Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt
Highschool und wurde in ein katholisches Internat gesteckt. Dort machte sie sich aber auch keine Freunde, weil sie zugab, lesbisch zu sein. Sie kam also zurück zu ihren Großeltern und schaffte es mit Ach und Krach, bis zum siebzehnten Lebensjahr auf einer Schule zu bleiben. Sie versuchte derweil, sich immer männlicher zu benehmen, und immer öfter wurde sie gewalttätig. Dabei tobte sie auch häufig durch das Haus der Großeltern und zerschmiss alles, was ihr in die Finger kam.
So ging es noch vier Jahre weiter, bis beide Großeltern tot waren und Tracey ein kleines Sümmchen von ihnen erbte, das sie aber schnell durchbrachte. Innerlich fühlte sie sich immer leerer. Als ihre damalige Lebensgefährtin sie verließ, schlosssie sich tagelang ein und redete mit niemandem. In diese Trennungszeit fiel ihr Treffen mit der selbstmörderischen Lisa Ptaschinski.
Als man nach dem Mord über Traceys Persönlichkeit urteilen sollte, prallten – wie vor allen Gerichten der Welt – zwei Meinungen aufeinander: Die Polizei war sich sicher, eine Psychopathin verhaftet zu haben, die sehr wohl für das verantwortlich war, was sie tat. Einige der befragten Psychiater tippten hingegen auf die damals modische Diagnose einer multiplen Persönlichkeit. Das Gericht selbst entschied sich erneut, wie fast immer in solchen Fällen, für die Schuld- und Einsichtsfähigkeit der Angeklagten. Das bedeutete: Gefängnis, nicht Psychiatrie.
Über die Lebensgeschichte von Traceys Freundin Lisa wurde weniger bekannt. Angesichts ihrer gut hundert Selbstmordversuche gab es aber keinen Zweifel, dass sie seelisch beschädigt war. In den psychiatrischen Befragungen und vor Gericht gab Lisa zudem an, dass ihre Freundin Tracey ein höheres Wesen sei. Ihre Angst vor den übernatürlichen Kräften habe sie dazu gebracht, den Mord zu begehen.
Auch diese Aussage glaubte die Polizei nicht. Denn von fremden Mächten hatten die Mädchen eben nur dem Psychiater gegenüber, nicht aber gegenüber der Polizei gesprochen. Also wurde vermutet, Teufel und Vampirismus seien einfach eine Finte des Anwalts.
Das ist eine deutliche Gleichheit zum Fall von Daniel und Manuela Ruda: Auch ihnen nahm keiner so recht ab, dass sie ernsthaft an den satanischen Unsinn glaubten, den sie als Beweggrund für die Ermordung ihres Freundes angaben. Doch ganz so einfach ist es nicht. Denn es fällt zwar leicht, den Irrglauben an Teuflisches als Spinnerei abzutun – aber das heißt nicht, dass ein Angeklagter nicht trotzdem daran glauben kann.
Das Gericht entscheidet
Doch zurück zu Tracey und ihren Freundinnen. Alle vier wurden angeklagt. Die schweigsamste Person des Bundes lieferte dabei die wohl abwegigste Begründung der angeblich übernatürlich bedingten Taten: Der magische Bann von Tracey sei entstanden, weil bei einem Treffen der vier ein Kruzifix zerbrochen sei: »Von diesem Moment an konnten wir uns gegen Traceys Kräfte nicht mehr wehren«, erklärte sie. Wie groß die Kräfte der Anstifterin des Übels waren, offenbarte sich unter anderem daran, dass Tracey sich angeblich sogar unsichtbar machen konnte – bis auf ihre Katzenaugen. Die blieben immer sichtbar…
Ein schon älterer Journalist, Theater- und Romanautor aus Australien, Frank Moorhouse, der schon einiges gesehen hat, seufzte zu diesem Fall: »Mit Übersinnlichem hat das alles natürlich überhaupt nichts zu tun. Die Wurzel des Übels war die frömmelnde, einengende und untolerante (sic!) Stimmung im damaligen Brisbane. Das war der wahre ›Keim des Bösen‹, sonst nichts. Es war aber natürlich für alle Beteiligten einfacher, an Wahnsinn oder Vampire zu glauben, anstatt den Dreck unter dem eigenen Teppich wieder hervorzukehren.«
Doch nicht nur den liberalen Stimmen, sondern auch dem Staatsanwalt platzte der Kragen. »Es geht hier doch, bitte sehr, um Qualen, Blut und Mord«, versuchte er den Angeklagten während der Gerichtsverhandlung nahezubringen. »Wie kann es beispielsweise sein, dass keine von Ihnen ihr Gesicht vor dem Opfer versteckt hat? Von wegen Übersinnliches! Sie alle – und nicht nur Tracey – haben den Mord von Anfang an geplant. Deswegen brauchten Sie auch keine Angst haben, dass das Opfer Sie wiedererkennt.«
Die Richter sahen es ähnlich. Tracey und Lisa wurden zu lebenslanger Haft verurteilt, Kim erhielt achtzehn Jahre. Freigesprochen wurde nur das stille Mädchen, das sich vor Katzenaugen und zerbrochenen Kruzifixen tödlich gefürchtet hatte.
Und damit endet dieses angebliche
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