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Mordsmöwen

Mordsmöwen

Titel: Mordsmöwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sine Beerwald
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Erden. »Ja, du, Ahoi.«
    Das Pfauenorchester spielt jetzt einen Tango, und zwei der umstehenden Damen werden zum Balztanz aufgefordert. Suzette nimmt einem vorbeigehenden Pinguin zwei Schälchen ab, und ich greife zu. Sie ruft den Kellner zurück und nimmt sich auch noch einen Sekt. Dann prostet sie mir zu, aber ich kann nur noch die beiden leeren Schalen heben.
    »Warum sind denn die anderen nicht gekommen?«, fragt Suzette, offenbar ohne mir meinen Fauxpas krummzunehmen.
    Warum wohl?, denke ich. Weil wir erstens keine Einladungsfeder bekommen haben und zweitens meine Kumpel unter der Adresse sowieso nicht mehr zu finden sind.
    »Suzette, dürfte ich dich vielleicht einen Moment unter vier Augen sprechen? Es ist dringend.« Ich schiele zu einem der Hügel hinüber, hinter den wir uns so lange zurückziehen könnten, bis ich ihr mein Herz ausgeschüttet und die Lage erklärt habe.
    Suzette schaut mich durchdringend an, dann stellt sie ihre Austernschale auf einer Baumwurzel ab und sagt zu ihren Freundinnen: »Bitte entschuldigt mich einen Augenblick, ich bin gleich wieder da. Würdest du bitte auf meine Handtasche achten, Naomi?« Sie schiebt die Plastiktüte mit dem gelben Schriftzug zu ihrer Freundin rüber.
    Naomi? Jetzt erkenne ich sie auch. Ich stehe vor dem bestbezahlten Model überhaupt und erkenne sie nicht – weil meine Suzette sie in den Schatten stellt.
    Wir gehen ein paar Schritte, und ich würde ihr so gerne gestehen, wie sehr ich in sie verliebt bin, aber ich bin eben nicht nur verliebt, sondern in erster Linie ein Feigling. Also komme ich wieder auf das sachliche Thema zurück und erkläre ihr, warum wir unbedingt fünfzig Makrelen benötigen und ich ihre Hilfe brauche. Ihre Hilfe und die der gesamten Truppe.
    Suzette macht große Augen angesichts all der Neuigkeiten, die in Kurzform auf sie herniederprasseln, aber noch bevor sie mir antworten kann, höre ich eine andere Stimme hinter mir.
    »Wo gehst du denn hin, mein Schnäbelchen?« Mogulis. Wie aus dem Nichts ist er bei uns aufgetaucht. In der Menge der Möwen erkennt er mich nicht gleich, wohl auch weil er nicht mit mir rechnet, aber ich erkenne, dass nun entweder mein letztes Stündlein schlägt oder meine große Stunde gekommen ist.
    Bevor Suzette irgendwas sagen kann, mache ich einen Schritt auf sie zu und nehme ihren Flügel.
    »Auf die Tanzfläche geht sie«, sage ich so laut und vernehmlich, dass selbst die Möwen weiter hinten die Köpfe nach uns drehen. »Darf ich bitten, Madame?«
    »Ahoi!« Suzettes Ausruf klingt mehr nach Überraschung als nach Protest, und schon befinden wir uns inmitten der Tänzer.
    Schritt, Schritt, Wiegeschritt und Abschlussschritt. Promenade, mit Schwung in die Rechtsdrehung – die Fläche gehört uns. Ich habe es geschafft. Mogulis schaut uns vom Rand der Tanzfläche aus wie versteinert zu. Meine innere Anspannung weicht, die Welt um mich herum verschwimmt, ich konzentriere mich allein auf unseren Tanz, darauf, Suzettes Körper zu spüren, ihre Rundungen. Sie ist mir nah, zum ersten Mal, und ich möchte, dass es nie aufhört.
    »Das fühlt sich so schön an«, raune ich ihr zu.
    Suzette kichert. »Ja, das ist lustig, mit dir zu tanzen.«
    Lustig. Das ist nicht lustig, das ist hocherotisch. Ich kann mich gerade noch beherrschen, sie nicht gleich zu begatten.
    »Du riechst gut.« Ich seufze genießerisch und versuche so, mein Verlangen etwas deutlicher auszudrücken. Dass Weibchen aber auch immer nur den guten Freund in mir sehen.
    »Das ist feinstes Eau de Watt – hat Mogulis mir geschenkt.«
    Mogulis. Natürlich. Und natürlich weiß ich, dass dieser Tanz ein Ende nehmen wird und das höchstwahrscheinlich schon, bevor die Musiker bei den letzten Takten angekommen sind. Im Augenwinkel erkenne ich Mogulis’ Gesichtsfarbe, und die verheißt nichts Gutes.
    Ich straffe den Rücken, stelle die Flügelbuge raus und ziehe Suzette sanft, aber bestimmt noch näher an mich heran. Vielleicht hätte ich das nicht tun sollen – nein, Mogulis steht immer noch unbeweglich am Flächenrand, aber haben Sie schon mal Domino gespielt? Ich spiele es gerade. Mit Möwen.
    Vor lauter Nervosität trete ich mir beim zackigen Abschlussschritt selbst auf den Fuß, will weitertanzen, strauchle, suche rückwärts mein Gleichgewicht, stoße gegen ein anderes Paar, halte mich an Suzette fest – aber sie kann mich nicht halten, und wir fallen zusammen um. Mit uns der Reihe nach so ziemlich alle Möwen auf der Tanzfläche.
    Hey, mit

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