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Mordsschock (German Edition)

Mordsschock (German Edition)

Titel: Mordsschock (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hoffmann
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Grundstücksverteilung eigentlich warten? Sind Sie endlich weiter?“, herrschte er mich an.
    Ich musste ihn hinhalten. Unmöglich konnte ich jetzt aus Krügers und Frau Hanselmanns Absagen sowie aus der Mitteilung des Bürgermeisterreferenten die Skandalstory zusammenschustern, die er sich erträumte. Jede Menge Ärger wäre vorprogrammiert. Ärger, den ich ausbaden dürfte.
    „Ich brauche ein bisschen Zeit!“
    „Machen Sie hinne!“, brüllte Wagner. „Zeit haben wir nicht!“
    „Ich könnte ein Telefoninterview mit Stephen Krieger führen. Das ist dieser angesagte Koch. Er ...“
    „Dummes Zeug! Mit Kochrezepten locken wir nicht mal Lieschen Müller aus ihrer Furzfalle.“
    Das Stimmungsbarometer rutschte in diesen Tagen unter den Nullpunkt.
    Nicht mal unser Chef selber genoss seine neue Autorität. Jeder spürte die Anstrengung und Spannung, die ihn diese Rolle kostete. Er spielte sie, es lag ihm nicht im Blut. Er presste seine Sätze geradezu zwischen den Zähnen hervor, sodass man manchmal ein leichtes Knirschen vernahm. Die Äderchen auf seiner Stirn spannten sich zum Zerreißen, als wären sie ständig auf dem Sprung. Die Chance zum Abschwellen blieb ihnen versagt. Sie standen unter Dauerstrom. Wir ahnten, dass es nicht unbedingt Wagners Paraderolle war. Das hinderte uns daran, ihn allzu doll zu hassen. So grummelten wir nur.
    Mich nervte Wagner jeden Tag mit der Gottesanger-Geschichte. Wann ich denn nun den Skandal aufzudecken gedenke, löcherte er mich. Verständlich aus seiner Perspektive. Eine Story, die Rosenhagen aufrüttelte, würde die Flamstädter beruhigen.
    Ich telefonierte mit Herrn Krüger und bat ihn, da seine Absage ja nach der neuesten Mitteilung des Bürgermeisterreferenten angeblich nur ein Versehen war, sich zu erkundigen, ob er ein Grundstück erwerben könnte. Die Frist war abgelaufen, die Verteilung dürfte feststehen. Entsprechende Bescheide würden sowieso jetzt an die Haushalte abgehen. Herr Krüger wollte nachfragen.
    Ich fühlte mich in der Zwickmühle. Auf der einen Seite bedrängte Wagner mich, etwas zu unternehmen, und ich sah den drohenden Verlust meines Arbeitsplatzes wie das Jüngste Gericht über mir schweben. Andererseits steckte ich mit meinen Recherchen in einer Sackgasse. Vor allem aus Angst!
    Der Bürgermeister spielte die vorzeitigen Grundstücksabsagen von Krügers und Frau Hanselmann zum Verwaltungsfehler herunter und entzog mir durch diesen taktischen Schachzug die Fundamente. Denn, dass es sich lediglich um eine Ausrede handelte, davon war ich überzeugt. Ich dachte an das Gerücht, er habe sich vorzeitig sein eigenes Grundstück gesichert. Aber mir fehlten die Beweise.
    Mein unheimlicher Verfolger spukte in meinem Kopf herum. Private Gründe für seinen Hass hielt ich für unwahrscheinlich. Wen kannte ich hier denn? Sicher betraf es meine Arbeit. Und nur die Recherchen über den Gottesanger und die toten Politiker könnten jemanden dermaßen stören, dass er meine Vernichtung wünschte. Alle anderen Geschichten, die ich bisher veröffentlicht hatte, waren harmlos.
    Christine Riecken schlich sich wieder als Bindeglied zwischen beiden Geschichten in mein Bewusstsein. Die unbequeme Politikerin hatte sich gegen die allgemeine Meinung gewandt und für eine Ausweisung des Grundstückes zum Naturschutzgebiet plädiert. Sie wollte mir per Mail etwas Wichtiges mitteilen. Und sie musste sterben.
    Egal, ob sie freiwillig gesprungen war oder nicht, ich blieb davon überzeugt, dass sie jemand unter Druck gesetzt hatte. Der gleiche Mensch, der es auf mich abgesehen hatte? Und Sebastian Jensen und Peter Heimann – waren ihm die auch im Weg gewesen?
    Meine weiteren Nachforschungen würde dieser geheimnisvolle Feind beobachten und versuchen, mich endgültig loszuwerden. Aber wenn ich nichts unternahm und keinerlei Anhaltspunkte für seine Person fand, müsste ich weiter mit der Furcht vor dem Unbekannten leben.
    Ich hatte die Seiten gewechselt: Aus der passiven, kritischen Beobachterin war eine Bedrohte geworden. Meine Arbeit entpuppte sich anders, als Wagner es sich dachte, als gefährlicher Überlebenskampf.
     
    Ein großes Farbfoto, das bei Herbie auf dem Schreibtisch lag, erregte meine Aufmerksamkeit. Das Gebäude mit den kleinen Türmchen und den langgezogenen Seitenflügeln kannte ich. Wenn ich das Herbecker Herrenhaus auch nur im Dunkeln gesehen und mir das verschlossene Torhaus die direkte Sicht versperrt hatte, die Silhouette war eindeutig. Imposant glänzte das

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