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Mordsschock (German Edition)

Mordsschock (German Edition)

Titel: Mordsschock (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hoffmann
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ist, seine Gefühle in Worte zu fassen?
    Ehrhardts Verbeugung zum Abschied fiel tiefer aus als die vorangegangenen. „Ich hoffe, Sie demnächst einmal zum Essen einladen zu dürfen. Vielleicht interessiert Sie das ein oder andere Thema für einen Artikel.“
    Das klang vielversprechend. Gute Geschichten brauchte ich!
    Als ich auf dem Parkplatz in Gedanken bereits bei meinem Text über den Gottesanger weilte, holte mich Ken Winter ein und drückte mir seine Visitenkarte in die Hand. „Wir geben am Wochenende eine kleine interfraktionelle Party bei mir zu Hause. Es wäre nett, wenn Sie auch kämen." Er strahlte. Das runde Grübchen bohrte sich in sein Kinn.
     
    Seine grünen Augen funkelten. Er fixierte mich, stellte die schwarzen Nackenhaare auf, machte einen Buckel und fauchte, weil ich ihn mit einem Besenstiel von der schwarzen Ledercouch verjagte. In der Mitte prangte ein kreisrundes Loch, aus dem die Füllung quoll. Oscars Tageswerk, während ich bei der Arbeit gewesen war. Die Kratzspuren an der Wand und die Blumenerde auf dem hellen Teppich nicht mitgerechnet! Ich fluchte. Die Möbel gehörten mir nicht. Ich hatte die kleine Einzimmerwohnung mit Kochnische, kombiniertem Wohn- und Schlafbereich sowie einem winzigen Badezimmer möbliert gemietet. Den Schaden würde ich ersetzen müssen. Verdammter Kater!
    Miauend schlich er zum Kühlschrank und kratzte dort. Bevor er mehr anrichtete, öffnete ich eine Dose Katzenfutter und stellte sie vor ihn hin.
    Ich pfefferte meine Stiefel unter den gläsernen Couchtisch, zog den kurzen Rock aus und ließ ihn auf dem Teppich liegen. Dann fischte ich ein Paar dicke Socken neben dem Telefon weg und suchte meine Jogginghose. Sie hing verkehrt herum in einem Buchregal der kackbraunen Schrankwand – echtes Gelsenkirchener Barock. Ächzend warf ich mich auf das Sofa, wo ich auf der Stelle am Leder festklebte. Jetzt ein schönes Wannenbad, das wär‘s – aber leider gab es nur eine winzige Dusche im Bad.
    Ein schrilles Klingeln schreckte mich hoch. Das Telefon. Schlagartig vergaß ich Oscars Taten. Es war Vic, meine geliebte kleine Schwester.
    „He, Kleine, wie geht’s?“
    „Nina, kann ich zu dir kommen?“
    „Am Wochenende oder in den Ferien ...“
    „Ich will weg!“ Ihre Stimme klang energisch. Ich stellte mir vor, wie sie zur Bekräftigung aufstampfte oder trotzig ihre Baseballkappe auf den Boden feuerte.
    „Aber du hast es so gut bei Sophie und Thilo.“
    „Thilo ist nie da, und Sophie will mich loswerden.“ Es schmatzte in der Leitung – Vics unvermeidlicher Kaugummi.
    „Aber Vic, das stimmt nicht.“ Ganz sicher war ich mir nicht, denn Sophie kam mit Vics wildem Temperament und ihrer Eigenschaft, ständig etwas anzustellen, nicht zurecht. Und mein gutmütiger Schwager Thilo befand sich tatsächlich dauernd auf Geschäftsreisen. Währenddessen flogen dann zwischen meinen beiden Schwestern die Fetzen. „Habt ihr euch wieder gestritten?“
    „Ich nicht, nur Sophie.“ Typische Logik von Vic. „Sie hat gesagt, ich würde sie in die Klapsmühle bringen. Von uns beiden sei hier eine zu viel. Habe schon gecheckt, wie sie das meint. Nur, weil ich nicht alt genug bin, um Thilo zu heiraten, bin ich es, die gehen soll.“
    Ich unterdrückte einen heimlichen Lacher. Vic hatte in ihrer altklugen Art manchmal einen komischen Hang zur Dramatik. „Was war denn los?“
    „Ach, nichts Besonderes. Sie ist ausgerastet, weil ich den Küchenboden nicht gefeudelt habe.“ Zu Sophies Erziehungsmethoden gehörte es, Vic regelmäßig Arbeiten im Haushalt zu übertragen. Sie meinte damit, das Temperament unserer kleinen Schwester zu zügeln.
    „Und?“
    „Dann ist sie ausgerastet, weil ich den Boden gefeudelt habe.“
    „Wie bitte?“
    „Jaaa.“ Vic klang genervt. „Ich habe keine Lappen genommen.“
    „Sondern?“
    „Überm Küchenstuhl hing so’n Teil. Das war schön breit, weich und lang auch. Damit konnte man gut den Boden wischen. Der glänzte hinterher echt toll. Aber diese blöde Kuh hat ihn überhaupt nicht angesehen, die hatte nur ihren komischen Schal im Kopf. Hat rumgebrüllt, ich hätte ihren teuren Paaschiena – oder wie das Ding heißt – versaut.“
    Ich biss mir auf die Zähne, um ernst zu bleiben. Ich stellte mir vor, wie Vic mit Sophies kostbarem Pashminaschal den Fußboden feudelte.
    Es gelang mir schließlich, meine aufgebrachte kleine Schwester zu besänftigen. Wenn Vic sich ungerecht behandelt fühlte, war das nicht einfach. Zumal ich mir nichts mehr

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