Mordspech (German Edition)
bekam einen unangenehm scharfen Klang, »sondern, wo er zurzeit steckt! Warum ist er nicht hier, der Knoop? Wo treibt er sich rum?«
»Ermittlungstechnische Gründe«, erwiderte Hünerbein kleinlaut.
»Ermittlungstechnische Gründe?« Palitzsch hob interessiert die sorgsam gezupften Augenbrauen. »Nur zu, Hünerbein, berichten Sie! Ich bin gespannt.«
»Er schützt eine gefährdete Person.«
»Höchstselbst? Haben wir da nicht andere Kräfte? – Frau Berger, bitte!« Palitzsch hielt seiner Sekretärin die Teetasse hin, auf dass sie ihm nachschenke. »Vielen Dank. – Soweit ich weiß«, wandte er sich wieder an Hünerbein, »sind für den Personenschutz uniformierte Beamte des mittleren Dienstes zuständig.«
»Die waren nicht zu bekommen.« Hünerbein hob beschwichtigend die Hände. »Wir haben da lediglich einen Verdacht, der nicht durch Fakten gestützt werden kann. Noch nicht.«
»Ach! Und was haben Sie für einen Verdacht?« Palitzsch platzte bald vor Ungeduld. »Nun lassen Sie sich doch nicht jedes Wort aus der Nase ziehen, Hünerbein. Klären Sie uns auf!«
»Nun«, Hünerbein räusperte sich langatmig und tupfte sich den Schweiß von der Stirn, »wir gehen von der Annahme aus, dass der Fahrradkurier nur ein zufälliges Opfer war. Dass eigentlich jemand anderes getroffen werden sollte.«
»Wer?« Palitzschs Frage hing wie ein Schuss im Raum.
»Na, Knoops Tochter«, antwortete Hünerbein und kratzte sich unbehaglich an der Nase, »deshalb will er sie ja unbedingt selbst beschützen. Oder würden Sie das anderen überlassen? Wenn es um Ihre eigene Tochter geht?«
»Was ich tun würde und was nicht, steht hier nicht zur Debatte.« Kriminaloberrat Palitzsch setzte sich wieder. »Gibt es sonst noch Hinweise, die für Knoops Tochter als mögliches Ziel sprechen? Außer, dass sie da rein zufällig durch die Gegend tanzte?«
»Sie tanzte nicht, sie kam aus dem Haus«, schnaubte Hünerbein, »und zwar ganz normal. Wie jeden Morgen. Es ist durchaus im Bereich des Vorstellbaren, dass der Täter genau darauf gewartet hat.«
»Drei- bis vierhundert Meter entfernt? Hören Sie, Kollege Hauptkommissar Hünerbein, wenn Sie nicht in die Abteilung Verkehrsdelikte wechseln wollen, sollten Sie jetzt aber zügig mit ein paar Fakten kommen!« Palitzsch schüttelte missbilligend den Kopf. »Worauf stützen Sie denn Ihre doch sehr gewagte These, mhm?«
»Na ja, ich habe die Wohnung der jungen Frau durchsucht. Mit Zustimmung des Kollegen Knoop natürlich, um tatrelevante Hinweise zu finden …«
»Und? Was gefunden?« Palitzschs Hohn war sprichwörtlich. »Arbeitet Knoops Tochter für ein kolumbianisches Drogenkartell? Ist sie im Menschenhandel aktiv, oder versucht sie das Milieu am Stutti zu übernehmen? – Ich meine, wir haben es hier ganz offensichtlich mit einem Scharfschützen zu tun, richtig? Einem Profikiller, wie Sie es nennen.« Er wandte sich beifallheischend an die übrigen Ermittler: »Ergo muss es um etwas gegangen sein, habe ich recht, meine Herrn? Etwas Großes!«
»Waffenhandel wäre auch eine Möglichkeit«, vermutete Matuschka allen Ernstes.
»Durchaus.« Palitzsch wandte sich wieder an Hünerbein: »Und? Handelt die Tochter unseres verehrten Kollegen Kriminalhauptkommissar Knoop mit Waffen?«
»Quatsch!« Hünerbein winkte heftig ab. »Melanie ist Studentin. Völlig harmlos.«
»Schön, dass Sie endlich zur Vernunft kommen.« Palitzsch nippte am Tee. »Dann können wir ja weitermachen. Was haben wir zum Fahrradkurier?«
»Zuletzt gemeldet Birkenstraße 30 in Moabit.« Oberkommissar Egon Beylich erhob sich zackig. »Wir haben die Wohnung bereits durchsucht. Offenbar war der Tote früher in der APO aktiv, sozialistischer Studentenbund und so weiter. Galt in den siebziger Jahren als aktiver Unterstützer der Bewegung Zweiter Juni.« Er sieht auf. »Das sind die …«
»… die den Lorenz entführt haben«, nickt Palitzsch ergeben. »Und ich dachte, die Bande hätten wir schon vor zwanzig Jahren erledigt.«
»Das haben wir auch.« Beylich schob sich die Hornbrille auf die Nase und blätterte in seinen Unterlagen. »Aber einige von denen leben immer noch im Untergrund.« Er sah auf. »Möglich, dass es da noch Kontakte gibt. Zudem gehörte der Ermordete einem sozialen Netzwerk an, das sich um inhaftierte RAF -Genossen kümmert.«
»Mhm«, Palitzsch nickte nachdenklich, »dann haben wir eine Verbindung zur linksextremen Szene?«
»Einiges deutet darauf hin«, nickt Beylich, »wir sichten die
Weitere Kostenlose Bücher