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Mordsschock (German Edition)

Mordsschock (German Edition)

Titel: Mordsschock (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hoffmann
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    Mein Erlebnis in der Rumpelkammer des Fraktionsbüros ist wieder präsent. Schuldgefühle schleppen ihre wuchtigen Koffer hinterdrein, egal, wohin ich mich bewege.
    Die Polizei legt den Mord an Ehrhardt nicht zu den Akten, wie Ken sich das gedacht hatte. So viel Einfluss hat sein Kumpel Herder nicht. Ken und seine Fraktionskollegen sind erneut ins Kommissariat vorgeladen worden, um über Details aus Ehrhardts Leben Auskunft zu geben.
    Und ich sitze zu Hause und zittere. Was ist, wenn er bei den Verhören die Nerven verliert und mich verrät?
    Ich wünschte, ich könnte mit jemandem darüber reden. Aber das geht auf keinen Fall! Nicht einmal Lila darf ich mich anvertrauen. Es ist zum Verrücktwerden! Ich sehne mich nach ihrer patenten Art, ihrem Minzegeruch und ihren kühlen Händen, mit denen sie mir über die Stirn streicht, wenn ich verzweifelt bin.
    Wenigstens die Stimme meiner besten Freundin will ich hören. Ich rufe sie an. Leider vergaß ich, dass ich Lila nie viel Komödie vorspielen konnte.
    Nach belanglosem Geplauder merkt sie sofort, dass etwas nicht stimmt. Sie ist besorgt. „Ist was mit Ken?“
    Mein Herz liegt auf der Zunge. „Er hasst Vic und will, dass sie wieder verschwindet.“
    „Kein Wunder!“
    „He?“
    „Hast du mal daran gedacht, dass es für die Öffentlichkeit leicht so aussieht, als wäre sie seine Tochter? Und eine elfjährige Tochter kratzt nun einmal seinen jugendlichen Charme an.“
    Ich sage nichts dazu. Lila mag Ken nicht. Mehr Kritik kann ich momentan nicht vertragen, weil ich mir selber nicht mehr sicher bin.
    Ich trinke den Rotwein, bin bockig und gebe meinem wunden Herzen einen Kick: Lila soll nicht recht behalten! Meine Hollywoodfamilie wird ab jetzt funktionieren! Mit Gewalt! Und ich werde alles andere vergessen, auch mit Gewalt!
    Ich gehe in meine Hightechküche aus Edelstahl und plane, à la Hollywoodmama, bestimmt war ich bisher zu wenig Hollywoodmama, ein Drei-Gänge-Menü zu kochen.
    Es ist die Sorte von Küche, die im Film blank gewienert glänzt. Unsere glänzt nicht. Fettige Fingerabdrücke zieren die Schubladen, erste Kratzspuren tummeln sich auf dem Küchentresen, das Ceranfeld riecht nach angebrannter Milch, und der Edelstahl sieht duff aus, weil ich ihn in einem irren hausfraulichen Anfall mit dem falschen Putzmittel bearbeitet habe. Schmutziges Geschirr und leere Lebensmittelpappen stehen neben der Spüle. Normalerweise hauchen diese Accessoires der Hollywoodküche erst richtiges Leben ein, bei uns sieht alles fehl am Platze aus.
    Allmählich frage ich mich, wo meine Begabungen schlummern. Angeblich besitzt jeder Mensch irgendwelche verborgenen Talente. Meine bleiben verborgen. Beim Kochen kann ich sie nicht ans Tageslicht locken. Alle drei Gänge landen im Mülleimer neben Vics zahlreichen Hamburgerpappen.
    Ich fahre ins Steakhaus und lasse mir dort Salate, Steaks, Baked Potatoe und Dessert einpacken.
    Aber es funktioniert! Ken ist gut gelaunt, als er nach Hause kommt und dort den festlich gedeckten Tisch im Kerzenlicht sieht. Zwischen uns fallen weder die Worte ‚Internat‘ noch ‚Polizei‘. Hollywoodfamilie auf Zeit!
     
    „Ludwig sollte endlich zurücktreten! All die Todesfälle in den letzten Monaten, zu viele Skandale unter seiner Führung. Damit haben wir null Chancen, die Wahl zu gewinnen! Außerdem muss ein konservativer Bürgermeisterkandidat eine Ehefrau an seiner Seite haben. Das erwarten die Bürger nun einmal. Ich denke, es ist dringend, dass er ...“ Ken telefoniert mit irgendwelchen Leuten aus der Partei.
    Mir ist es mittlerweile ganz lieb, dass er sein politisches Ziel so ehrgeizig verfolgt. Umso weniger Zeit hat er, sich mit meiner kleinen Schwester zu streiten.
    Aber ich habe mich zu früh gefreut. Kaum hat Ken sein Telefongespräch beendet, als Vic sich vor ihm aufbaut. Aus ihrem rosigen Kindergesicht sprudelt die Wut nur so hervor. Sie stemmt die Hände in die Hüften. „Wo sind meine Dragées?“
    Ken guckt verständnislos.
    „Meine Ecstasy-Pillen!“
    „Oh, welch vornehme Umschreibung, mein kriminelles Fräulein“, spottet Ken.
    „Ich habe neulich schon vermutet, dass du in meinem Zimmer warst. Meine Sachen sind alle verkramt. Rück sie raus! Sie gehören dir nicht!“
    Ken packt Vic an den Schultern. „Ich habe keinen Bedarf an deinen Haschletten! Aber eines sage ich dir, wenn ich etwas bei dir finde, ist der Ofen aus! Dann wanderst du ins Heim!“
    Vic zittert. Sie spuckt aus. Genau vor Kens Füße. Sie

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