel oder den Kaviar vor sich konzentriert ist als auf ihre Umgebung.
    Personal ist ebenfalls reichlich da. Kein Essensrest bleibt liegen, überall wuseln Spatzen herum und picken sofort alles auf. Was Mogulis das alles gekostet hat, will ich gar nicht wissen. Selbst die Pinguine, die einem auf Schritt und Tritt folgen und mit Sekt gefüllte Austernschalen anbieten, hat er wohl extra einschwimmen lassen. Natürlich höre ich mich nicht Nein sagen und nehme gleich zwei Austernschalen. Ein bisschen Mut brauche ich schon.
    Sogar das Sylter Pfauenquintett hat er engagiert. Die sonst äußerst scheuen Kampener Musiker stehen in prächtigem Federkleid auf der Bühne und unterhalten die Möwen auf der Tanzfläche mit bester Musik. Eine stimmungsvolle Party, das muss ich leider zugeben.
    Meine zufällige Begleitung mit dem hängenden Augenlid scheint unter den Festgästen ziemlich bekannt zu sein, immerhin wird er von allen Seiten angesprochen und freundlich gegrüßt. Karl heißt er, bekomme ich dadurch mit. Und da drüben, die Dame habe ich doch schon mal gesehen – tatsächlich, das ist die berühmte Möwe Emma, und unweit daneben steht die Möwe Jonathan, von einer Schar weiblicher Gäste umringt.
    »Komm, wir wollen höflich sein und die Frau des Gastgebers begrüßen, ich habe sie da drüben entdeckt«, sagt mein Begleiter und zerrt mich ungefragt am Flügel durch die Menge.
    Suzette. Da steht sie. Inmitten einer Gruppe von Weibchen, mit denen sie sich angeregt unterhält. Ich sehe nur sie. Ihre Federn glänzen, um den Hals trägt sie als einzige der Frauen eine funkelnde Kette, ihren Schnabel hat sie in einem wunderschönen Löwenzahngelb gerieben und die Spitzen ihrer Flügelfedern schwarz betont. Und auf ihrem Kopf, lässig-elegant von den Stirnfedern gehalten – eine Sonnenbrille. Modell Stubenfliege. Zu ihren Füßen liegt diese Plastiktasche, die Mogulis ihr als eigenes Handtaschen-Label präsentiert und zum Geschenk gemacht hat.
    Mein Begleiter tritt vor, begrüßt die Damen und lässt sich dann von Suzette den Flügel reichen, um seinen Schnabel daran zu reiben. Natürlich nur hauchzart, fast nur symbolisch. Mehr dürfte er sich als Gentleman auch nicht erlauben, und vor allem nicht, wenn er Mogulis in der Nähe wähnt.
    Ich bleibe stehen, habe sogar mit einem Mal den unwiderstehlichen Drang zu flüchten, aber weder rückwärts noch seitlich gibt es eine Möglichkeit. Und einfach losfliegen wäre jetzt megapeinlich. Nein, dann brauche ich wirklich nicht mehr wiederzukommen.
    Es bleibt nur noch die Flucht nach vorn.
    »Hallo, Suzette.« Mir zittern die Flügel so sehr, dass ich ihr nicht die Federn reichen will. Von allen Seiten werde ich gemustert. Sicher denken jetzt alle, ich hätte überhaupt kein Benehmen – andererseits würde es sich falsch anfühlen, wenn ich Suzette auf einmal mit einem Schnäbeln begrüßen würde.
    »Ahoi … das ist ja eine Überraschung! Mädels, darf ich vorstellen? Ein guter Freund aus alten Zeiten.« Das mit dem guten Freund gefällt mir sehr, das mit den alten Zeiten weniger. »Möchtest du ein Schälchen Sekt, Ahoi?«
    »Ich?« Etwas Sinnvolleres fällt mir nicht ein.
    Suzette lacht. Es ist das schönste Möwenlachen auf

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