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Mordspech (German Edition)

Mordspech (German Edition)

Titel: Mordspech (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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fort, »ein sehr gefährlicher Mann.« Er sieht mich an. »Mit viel Einfluss. Und er handelt nicht nur in Bosnien mit Waffen.«
    Allmählich verstehe ich. »Wo noch?«
    »Allein in den letzten fünf Jahren«, antwortet Enzo, »ist er mehrmals in Berlin aufgetaucht. Immer unter falschem Namen: Muhammad Abd el-Karim, Ibrahim Bakr, Cheirallah Kassim …
    »Der richtige, Enzo«, unterbreche ich seine Aufzählung, »mich interessiert nur der richtige Name. Und was hat er für Kontakte?«
    »Questo è il problema!« Enzo hebt resignierend die Hände. »Das ist das Problem: Seine Kontakte sind zu gut. Niemand kann ihm etwas anhaben. Außer vielleicht Saddam.«
    »Saddam?«
    »Saddam Hussein«, antwortet Enzo bekümmert, »der irakische Staatschef. Jassim Tulfah führt eine seiner Eliteeinheiten zur Beschaffung von Waffen.«
    »Moment mal, Enzo: Sagtest du Tulfach?«
    »Tulfah, Signor Commissario. Tulfah.« Enzo spitzt seinen Mund und macht eine entsprechende Geste. »Mit sehr, sehr weichen chh. – So sprechen es die Araber.« Er lehnt sich zurück und sieht mich prüfend an. »Du kennst ihn?«
    »Kennen ist übertrieben«, antworte ich nachdenklich. »Aber ich war in Altgrieben, wo dieser alte Chemiewaffenbunker ist. Und dort ist mir ein irakischer Offizier aufgefallen. Er wurde von den anderen Genosse Tulfach genannt.«
    »Nicht Tulfach.« Enzo wedelt mit den Händen. »Tulfah! Tulfah, mit ganz weich…«
    »Mit ganz weichem ch, schon klar.«
    »Er hat besorgt die Waffe von deine Killer. Eine Arctic Warfare. Die Waffe, mit der getötet wurde der Fahrradbote, capite ?«
    »Du hast gesagt, dieser Tulfach hat Kontakte. Wohin?«
    »Governo ladro«, flucht Enzo, »Scheißregierung! Du kannst machen nix!«
    »Geht’s nicht präziser? Wohin hat er Kontakte, Enzo?«
    »Ich sage doch: Regierung! Alle korrupt. Tulfah schmiert, und alle schweigen. Tulfah schmiert mehr, und wer stört, verschwindet. So läuft das!«
    »Wo? Im Irak?«
    »Cazzo!« Enzo tippt sich heftig gegen die Stirn. »In Deutschland naturalmente ! Wo sonst?« Kopfschüttelnd sieht er mich an. »Was glaubst du, wo du lebst?«
    Ja, vielleicht bin ich naiv, aber ich glaube auch nach fünfundzwanzig Jahren Polizeidienst noch an den Rechtsstaat. Auch wenn es mitunter schwerfällt.
    »Dieser Tulfah«, fährt Enzo fort, »Tulfah, nicht Tulfach, klar? Dieser Tulfah also hat starke Unterstützer beim Militär, beim Staat, in der Industrie. Ich weiß, du bist Polizist. Du willst Gerechtigkeit und Ordnung. Aber mit einem Tulfah man sollte sich besser nicht anlegen, amico . Du siehst an Kawelka, wohin das führt.«
    »Zwei Leute sind umgekommen, Enzo«, erwidere ich sehr ernst. »Und ein Dritter liegt schwer verletzt im Krankenhaus. Jemand ist dafür verantwortlich. Und er wird sich seiner Verantwortung stellen müssen. Vor Gericht. Wo kämen wir sonst hin?«
    » Ma figurati! Wir kommen auch so nicht in den Himmel«, antwortet Enzo genauso ernst. »Es macht also Sinn, noch etwas zu leben.«
    »Bin ich in Gefahr?«
    Enzo besieht sich den Ramazzotti in seinem Glas und nickt langsam. »Lascia perdere!«
    »Ich soll es sein lassen? Enzo!« Wofür hält der mich? »Ich kann doch die Ermittlungen nicht ruhen lassen, bloß weil so ein dahergelaufener Iraker hier den bösen Chemie-Ali spielt!«
    »Wenn du es nicht lässt«, Enzo trinkt seinen Ramazzotti mit einem Zug aus, »werden sie dich stoppen. Deine eigenen Leute werden dir die Haut abziehen, amico. Tirare le cuoia. Ohne Erbarmen.«
    Der Wagen stoppt wieder vor meinem Haus. Wir sind genau einmal um den Häuserblock gefahren, und Enzo öffnet die Tür.
    »Acqua in bocca!«
    Das sagt er öfter zum Abschied. Ich soll kein Wort über unser Gespräch verlieren. Man hat sozusagen »Wasser im Mund«.
    »Wiedersehen, Enzo.«
    Ich steige aus und spüre, wie die Angst in mir hochkriecht. Denn es gibt keinen Grund, die Warnung des alten Briganten nicht ernst zu nehmen. Der weiß in der Regel sehr genau, wann es gefährlich wird. Das hat so ein alter Mafioso gewissermaßen im Blut.
    Deine eigenen Leute werden dir die Haut abziehen.
    Wen meint Enzo damit? Die Kollegen? – Hünerbein? Palitzsch? – Absurd. Hünerbein ist seit vielen Jahren mein Partner, was hab ich mit dem schon alles für Schwierigkeiten durchgestanden. Ein feiner Kerl, absolut loyal. Ich kenne ihn. Der würde mich nie verraten.
    Und Palitzsch ist zwar eine autoritäre Nervensäge, aber absolut unbestechlich. Der fürchtet zwar stets um seinen guten Ruf und seine

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