Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt
überliefert. In und um Erfurt kam es beispielsweise von 1312 bis 1314 zu einer derartigen Nahrungsmittelknappheit, dass je nach Kräfteverhältnissen die Eltern ihre Kinder aßen – oder umgekehrt.
Aus beißendem Hunger tötete zu dieser Zeit auch der Messerschmied Jonas Düring aus Münster seine Magd. Er und seine Frau aßen sie danach auf. Da der Hunger aber wiederkehrte, nachdem die Magd verzehrt war, stahl Düring nun die Leiche eines hingerichteten Straßen- und Kirchenräubers. Der Diebstahl an sich war nicht weiter schwierig: Die Leiche des Geräderten war zur Abschreckung zur Schau gestellt worden und leicht erreichbar. Am dritten Abend nach der Hinrichtung nahm der Messerschmied die Leiche einfach mit nach Hause und »fraß das dicke Fleisch von dem Armen und sog begierig das Geblüt aus den Armen« (es war wohl eher Fäulnisflüssigkeit, kein reines Blut; M. B.). Die Verzweiflungstat nützte Düring aber nichts – kurz darauf verhungerte er trotzdem.
Gevatter Todt (1673)
Der folgende Fall des Täters Georg Todt ist interessant, weil sein Menschenmahl mit einer angeblich satanischen Gesinnung in Zusammenhang gebracht wurde. Das ist eine auch heute noch häufige Reaktion, wenn besonders ungewöhnliche Ereignisse unser Denken herausfordern. Zwar ist es richtig, dass vor allem Menschenherzen lange Zeit von Abergläubischen begehrt wurden. Dass der Teufel persönlich hinter diesem Verlangen stecken soll, macht das Leben zwar einfacher, weil man dann einen nicht menschlichen Schuldigen hat. Der eigentlichen Ursache kommt man mit dem Glauben an Satans Macht aber nicht auf die Spur. Ohnehin – was ist der Teufel schon mehr als die düster brodelnden Fantasien, die jeder Mensch in sich trägt?
Zur Tat: Am 16. Dezember 1673 ermordete der Hufschmied Georg Todt in Naumburg seinen Handlanger Samuel Sultze. Das Opfer war zweiundzwanzig Jahre alt und hatte am Tag des Mordes in der Scheune gearbeitet. Nach erledigter Arbeit war Sultze zu seinem Chef in die Küche gegangen, wo er zu Abend aß und mit Todt plauderte. Die vom Täter vorgegaukelte Alltagsnormalität wurde hinterher übrigens als gemeine Falle (Hinterlist) bewertet.
Kaum hatte sich Sultze nach dem Essen zur Ruhe gelegt, als der Täter dem schlafenden Opfer den Kopf einschlug. Die Schlafkleidung der Leiche zerriss er »in zwei Stücke«. Dann zog er der Leiche auf der Vorderseite des Körpers, vom Hals abwärts bis zu den Fußsohlen, die Haut in Streifen ab.
Schließlich löste Todt die Daumen und den Penis des gehäuteten Dienstboten ab, um zuletzt sein Herz und die Hälfte der Leber herauszuschneiden. Die Organe legte er sich unters Bett und bestreute sie mit Salz; den Rest der Leiche schleppte er in den Keller und warf Steine darauf.
Das Zerlegen und Beseitigen der Leiche dauerte fast die ganze Nacht. Trotzdem hatte der zweite Knecht im Haus nichtsvon alldem bemerkt. Am nächsten Morgen fragte er also seinen Chef nach dem (längst toten) Samuel, bekam aber nur die Antwort, dass der »mit den Fuhrleuten« nach Leipzig gefahren sei.
Allerdings waren im ganzen Haus Blutflecken zu sehen. Der Täter hatte zwar Asche darauf gestreut, um sie aufzusaugen, das hatte aber nicht viel geholfen. Auf den größten Blutfleck hatte er daher einfach den Hackklotz gestellt. Das kam dem Knecht nun aber doch seltsam vor. Sein Dienstherr musste also eine bessere Geschichte erfinden, um das Blut zu erklären: Samuel habe nachts einer Katze den Schwanz abgehackt. Die blutende Katze sei die Quelle der Spuren gewesen.
Mit dieser gewagten Story ging der Dienstherr in die Wirtschaft und betrank sich erst einmal gründlich. Das war seine letzte Tat in Freiheit: Er wurde noch in der Kneipe festgenommen. Nachdem er seine Tat gestanden hatte, erhängte er sich im Gefängnis.
Warum der Hufschmied es gerade auf das Herz und die Leber seines Opfers abgesehen hatte, blieb unklar. Bei der Hausdurchsuchung war das Herz jedenfalls weder in der Leiche noch unter dem Bett des Täters gefunden worden. Daher folgerte man, dass Todt es wohl gegessen hatte. In der Küche fand man auch noch Kochgeräte samt »etwas brauner Butter« zum Braten.
Neben dem Bett des Täters lag zudem ein angeblich satanisches Buch. Als es später vom Henker verbrannt wurde, gab es »etliche Mal einen Knall wie ein Pistolenschuss«. Das erlaubte dem anwesenden Moralprediger (damals eine normale Tätigkeitsbezeichnung, keine Beschimpfung) den Hinweis, dass der teuflische Einfluss des etwa zwanzig Zentimeter
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