Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt
und später auch Radfahren – nachging.«
Ist das nicht eine seltsame Charakterminiatur für einen Täter, den über zwanzig Jahre lang der Mord an seiner Gattin auf die Seele drücken musste und der trotz seiner belastenden Tat die zwei gemeinsamen Kinder sowie eine adoptierte Tochter liebevoll aufgezogen hatte?
Wenn man genauer hinschaut, erhält das Bild aber rasch Risse. Die Familie bestand zum Zeitpunkt des Mordes nämlich schon gar nicht mehr. Frau Park hatte sich nach mehreren Affären 1974, im siebten Ehejahr, von ihrem Mann getrennt. Im März 1975 wurde Gordon Park daher das Sorgerecht für die Kinder zugesprochen. Das bewegte Frau Park, noch einmal nach Hause zurückzukehren. Lange hielt sie es dort aber nicht aus. Am 17. Juli 1976 verschwand sie erneut, dieses Mal allerdings kommentar- und spurlos. Ihren Verlobungs- und Ehering ließ sie an diesem Tag demonstrativ liegen.
Park heiratete danach noch zweimal. Als die Kinder aus dem Haus waren, verkaufte er das gemeinsame Heim und zog um. Es gab aber kein Getuschel, weil Park über die ganzen Jahre ein friedlicher und freundlicher Mensch war und blieb.
Zwar war bekannt, dass Park und seine Frau sich vor deren Verschwinden heftig gestritten hatten. Herr Park sagte dazu aber nur, dass er keinem Menschen »und erst recht keiner Frau« jemals ein Haar krümmen könnte, »egal, wie sehr sie mich provoziert«. Diese Meinung teilten auch seine sämtlichen Bekannten: Park war keine Gewalt zuzutrauen.
Natürlich war Park als Ehemann der Verschwundenen trotzdem einer der Hauptverdächtigen. Mangels Leiche, Spurenoder sonst irgendwelcher fassbarer Hinweise ließen ihn die Ermittler aber rasch wieder vom Haken, und so wäre die Sache beinahe in Vergessenheit geraten.
Leiche im Nachthemd
Doch im August 1997 entdeckten vier Taucher im Coniston Water ein ungewöhnlich geformtes Bündel. Das Team hatte eigentlich gehofft, im See verlorene Wertgegenstände aufzuspüren. Hier allerdings handelte es sich um eine merkwürdige Art Tasche, die so schwer war, dass die Taucher sie selbst zu viert nicht ans Ufer schleppen konnten. Sie prägten sich also die ungefähre Lage des Fundstückes anhand der Schwimmdauer zum Ufer, der Himmelsrichtung und der Tauchtiefe ein.
Vier Tage später kamen die Schatztaucher wieder. Dieses Mal hatten sie bessere oder zumindest mehr Ausrüstung mitgebracht. Wegen des trüben Wassers dauerte es eine Weile, bis sie den seltsamen Sack wiederfanden, und gleich gab es die nächsten Schwierigkeiten. Denn das Bündel war so eng verschnürt, dass die Taucher ihre Seile und eine Schwimmblase zum Heben des Fundes kaum daran befestigen konnten.
Mit all ihrer Kraft und von zunehmender Neugier beflügelt, schleiften sie das Bündel trotzdem von seinem vierundzwanzig Meter unter Wasser gelegenen Platz bis ans Ufer. Als sie die Plane aufschnitten, kam zuerst eine grüne Verpackung und dann, in schwarze Mülltüten gewickelt, eine Leiche zum Vorschein.
Das Weitere übernahm die Polizei. Besonders aufmerksam wurden die herbeigeeilten Journalisten, die gerade im Nachrichten-Sommerloch dümpelten, als man feststellte, dass die tote Person nur mit einem Nachthemd bekleidet war. Unter anderem wegen dieser zwar nebensächlichen, aber bizarren Pikanterie schaffte es die bislang dünne Story in die landesweiten Nachrichten. Inspiriert von einem Kriminalfilm aus demJahr 1947 nach einer Vorlage von Raymond Chandler wurde der Fall fortan als »Lady in the Lake« bezeichnet.
Schonfrist für den Mörder
Die Leiche wurde schnell identifiziert. Man hatte in die Vermisstenakte von Frau Park vorsorglich die Aufzeichnungen ihres Zahnarztes aufgenommen. Der Vergleich mit den Leichenzähnen bewies eindeutig, dass der Körper im Bündel die einstige Frau Park war.
Normalerweise wäre der Fall als gruselige Sommerstory schnell abgehakt gewesen. Coniston Water ist ein idyllisches Gewässer, etwa acht Kilometer lang, und außer englischem Rasen und – allerdings sehr schönen – Felsen bietet die Umgebung nicht viel. Schon wegen dieser wenig spannenden Kulisse hätte sich wohl kaum jemand außer der örtlichen Polizei weiter für den Fall interessiert, wenn nicht irgendwann eine Eigenschaft des Sees ins Auge gefallen wäre. Coniston Water ist mit einer Tiefe von bis zu siebenundfünfzig Metern besonders gut geeignet, um eine Leiche darin dauerhaft verschwinden zu lassen. In dieser Tiefe können Bakterien mangels Wärme die Leiche oft nicht mehr aufblähen. Daher treiben die
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