Mordsviecher
kleine Geldgeschenke verteilt hatte.
Auch die Anwohner weiter unten, ein älteres Ehepaar, das allerdings nur zeitweise in Krün lebte und zeitweise in München, hatten Geld erhalten, erzählte Sepp. Nur die direkte Anwohnerin, Frau Sanktjohanser, die Sailer ja bereits von seinem ersten Besuch des Krüner Anwesens kannte, hatte behauptet, weder Geld angeboten bekommen noch welches angenommen zu haben.
»Des glaub i der aber ned«, hatte Sailer kommentiert.
Irmi glaubte das auch nicht, aber sei es drum. Frau Sanktjohanser hatte zu Protokoll gegeben, dass alle zwei Wochen nachts ein Lkw vorgefahren sei. Das Tor sei dann aufgegangen und gleich wieder zu. Ein Kennzeichen hatte sie sich nicht gemerkt, es sei ja dunkel gewesen, sie sei sich aber sicher, es sei »was Ausländisches« gewesen.
Ansonsten hatte Frau Sanktjohanser fünf Autos benennen können, die die Straße hinaufgefahren waren: Stowassers Hummer, ein Firmen-Kleinbus von KS -Outdoors, Frau Rosenthals Cabrio, ein Mazda MX -5 und ein Mercedes Jeep, der sei allerdings schon länger nicht mehr gekommen. Irmi nahm an, dass es sich dabei um den Wagen von Stowassers verstorbener Gattin handelte.
Ab und zu wäre auch ein Heutransporter gekommen, hatte Frau Sanktjohanser erzählt. Sicher nicht allzu häufig, dachte Irmi, sonst wären die Tiere nicht bis auf die Knochen abgemagert gewesen.
Irmi blickte in die Runde. »Gut, vielen Dank. Wir können also davon ausgehen, dass die Tiersammelei sozusagen in der Familie geblieben ist.«
»Was aber auch bedeutet«, sagte Kathi, die bekanntlich keine Probleme damit hatte, Unangenehmes anzusprechen, »dass wir keinerlei Hinweise auf einen Mörder oder eine Mörderin haben. Damit geht uns das Ganze eigentlich nichts an, oder?«
»Bis ich nichts aus der Rechtsmedizin habe, sind wir von der Kriminalpolizei im Boot«, erwiderte Irmi. »Wie sieht es eigentlich mit der KTU aus? Hat Hasi schon Laut gegeben?«
»Die sichern gerade die Spuren im Auto und vor Ort. Schade, dass kein Handy zu finden war«, meinte Andrea.
Ehe Kathi noch einmal aufbegehren konnte, klopfte es. Andrea ließ einen Mann herein, der sich als Max Trenkle vorstellte. Irmi bat ihn, schon mal in den Nebenraum zu gehen. Bevor sie ihm folgten, zischte sie Kathi zu, sie solle sich beim folgenden Gespräch bitte im Zaum halten.
Dieser Max Trenkle gefiel Irmi. Er war groß, schlank und trug die Haare sehr kurz. Ein bisschen erinnerte er sie an Reinhard May. Seine Nickelbrille mochte etwas öko wirken, seine Outdoorhose dagegen gar nicht. Sicher Baumwolle aus fairem Handel, dachte Irmi. Insgesamt wirkte Trenkle sehr gepflegt und sympathisch.
Sie dankte ihm für sein Kommen und erklärte ihm, dass sie sich für Kilian Stowasser interessierten. Im Zuge von Internetrecherchen seien sie darauf gestoßen, dass der Tierschutzverein FUF Herrn Stowasser im Visier gehabt habe.
»Herr Trenkle, ich muss gestehen, dass ich bisher eher selten über Schlafsäcke nachgedacht habe. Ich weiß nur, dass Hersteller von Daunenbetten und Daunenkissen Öko-Zertifizierungen haben.«
Eigentlich sollte man viel bewusster und informierter leben, dachte Irmi – wenn der Tag nur mehr als vierundzwanzig Stunden hätte und ihr Kopf nicht immer wieder an die Grenze seiner Aufnahmefähigkeit geraten würde. Gleichzeitig rügte sie sich innerlich, dass das ja eigentlich keine Entschuldigung war.
Max Trenkle nickte. »Ich hole jetzt etwas aus«, kündigte er an. »Unterbrechen Sie mich, wenn Ihnen das zu weit geht.«
Irmi lächelte ihn an. »Nur zu!«
»Gänse werden hauptsächlich des Fleisches wegen als Weihnachts- oder Martinsgans gezüchtet – und schon bleibt einem das Gänsefleisch im Halse stecken. Eine frei laufende Biogans hat zur Schlachtreife nach etwa sieben Monaten ein Gewicht von vier bis sechs Kilo, aber von den rund zehn Millionen Gänsen, die in Deutschland zwischen November und Weihnachten auf den Tellern landen, stammen die meisten aus Polen und Ungarn. Dort werden Gänse in nur neun Wochen unter Kunstlicht und in größter Enge auf ihr Verkaufsgewicht von drei Kilo gemästet. Dabei ist die Gans eher der Abfall, denn das Kostbare an ihnen ist die Stopfleber. Die Stopfleber-Mast ist perfide Tierquälerei: Durch das sogenannte Stopfen wird das Gewicht der Gänseleber von normalerweise hundertzwanzig Gramm auf über ein Kilo gequält. Folgen der brutalen Zwangsernährung sind zerrissene Speiseröhren und geplatzte Mägen. Als Quasi-Abfallprodukt verwendet die
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