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Mordsmöwen

Mordsmöwen

Titel: Mordsmöwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sine Beerwald
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Wir wollten damit eigentlich eher wissen, wie Sie mit dem Verschwinden Ihres Bruders umgehen?«
    »Was ist das für eine Frage? Ich muss damit leben. Ich kann meinen Laden nicht mitten in der Hauptsaison dichtmachen und Abstand suchen. Natürlich werde ich ständig darauf angesprochen oder sogar mit meinem Bruder verwechselt, aber das war auch schon früher so. Nur teile ich den Kunden jetzt kurz und knapp mit, dass ich nichts über sein Verschwinden weiß.«
    »Sie haben auch an dem Tag, nachdem Sie vormittags die Vermisstenanzeige aufgegeben haben, gearbeitet?«
    »Tag ist gut. Bis Mitternacht, weil mir genau zu Ladenschluss so eine dämliche Möwe in die Schaufensterscheibe gesemmelt ist und alles zu Bruch gegangen ist. Ich war stundenlang damit beschäftigt, den Schaden für die Versicherung zu fotografieren, die im ganzen Laden verstreuten Splitter einzusammeln und Folie zu organisieren, um das Loch notdürftig zu verschließen. In Zukunft lasse ich da Sicherheitsglas reinmachen, das können Sie mir glauben.«
    »Gibt es Zeugen dafür?«
    »Dass die Möwe in die Scheibe reingekracht ist? Die halbe Friedrichstraße hat das gesehen. Kurz vor Ladenschluss ist immer noch jede Menge los.«
    »Nein, ich meine dafür, wie lange Sie mit den Aufräumarbeiten beschäftigt waren?«
    »Mein Azubi hat mir geholfen. Und kaum war ich endlich aus dem Laden draußen, war ich so k.   o., dass ich Bremse und Gas verwechselt und mein Auto volle Lotte auf den Friesenwall gesetzt habe, von wo mich Ihre Kollegen dann freundlicherweise wieder runtergeholt haben. Den Tag hätte ich mir echt sparen können. Das Auto hat einen Totalschaden. Aber warum fragen Sie?«
    »Läuft Ihr Laden gut?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Gibt es irgendwelche finanziellen Schwierigkeiten?«
    »Nein. Sie können gerne in meine Bücher schauen, wenn Ihnen das weiterhilft. Wir sind ein traditionsreiches, aber modernes Geschäft – meine Eltern haben es in den siebziger Jahren gegründet. Vor zehn Jahren haben sich die beiden zur Ruhe gesetzt, ich habe es nach der Übernahme komplett umgebaut, bin längst wieder schuldenfrei, und wir haben einen sehr guten Ruf in der Branche. Ganz gleich, welchen Wassersport Sie betreiben wollen – Segeln, Surfen, Tauchen –, in meinem Laden finden Sie jegliches gewünschte Zubehör in allen Preisklassen und beste Beratung.«
    »Wissen Sie etwas über die finanzielle Situation Ihres Zwillingsbruders?«
    »Ziemlich angespannt, würde ich sagen. Er hatte die besten Crêpes der Insel, aber die Möwen haben ihm das Geschäft versaut.«
    »Und wie war Ihr Verhältnis zu Ihrem Bruder?«
    »Wie das bei Brüdern eben so ist. Mal besser, mal schlechter. Wir sind Zwillingsbrüder, aber grundverschieden.«
    »Wie war Ihr Verhältnis zuletzt?«
    »Normal, wir haben uns kaum gesehen. Worauf wollen Sie hinaus? So langsam habe ich das Gefühl, Sie verdächtigen mich, am Tod meines Bruders schuld zu sein.«
    »Wir wollen auf nichts Bestimmtes hinaus. Sie müssen auch keine weiteren Fragen beantworten, wenn Sie das nicht möchten. Aber es wäre sehr freundlich von Ihnen, wenn Sie uns auf die Dienststelle begleiten könnten. Es dauert auch nicht lange. Wir hätten gern eine Schriftprobe von Ihnen. Sie haben selbstverständlich das Recht, diese zu verweigern.«
    »Schriftprobe? Noch mal: Ich habe nichts mit dem Tod meines Bruders zu tun.«
    »Dann sollte es für Sie unproblematisch sein, eine Schriftprobe abzugeben. Wir möchten wissen, ob der Abschiedsbrief echt ist.«
    »Ich habe mit dem Mord nichts zu tun!«
    »Mord? Wir ermitteln derzeit nur in einem rätselhaften Vermisstenfall. Außer Ihnen hat bis jetzt noch niemand von Tod oder gar Mord gesprochen. Aber es macht den Eindruck, als wüssten Sie mehr, als Sie zugeben wollen.«
    Sprachlos schauen wir dem Polizeiwagen nach, in dem Sönke mitfährt. Wir müssen die Informationen erst einmal gedanklich sortieren.
    »Wenn ihr mich fragt, Sönke war’s«, sagt unser Scheff. »Okay, er hat ein wasserdichtes Alibi, er kann die Leiche nicht entsorgt haben, weil ich ihm in die Scheibe gesemmelt bin und er ordentlich zu tun hatte, aber er könnte Knut trotzdem umgebracht haben.«
    »Aber wer war dann auf der ›Viktoria‹, und was hat derjenige da draußen gemacht?«, fragt Alki.
    »Mir gefällt das nicht«, denke ich laut nach. »Es könnte genauso gut Knuts Freundin Eva gewesen sein, die die Leiche mit dem Auto von der Insel gebracht hat. Gehen wir etwa die ganze Zeit völlig falschen Spuren

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