Mordspech (German Edition)
Furchtbar.
Und schlagartig fällt mir meine Übelkeit wieder ein. Oh mein Gott, ich spüre regelrecht, wie ich vom Gestank in dieser Leichenhalle und meinen Gedanken zerrieben werde. Unerträglicher Brechreiz bemächtigt sich meiner. Wie ein Tsunami, der aus dem Inneren meines Körpers dringt.
Ein Nazibunker und zwei Tote! Einer erschossen, der andere erdrosselt und vergiftet mit einem ätzenden, giftigen Zeug! Chlortrifluorid! Ekelhaft!
Es ist buchstäblich zum Kotzen!
»Entschuldigt mich«, würge ich überwältigt hervor und stürze hinaus.
17 » FOLGEN SIE mit den Augen meinem Zeigefinger. Und nicht den Kopf dabei bewegen. Nur die Pupillen.« Der lange, säbelartig gekrümmte Zeigefinger des Unfallarztes wanderte vor Meyers Kopf hin und her. »Sehr gut. Piept’s noch in den Ohren?«
Ja, es piepte noch. Verdammt hohe Frequenzen waren das, kaum auszuhalten. Aber es wurde langsam besser. Immerhin konnte Meyer den Arzt schon ganz gut verstehen.
»Was ist mit meinem Wagen?«
»Ja, den«, der Arzt lachte etwas zu laut drauflos, »den können Sie vergessen. So’n Autobömbchen ist ja schließlich kein Chinaböller, was? – So, und jetzt konzentrieren Sie sich mal bitte auf das Licht hier.«
Unfug! Das dämliche Licht konnte ihm gestohlen bleiben. Irgendwer hatte ihn in die Luft sprengen wollen, Himmel und Hölle noch mal!
Meyer sprang auf. Immerhin war er nicht verrückt. Er hatte ein Gefühl gehabt, ein Gefühl der Beobachtung, von dumpfer Bedrohung und Gefahr, und es hatte sich als richtig erwiesen, als absolut korrekt. Seine sieben Sinne funktionierten wie ein Uhrwerk, großartig!
»Wo bin ich überhaupt?«
»Auguste-Victoria-Krankenhaus. Die Notaufnahme.«
Na wunderbar, da wollte Meyer doch ohnehin hin. »Ist meine Tochter noch hier? Melanie? Melanie Droyßig – sie trägt den Namen meiner Exfrau, wissen Sie«, er reckte den Hals, »die auch hier sein müsste …«
»Beruhigen Sie sich und schauen Sie ins Licht!«
»Jetzt lassen Sie mich doch mal mit Ihrem Scheißlicht in Ruhe!« Meyer rannte hinaus in den Gang und brüllte: »Melanie! – Scha-hatz! – Ich bin’s, der Siggipapa!«
»Siggi!« Monika stand plötzlich vor ihm und sah ihn verblüfft an. »Ist was passiert? Du siehst irgendwie seltsam aus!«
»Ach was, ich fühle mich prima. Wo ist Melanie?«
»Sie wird gerade entlassen!« Monika strich ihm besorgt über die Stirn. »Aber was ist mit dir?«
»Nichts. Mein Wagen wurde gesprengt, und in meinen Ohren piept’s, aber sonst bin ich okay. Wir können los, wenn ihr so weit seid.«
»Moment mal, Herr Meyer«, der Arzt mit den Säbelfingern kam angerannt, »noch sind wir hier nicht fertig mit der Untersuchung.«
» ICH BIN OKAY ! VERSTANDEN ?«
»Ja, also wenn Sie meinen …« Der Arzt wich eingeschüchtert zurück und wandte sich an Monika. »Kennen Sie ihn?«
»Aber ja, das ist mein Exmann. Er wollte uns nur abholen, glaube ich. Auch wenn …« Verunsichert sah sie Meyer an. »Was, hast du gesagt, war mit deinem Wagen?«
»Mein Eindruck hat mich nicht getäuscht«, erwiderte er stolz, »in die Luft gejagt haben sie ihn. – Bumm! Ich hatte die ganze Zeit so ein blödes Gefühl. War deswegen sogar beim Psychologen. Aber ich bin völlig in Ordnung, das ist ja jetzt bewiesen.«
»S-sie haben dein Auto …« Monika war entsetzt. »Wer hat dein Auto …?«
»Egal!« Meyer winkte großspurig ab. »Soll sich Dieter drum kümmern. Ist schließlich sein Job.«
»Wollen Sie ihn jetzt mitnehmen oder nicht?«, fragte der Arzt Monika, dabei sorgsam Abstand zu Meyer haltend. »Ich meine, falls er gefährlich wird, können wir auch die …«
» ICH BIN NICHT GEFÄHRLICH «, tönte Siggi, »sondern die, die mein Auto in die Luft gejagt haben! Aber so ist das im Westen, nicht wahr? Hier werden immer die Opfer zu Tätern gemacht, wenn sie nicht in Ihr blödes Licht gucken wollen!«
»Er ist nicht gefährlich«, pflichtete Monika ihm bei und zog ihr Handy hervor. »Er hat nur ein Problem mit den gesellschaftlichen Umwälzungen der letzten Jahre …«
»Hier nicht telefonieren, bitte!« Der Arzt hob die Hände. »Im gesamten Krankenhaus herrscht Handyverbot.«
»Wegen der Instrumente, ich weiß.« Monika steckte ihr Handy wieder ein. »Ich wollte nur …«
»Siggi!« Melanie kam angerannt. »Das ist ja eine Überraschung!«
»Geht’s dir gut, schönste aller Töchter?« Er wirbelte sie überschwänglich herum. »Ist alles okay?«
»Na ja, war schon ein ziemlicher
Weitere Kostenlose Bücher