Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt
Carlos »Carlitos« Páez (rechts), dahinter (v. l. n. r.) Gustavo Zerbino, Eduardo Strauch, Nando Parrado und Javier Methol. Die meisten ihrer Mitreisenden hatten sie zu diesem Zeitpunkt bereits aufgegessen. (Foto: Corbis)
Einundsechzig Tage nach dem Absturz machte sich Parrado mit einem weiteren Überlebenden endlich auf den Weg, um Hilfe zu holen. Nach einer zehntägigen Tour Richtung Tal, die ausrüstungstechnisch Unmögliches (einschließlich der Erstbesteigung des Mount Seler) verlangte, trafen sie auf einen Bauern. Ein zehnstündiger Ritt des Bauern zur Polizei brachte die Rettungsaktion dann endlich ins Rollen.
Parrado wurde später Amateurrennfahrer und ist heute Vater zweier Töchter und Geschäftsführer von vier gut gehenden Firmen. »Unsere Eltern meinten nach unserer Rückkehr, wir sollten am besten eine Therapie machen«, berichtete er, »aber die Gruppe der Überlebenden entschied sich gemeinsam dagegen. Bis heute fragen mich Menschen nach den psychischen Auswirkungen des Erlebten. Ob ich Albträume habe? Böse Erinnerungen? Schuldgefühle? Nein, nichts davon. Ich habe nach dem Desaster ein glückliches Leben geführt – ohne Schuld und Bitterkeit.«
»Patient X« – ein paranoider Kannibale (1979)
In der Region Mayenne in Frankreich glaubte man 1940, als »Patient X« geboren wurde, noch an Hexen. Der im ärztlichen Bericht namenlose Patient wuchs in einem strengen Elternhaus auf, das seine Kinder auf Spur hielt. Außer häufigen Gefühlsausbrüchen erkannte zunächst niemand etwas Auffälliges am späteren Kannibalen X.
1965 heiratete er eine an Verfolgungswahn und Persönlichkeitsspaltung leidende Frau, mit der er zwei Kinder hatte. Zusammen versuchte das Ehepaar, eine Nachbarin zu töten. Die beiden wurden angeklagt, und es kam zu einem halbherzigen Freispruch aus Mangel an Beweisen. Im Alter von fünfunddreißig war Patient X endgültig und deutlich erkennbar psychotisch. Er bereiste fortan die Welt, um zu predigen.
1978 versuchte er erneut – dieses Mal allein –, einen Nachbarn zu töten. Wieder kam es zu keiner Haftstrafe. Im folgenden Jahr ertränkte Patient X seine Frau; kurz darauf versuchte er, ein neunjähriges Mädchen zu vergewaltigen und ihr Blut zu trinken. Die Mutter des Kindes überraschte den Täter aber in letzter Sekunde, sodass er davonlief.
Noch am selben Tag suchte er sich im Park das nächste Opfer. Es war ein sechzigjähriger Mann, den er tötete. Patient X bohrte mit einem Stock den Oberschenkel des Opfers auf und trank das aus der (dort sehr weiten) Schlagader austretende Blut.
Am nächsten Tag tötete der verwirrte Mann noch ein Bauernpaar, obwohl sich die Bäuerin mit einer Mistgabel tapfer wehrte. Mit dieser Tat endete die Serie, da der Täter nun endlich festgesetzt wurde. Patient X überraschte seine Psychiater mit der Aussage: »Gott hat mir befohlen, die Menschen zu töten. Weil ich durch die Taten aber Böses getan hatte, aß ich nun Sein Fleisch und trank Sein Blut. Damit folgte ich Gottes Gebot, das lautet: ›Nehmet und esset (trinket) alle davon, denn das ist mein Leib und Blut; wer dies zu sich nimmt, wird leben.‹«
Abgesehen von seinem religiös-kannibalistisch-vampirischen Wahn war der Mann völlig gesund, und auch die Messung seiner Gehirnströme ergab keine Auffälligkeiten. Sein Jesus-Zitat ist im Grunde sogar richtig, wenngleich wahnhaft verformt. Während christlicher Messen wird in der Tat Wein und Brot als »Blut und Leib« Christi ausgeteilt und gegessen oder getrunken. Bei der Wandlung (Transsubstantiation) desWeins heißt es daher: »Das ist mein Blut, das für euch und für alle vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Nehmet und trinket alle davon.«
Noch näher an den Worten des vampirischen Kannibalen (und der Priester in der heiligen Messe) ist die Bibel selbst. Im Johannesevangelium (6,56–58) heißt es: »Wer mein Fleisch isset und trinket mein Blut, der bleibt in mir und ich in ihm… wie ich lebe um des Vaters willen, also, wer mich isset, der wird auch leben um meinetwillen. Dies ist das Brot, das vom Himmel gekommen ist… Wer dies Brot isset, der wird leben in Ewigkeit.«
Versteht man das Symbol der Wandlung von »Fleisch und Blut« nicht, dann ist man eben eine schwarze Seele, die wörtlich nimmt, was geistlich gemeint ist.
Angebliches Hundefleisch (1997)
Würde man die übrigen hier geschilderten Fälle nicht kennen, könnte man denken, der folgende Fall wäre eine Propagandageschichte gegen die Diktatur in
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