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Mordsschock (German Edition)

Mordsschock (German Edition)

Titel: Mordsschock (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hoffmann
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Tadel, und sie drohen mit Schulverweis.“
    Na, bitte! „Für einen Tadel fliegst du nicht.“
    „Nee, is ja mein zweiter, den ersten habe ich für häufiges Schwänzen gefangen.“
    „Und der neue?“
    „Hab’ die Alkoholprobe aus’m Chemielabor getrunken. Aber der Johnny hat mitgemacht. Nur ham sie hinterher behauptet, ich hätte ihn dazu angestiftet. Wir ham vor der Stunde Wasser eingefüllt, und als der Meiser seinen Versuch der Klasse vorführte, trat keine Reaktion ein. Da hat der Johnny so blöde gekichert, dass der Alte misstrauisch wurde und bei uns unter der Bank das leere Reagenzglas entdeckte. Dieser idiotische Johnny hat weiter gelacht. Ich kann ja nicht wissen, dass der nix verträgt. Ich dagegen war ganz klar, aber der Meiser behauptete, er würde den Alkohol an meinem Atem riechen, und ich hätte den Johnny mit reingezogen. Nun will diese blöde Kuh mir Dauerhausarrest für die nächsten zwei Monate aufbrummen, und beim Meiser soll ich mich entschuldigen. Ich hab’ keinen Bock mehr auf diese ganzen Spießereien. Ich hau’ ab!“
    „Ich verstehe ja, dass du dich ärgerst, wo deinen Kumpel Johnny die gleiche Schuld trifft, aber deswegen läuft man nicht davon.“
    „Und warum nich? Ich kann gut für mich sorgen. Sophie hasst mich, Thilo is nie zu Hause, und du willst mich auch nich.“ Ungeweinte Tränen in ihrer wütenden Kinderstimme.
    „Du weißt, dass das nicht wahr ist! Wir lieben dich alle. Würde Sophie sich sonst so aufregen, wenn du ihr gleichgültig wärst? Und weißt du nicht mehr, wie Thilo mit dir den Drachen gebastelt hat?“
    „Nina, ich möchte bei dir wohnen.“
    Ich seufzte. „Momentan habe ich nicht genügend Geld und Platz, um dir ...“
    „Hast du ja nie! Du bist alt genug, um dir ’n reichen Kerl zu angeln, Mann! Oder raub ’ne Bank aus, oder was weiß ich ...“
    „Vic, das ist nicht so einfach, wie du dir das vorstellst.“
    „Schon gecheckt, du willst nich, aber ich will auch nich mehr!“, brüllte sie.
    „Hör mal zu! Ich verspreche dir, alles zu tun, damit du in nächster Zeit zu mir ziehen kannst. Ich lass mir was einfallen! Aber unternimm um Himmels willen nichts mehr auf eigene Faust! Vic war zuzutrauen, dass sie losging und die nächste Bank überfiel. „Du machst sonst alles kaputt! Wenn du was Schlimmes anstellst oder abhaust, steckt dich das Jugendamt am Ende ins Heim, und das möchtest du bestimmt auf keinen Fall?“
    „Nö, aber Nina, gibst du mir dein Ehrenwort, dass ich bald, ganz doll bald, zu dir ziehen darf?“
    „Mein Ehrenwort!“
    Mit schweißnassen Händen umklammerte ich noch das Telefon, obwohl das Gespräch längst beendet war. Mein Ehrenwort – ich durfte Vic nicht im Stich lassen. Wenn ich jetzt nicht Wort hielt, würde sie ihr ganzes Leben lang nie wieder irgendeinem Menschen vertrauen und auf ewig enttäuscht sein. Ich wischte meine Hände an der Jeans ab. Kurz dachte ich an das vermaledeite Sparbuch, auf dem sich die 20 Euro hartnäckig gegen jedes Fortpflanzungsprogramm sträubten. Was tun – ’n Reichen angeln oder ’ne Bank überfallen?
     
    „Wissen Sie, dass immer weniger Leute ihren Müll trennen? Pure Faulheit! Hallo, Frau Campbell!“, ertönte eine schrille Stimme hinter meinem Rücken. Eine Frau haute mir auf die Schulter.
    Vor Schreck ließ ich meine Flaschen abrupt in den Container purzeln, wo sie mit einem lauten Klirren aufschlugen. In einem Anfall von Ordnungswut hatte ich beschlossen, das überfällige Leergut zu entsorgen. Wollte ich Verantwortung für Vic übernehmen, musste ich das Chaos in meinem Leben entzerren, weniger Alkohol trinken und weniger rauchen. Ein klarer Kopf und ein volles Portemonnaie lauteten die obersten Maximen.
    „Mit ihnen möchte ich sowieso reden.“ Die Frau ließ nicht locker. Sie schwenkte hartnäckig einen Karton voller leerer Reformhausgläser. Alle feinsäuberlich ausgewaschen.
    „Guten Tag, Frau Hanselmann!“ Ich beglückwünschte mich zu meiner Geistesgegenwart, mit der ich den kurzgeschorenen Kopf unter der roten Kapuze identifiziert hatte.
    „Also, ich habe einen echten Skandal für Sie.“
    „Ach?“
    Frau Hanselmann dämpfte ihren Tonfall. „In der Kieskuhle werden Rennen gefahren!“ Sie pausierte kurz, weil sie vermutlich glaubte, ich würde vor Überraschung meinen Flaschen hinterher in den Container flutschen. „Ich bin gestern Morgen dort gewesen, um die letzten Kräuter zu stechen. Ich brühe mir immer einen Tee nach einem Rezept von meiner Großmutter.

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