Mordsviecher
profitorientierte Fleischindustrie auch noch die Daunen, die in Betten und Outdoorprodukten landen.«
Immerhin musste sie kein schlechtes Gewissen wegen der Weihnachtsgans haben. Sie konnte nämlich Gänsebraten gar nichts abgewinnen, und ihr Bruder Bernhard gottlob auch nicht.
Max Trenkle sah sie fragend an.
»Nur weiter, Herr Trenkle!«
»Dabei haben die Fleischgänse vielleicht sogar noch Glück, Frau Mangold, denn manche Gänse werden auch rein für die Daunen gezüchtet und bei lebendigem Leibe gerupft. Das nennt man übrigens beschönigend Mauserrupf – mit der Begründung, die Tiere würden in der Mauser ja eh ihre Federn verlieren. Manchmal liest man auch das Wort Harvesting, weil das auf Englisch ja eh keiner versteht. Dieses Verfahren führt bei den Tieren zu schweren Wunden, die sogar genäht werden, auch ohne Betäubung! Der Stress für die Tiere ist so gewaltig, dass sie sich vor Panik in den Stallecken gegenseitig erdrücken. Nach der grausamen Tortur bleiben sterbende Gänse mit gebrochenen Flügeln zurück.«
Kaum hatte Irmi sich etwas erholt von den Bildern der Nebelnacht in Krün, kamen schon wieder neue Albtraumszenarien auf sie zu. Warum war sie auch mit der Gabe gesegnet, sich alles immer so bildlich und plastisch vorzustellen!
»Und von Höfen mit solchen Praktiken hat KS -Outdoors ihre Daunen bezogen?«, fragte Kathi.
»Junge Frau, Sie klingen ungläubig, aber genau das konnten wir denen nachweisen.«
»Wie denn?«
»Wir haben ein paar Schafsäcke aufgeschnitten und den Inhalt testen lassen. Wir haben einen Zulieferer zum Sprechen gebracht, ich will Sie da jetzt gar nicht langweilen. Jedenfalls konnte der Bezug von Daunen aus Ungarn aus einem Stopfleber- und Lebendrupf-Betrieb nachgewiesen werden.«
»Ja, und KS -Outdoors? Was haben die gemacht?«
»Die konnten sich rausreden, dass sie nicht wissentlich Daunen aus tierquälerischer Haltung bezogen hätten.«
»Und damit sind die durchgekommen? Oder anders gefragt: Warum bezweifeln Sie die Richtigkeit dieser Aussage?«, fragte Irmi.
»Das kann ich Ihnen sagen, Frau Mangold. Kilian Stowasser hat sich darauf versteift, dass er nun mal nicht den gesamten Weg kontrollieren könne. Er hat darauf verwiesen, dass der Zwischenhändler, der die Federn reinigt, einfach welche aus Lebendrupf dazwischengemengt habe.«
»Das kann aber doch sein, oder?«, warf Kathi ein.
»Ja, das kann schon sein. Allerdings hatte der Zulieferer uns gegenüber ausgesagt, dass Kilian Stowasser sehr wohl gewusst habe, was er da einkauft. Dass Stowasser die Farm in Ungarn sogar einmal besucht hätte.« Er stieß Luft aus. »Wir hätten ihn als Zeugen gebraucht, er hat seine Aussage aber leider revidiert, weil wir ihn angeblich unter Druck gesetzt hätten.«
Es war still im Raum. Sehr still. Nach einer Weile sagte Irmi leise: »Haben Sie das getan?«
»Nein, haben wir nicht.« Er ließ sich nicht provozieren.
»Stowasser hat sich also aus der Affäre gezogen. Das war Ende 2008. Zwei Jahre später wird er bayerischer Unternehmer des Jahres. Wie passt das zusammen? Ist kein Schatten auf seiner weißen Weste geblieben?«, wollte Kathi wissen.
»Kilian Stowasser ist clever. Sein Marketing auch.«
»Frau Rosenthal?«
»Ja, genau die. So sehr ich Felltiere schätze, aber Haare auf den Zähnen mag ich bei Frauen nicht. Stowasser und seiner Marketingchefin ist es gelungen, die negative Publicity in eine positive umzumünzen. Er gab den reuigen Sünder und ließ klare Richtlinien definieren, die auch an die Daunenlieferanten kommuniziert wurden. Mit Unterstützung eines unabhängigen Partners wurde anschließend ein so genannter Auditierungsprozess gestartet. An dieser Stelle kommt das Labor ins Spiel. Es ist ein seriöses und unabhängiges Institut, gar keine Frage. Mit dieser Transparenz geht KS -Outdoors nun hausieren und Rattenfangen bei den Journalisten.«
Irmi fiel auf, dass auch Trenkle das Bild vom Rattenfänger gewählt hatte.
» KS prescht sehr forsch nach vorne«, fuhr Trenkle fort. »Die Richtlinien für Daunen stammen alle aus der Nahrungsmittelindustrie und sind auf die Outdoorbranche eigentlich nicht übertragbar. Da sind wir uns mit KS sogar ausnahmsweise einmal einig. In der Nahrungsmittelindustrie geht man von einem sehr kurzen Leben der Tiere aus. Deshalb sind diese Standards eigentlich immer noch absolut lebensverachtend für die Tiere. Und darum hat sich KS aufs Banner geschrieben, dass sie von ihren Zulieferern die Einhaltung der Richtlinien
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