Mordspech (German Edition)
pferdeartigen Falbenfarbe? Der Hund, der »bei uns eingebrochen« ist? Das ging ja schnell … »Bist du noch dran, Harry?«
Ich höre ihn nicht mehr. Irritiert schaue ich auf mein grasgrünes Siemens-Handy. Der Akku hat den Geist aufgegeben. Das waren zu viele Gespräche heute. Da kommt die moderne Technik nicht mit. Ich schalte das Handy aus und wieder an. Manchmal hilft das. Heute nicht. Auch gut. Irgendwie beruhigend.
Die haben den Hund gefunden. Irre!
Ich verzichte auf das dritte Bier, zahle und mache mich zügig auf den Weg in die Dienststelle.
Im Büro hocken sämtliche Kollegen um einen krummbeinigen, drahtigen American Pit Bull Terrier herum und füttern ihn mit Pausensnacks und Butterbroten.
Nur Palitzsch hat seltsamerweise mit einer Tasse Tee auf einem Schreibtisch Zuflucht gesucht: »Bei solchen Hunden weiß man ja nie, also seid vorsichtig, Männer!«
»Ach was, der ist doch ganz lieb«, findet Matuschka, und Hünerbein sekundiert: »Solange wir ihm was zu fressen geben, tut er uns nichts, was? Ja, bist ein Guter, jaaah, ein ganz Guter.«
»Es ist immerhin ein Kampfhund«, mahnt Palitzsch auf seinem Schreibtisch.
»Ja, die sind scharf«, weiß Matuschka, »und abgerichtet auf Hundekämpfe. Menschen gehen die normalerweise nicht an.«
»Normalerweise«, winkt Palitzsch ab. »Hoffentlich weiß der Hund das auch.«
»Hunde sind nur Tiere, und die kennen keine Bosheit«, doziert Beylich, »die hat der Mensch dafür umso mehr. Folglich sind selbst bei bissigen Tieren meist nicht die Hunde das Problem, sondern deren Halter.«
»Und wer ist der Halter dieses Tieres?« Interessiert sehe auch ich mir den Hund an. Falbenfarbig, wie Damaschke sagen würde. Dieselben Haare wie bei uns auf dem Fußboden.
»Unser toter Skinhead aus der S-Bahn«, antwortet Hünerbein und schaut auf. »Wieso hast du denn einfach aufgelegt?«
»Der Akku war alle«, erwidere ich und gucke verblüfft auf den Pit Bull. »Der gehörte dem Skinhead aus der S-Bahn?«
»Den die Oma umgenietet hat«, nickt Hünerbein. »Du erinnerst dich: Hohen Neuendorf?«
Ja, klar, ich bin ja nicht senil. Aber trotzdem passt es nicht. »Als der Hund bei mir in der Wohnung war, war der Skinhead doch längst tot.«
»Wieso war der Hund bei dir in der Wohnung?« Hünerbein zieht fragend die Nase kraus. »Den haben die doch am Kottbusser Damm aufgelesen.«
Ich greife zum Telefon und wähle Damaschkes Nummer.
»Der hatte ’ne Marke um den Hals«, erzählt Hünerbein weiter. »Die Streife wollte den Halter ermitteln und fand heraus, dass der tot ist und der Fall bei uns liegt. Deshalb ist das Viech jetzt hier. Und keiner will ihn haben. Wieso der vorher in deiner Wohnung gewesen sein soll, erschließt sich mir jetzt so gar nicht, aber wenn du ihn wieder in deiner Wohnung haben willst, kannst du ihn gerne haben. Der Arme sucht ein neues Herrchen und …«
»Harry, jetzt halt doch mal den Rand!« Ich habe Damaschke am Telefon. »Jürgen: Wir haben hier einen falbenfarbigen Hund. Könnt ihr kurzfristig mal die Haare von dem analysieren?«
Damaschke mault, verspricht aber, gleich rüberzukommen.
»Danke.« Ich lege wieder auf.
»Was wollte denn der Paulsen von Ihnen?«, erkundigt sich Palitzsch von seinem sicheren Platz auf dem Schreibtisch aus.
»Sind Sie eigentlich sicher«, antworte ich mit einer Gegenfrage, »dass der Paulsen wirklich beim BKA ist?«
»Aber ja«, nickt Palitzsch, »ich habe mich erkundigt. Fähige Leute, wie man hört.«
Ja, sehr fähig, denke ich. Die nehmen sogar Kinder als Geiseln, wenn es etwas zu vertuschen gibt.
»Also?« Palitzsch lässt nicht locker. »Was war da zwischen Ihnen beiden vorhin im Flur? Sie sahen so blass um die Nase aus, Knoop.«
»Ich habe mich zu weit aus dem Fenster gelehnt, fürchte ich«, antworte ich wahrheitsgemäß. »Ich habe einen Mikrofilm mit geheimen Dokumenten sicherstellen können, die möglicherweise die Hintermänner der dubiosen nächtlichen Flüge in Altgrieben offenbart hätten.«
»Aber?«
»Paulsen und Goerdeler müssen dahintergekommen sein. Sie haben mir den Film wieder abgenommen.«
Palitzsch holt sich einen Stuhl auf den Schreibtisch und setzt sich vorsichtig drauf. »Normalerweise sind Sie doch um keine Ausrede verlegen, wenn Sie sich etwas in den Kopf gesetzt haben, Knoop.«
»Stimmt«, nicke ich.
»Und bei den beiden BKA -Leuten ist Ihnen nichts Passendes eingefallen?«
Ich schüttele den Kopf.
»Oder wurden Sie unter Druck gesetzt?«
»So kann man’s auch
Weitere Kostenlose Bücher