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Mordsschock (German Edition)

Mordsschock (German Edition)

Titel: Mordsschock (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hoffmann
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natürlich hinter meinem Kapitalverbrechen! Mein Hass schwillt an. Er wächst zu einem riesengroßen Klumpen, der sich in meiner Kehle breit macht. Er verstopft die Tränenschleusen und blockiert das Sprachzentrum. Ich bin eine Gefangene!
     
    Zu allem Überdruss findet Ken eines der ekligen Briefchen, die Hansen und Glatzkopf mir weiterhin verehren. Es rutschte mit der Post in seine Zeitung, wo es im Wirtschaftsteil klemmte. Die beiden Erpresser fordern mittlerweile Zwanzigtausend.
    Ken rastet aus. Natürlich ist das wieder alles meine Schuld!
    Ich wälze mich unruhig im Bett hin und her. Endlich falle ich in einen unruhigen Schlaf.
    Hansen und Glatzkopf schneiden mir grinsende Kinderfratzen und flüstern „Mörderin! Mörderin!“ . Mit ihrem Singsang bringen sie mich auf die Idee: Hansen und Glatzkopf müssen sterben! Alles, was mein und Vics Leben bedroht, soll verschwinden. Als Beteiligte an einem Mordfall kann ich das Sorgerecht für meine kleine Schwester vergessen. Ich schalte die Mitwisser aus!
    Zum Glück für meine Pläne haben wir momentan, ungewöhnlich für den sonst feucht-kalten Monat, trockene sonnige Tage mit Temperaturen bis zu sieben Grad. Ich passe Glatzkopf frühmorgens auf dem Parkplatz in der Heimgartensiedlung vor dem gammeligen Mehrfamilienhaus ab, in dem er wohnt.
    Wie Bienenwaben kleben die kleinen Balkone in mehreren, grauen Betonschichten übereinander. Die Wohnungen dürften kaum größer als überdimensionale Kaninchenställe sein. Dieses Siebzigerverbrechen vom Reißbrett scheint durch das Raster der Rosenhagener Sanierungspläne gefallen zu sein.
    Glatzkopf freut sich nicht, mich zu sehen. Sein sozialer Wohnklotz ist ihm peinlich. Nicht gerade der standesgemäße Sitz eines Mitgliedes der Konservativen.
    Du hättest wie dein Kumpel Martin Hardenberg bei Mutti wohnen bleiben sollen, denke ich boshaft. Die Grundstücksverteilung des Gottesangers ist an den ahnungslosen jungen Abgeordneten spurlos vorbeigegangen.
    Ich lade Glatzkopf zum geschäftlichen Gespräch ein. Das Thema sei ihm bekannt. Aber zu niemandem außer Hansen ein Wort! Uhrzeit und Ort überraschen ihn etwas: Morgen 22 Uhr in der Waldarbeiterhütte, die ich auf dem Weg zum Grab des Nicolaus von Bernfried im Herbecker Forst entdeckt hatte.
    Wie ich meine kleine Schwester kenne, bunkert sie heimlich irgendwo in ihren Taschen Ecstasy. Nicht, um die Pillen selber einzuwerfen, so doof ist Vic nicht, sondern um das Zeug zu verscherbeln, wenn sie Geld braucht. Sie zockt die winzigen Tabletten von ihren dubiosen Freunden ab, die sie komischerweise anzieht wie Donald Duck das Pech. Ein sorgenvolles Kapitel in unserer Schwester-Schwester-Beziehung. Bisher ist es mir nicht gelungen, sie davon zu überzeugen, dass sie die Gesundheit anderer Jugendlicher ruiniere, wenn sie ihnen die ‚Spaßpillen‘ andreht.
    „Wir sind freie Menschen“, lautet ihr Totschlagargument.
    Inzwischen besucht Vic hier die Schule. Also kann ich vormittags ungestört in ihrem Zimmer auf Ecstasy-Fahndung gehen. Dabei schlage ich zwei Fliegen mit einer Klappe. Es ist gut, wenn das Zeug verschwindet und Vic nicht damit dealen kann. Vielleicht würde sie durch einen dummen Zufall sogar die Aufmerksamkeit der Polizei auf sich ziehen. Das können wir nicht gebrauchen! Ich finde Pillen in der Brusttasche ihrer Jeansjacke, die unter einem Kleiderhaufen verborgen im Schrank liegt.
    Ich löse sie zusammen mit Schlaftabletten in hochprozentigem Alkohol auf. Diese Mischung mixe ich jeweils in sechs Whiskeyflaschen, die ich anschließend verschlossen in einer tragbaren Tiefkühltasche voller Wasser verstaue.
    Ich fahre nicht zum Waldparkplatz, weil man dort die Reifenspuren gut identifizieren könnte, sondern parke abseits in einem Knick. Auf dem Gepäckträger eines kleinen Klappfahrrades transportiere ich die Tiefkühltasche mit den Whiskeyflaschen. Ich schiebe das Rad, so gut es möglich ist, durchs Unterholz, um Spuren zu vermeiden.
    Jedes Mal, wenn es knackt, zucke ich zusammen, ob mir jemand entgegenkommt. Aber um diese nächtliche Stunde verirrt sich niemand in den Herbecker Forst. Ich trage einen Stahlhelm mit Lampe, wie ihn Bergarbeiter verwenden. Sie wirft einen hellen Lichtkegel vor mir her. So finde ich mühelos meinen Weg in der undurchdringlichen Finsternis. Nach kurzer Zeit sehe ich die Waldarbeiterhütte.
    Sie müffelt ein bisschen faulig nach nassem Holz. Ich stoße die wackelige Tür auf und lade meine Tiefkühltasche ab. Mit Gummihandschuhen und

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