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Mordsonate

Mordsonate

Titel: Mordsonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O. P. Zier
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anderen Geräusch vernommen. Doch mit welchem? Mit welchem nur? Sie würde draufkommen … ganz sicher würde es ihr einfallen, sobald sie sich etwas beruhigt hatte, denn was sie hörte, prägte sich ihr viel besser ein als das, was sie sah. Das hatte schon ihre Volksschullehrerin festgestellt, als ihr Birgits musikalisches Talent aufgefallen war. Ein unglaubliches Gehör, wie die Lehrerin ihren Eltern gesagt hatte, als sie diese beschwor, sie zusammen mit ihrer Freundin Anja Klavier lernen zu lassen. Es würde ihr wieder einfallen, ganz bestimmt! Weil sie sich beruhigen würde. Sie war zuversichtlich, dass der Unbekannte nicht vorhatte, sie umzubringen, denn sonst hätte es keine Augenbinde gebraucht. Eins und eins könne sie nämlich noch zusammenzählen. Und ganz unerwartet stieg in dem Mädchen so etwas wie ein Triumphgefühl auf.
    »Na mach schon«, forderte sie die Stimme ungeduldig auf, und Birgits rechte Hand tastete vorsichtig nach der Klobrille. In die Linke hatte ihr der Unbekannte sogleich nach dem Lösen der Fessel eine Rolle Klopapier gedrückt. Er hatte versprochen, ihr nicht zuzuschauen, wenn sie seine Anweisungen befolge.
    Das Mädchen wollte sich alles einprägen für später, wenn es wieder frei wäre … Die Klobrille, stellte Birgit fest, war aus Holz. So wie die bei Oma und Opa im Pinzgau.
    »Vergiss nicht, dass du nachts keine Gelegenheit mehr hast, aufs Klo zu gehen«, sagte die Stimme. »Melde dich also erst, wenn du wirklich fertig bist. Nicht früher. Ich schau schon nicht zu.«
    Als sie das hörte, war Birgit sich sicher, dass er tatsächlich nicht schauen würde. Er musste also etwas anderes mit ihr im Schilde führen als das, wovor sie in der Schule immer so eindringlich gewarnt wurden. Aber wenn er Lösegeld … wie sollten ihre Eltern das aufbringen? Obwohl sie diese Überlegung wieder beunruhigte, hatte Birgit kein Problem, ihr Geschäft zu verrichten.
    Anschließend wurde sie in den Raum zurückgeführt. Und plötzlich von dem Unbekannten so ruckartig zum Stehen gebracht, als wäre sie sonst in ein fahrendes Auto gelaufen. »Aufpassen!« warnte der Mann in schneidendem Ton. »Da ist die Grube …« Birgit fuhr zusammen, sie hatte starkes Herzklopfen, als sie an Händen und Füßen wieder an das Bettgestell gefesselt wurde. Er gestehe ihr einen Spielraum zu, damit sie halbwegs bequem liegen könne. Denn dass sie nicht auf bestimmte Gedanken komme, dafür sorgten andere
Wesen
, wie die Stimme geheimnisvoll sagte. Wesen, die dort seien, wo sie fast hineingefallen wäre, wenn er sie nicht rechtzeitig zurückgehalten hätte. Sie solle also einfach nur schlafen. Denn wenn sie versuche, sich loszureißen, würde das schreckliche Folgen haben. »Auch wenn ich jetzt nicht da bin, vergiss nicht: Du bist nicht allein! Nein! Dafür habe ich nämlich sehr gut vorgesorgt, das kannst du mir glauben. Auch wenn du schreist, hören dich nur die … du weißt schon, diese Tierchen in der Grube! Du wirst sie bestimmt auch hören können, sobald du mit ihnen allein bist … du mit deinem … absoluten Gehör! Ich rate dir, ruhig liegen zu bleiben, denn sonst könnte es sein, dass du … hinunterfällst … in die Grube … wo schon auf dich gewartet wird … oder du lockst sie herauf, wenn du keine Ruhe gibst …«
    Birgit hielt vor Angst den Atem an und lauschte angestrengt. Nach einiger Zeit vernahm sie tatsächlich ganzdeutlich ein Zischen, in das sich ein Geräusch mischte, das nur von sich aneinander reibenden Schlangenkörpern stammen konnte. Als sich ihr die entsprechenden Bilder aufdrängten, jagte ihr eine Gänsehaut über den Rücken, und sie wagte kaum zu atmen.
    Dann hörte sie plötzlich die höhnende Stimme ihres Peinigers: »Du liebst sie doch auch, diese Tierchen, nicht? Da sind schon ganz prächtige Exemplare dabei, doch, doch … Und nicht gerade leicht zu bekommen, das kannst du mir glauben.«
    Wie gesagt, Schreien helfe ihr gar nichts. Und sich loszureißen, könne sehr, sehr gefährlich sein. Und wenn sie nochmals aufs Klo müsse, bis er wieder zurück sei, dann solle sie lieber ins Bett machen, anstatt groß herumzuplärren … Aber so schlimm werde es nicht sein, so viel habe sie ja nicht getrunken und auch noch nichts zu Abend gegessen. Auch könne er ihr versprechen, dass sie bald tief schlafen werde. Und wenn sie brav sei, bekomme sie morgen ein gutes Frühstück. »Also, schlaf dann!«
    Birgit hörte die Schritte. Hörte, wie die Tür geöffnet und geschlossen und bald darauf

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