Mordsviecher
wollte, dass sich alle Abteilungsleiter versammelt hätten.
Sie schaute der PR -Chefin angewidert hinterher. »Die kommt gleich wieder. Bei Aufregung braucht sie eine zusätzliche Gabe.«
»Gabe?« Irmi runzelte die Stirn.
»Na, Sie wissen schon.« Frau Faschinger machte eine schnelle Bewegung aus dem Handgelenk.
»Sie trinkt?«
Frau Faschinger lächelte verschwörerisch. »Ja, natürlich. Wodka im Kaffee am Morgen, bei Sekt Orange lehnt sie immer ab und nimmt nur den Saft, den sie dann unauffällig mit Wodka aufspritzt. Sie braucht ihren Pegel, und wenn der absinkt, dann gnade uns Gott. Ohne ihren Helfer wird sie unangenehm aggressiv, wenn sie zu viel hat, wird sie melancholisch.«
Aus der Heulsuse von vorhin war eine ganz schöne Giftspritze geworden. Giftspritze, genau. Irmi hatte den toten Kilian Stowasser vor Augen. Auch hier in der Fabrik herrschte eine ziemlich vergiftete Atmosphäre.
»Ich entnehme Ihrer Rede, dass Sie Frau Rosenthal nicht sonderlich schätzen?«
»Fachlich ist sie ein großer Gewinn für die Firma. Es ist nur sehr schwer, mit ihr zusammenzuarbeiten, weil sie uns dazu zwingt, auf ihre aktuelle Tageslaune einzugehen. Das macht die Sache etwas anstrengend.«
»Was hat denn der Chef dazu gesagt?«, fragte Kathi.
»Kilian hat ihr immer die Stange gehalten. Nun, sie ist ja auch seine Schwägerin.«
»Hat Kilians Frau eigentlich auch in der Firma mitgearbeitet?«, fragte Irmi.
»Nein, die war mehr mit Charity und Ehrenämtern befasst. Und mit Schönsein. Ist auch eine Aufgabe!«
»Woran ist sie denn gestorben?«, wollte Kathi wissen.
»Sie hat einen Schwächeanfall erlitten und ist im Reitstall, wo ihre Pferde standen, die Treppe vom Stüberl hinuntergestürzt. Dabei hat sie sich den Nacken gebrochen.«
Irmi sah sie scharf an und sagte dann, einem Impuls folgend: »Sie war auch Alkoholikerin und ist deshalb gefallen?«
»Das haben jetzt Sie gesagt!«
Irmi beschloss, sich die Unterlagen zu diesem Todesfall kommen zu lassen.
»Frau Faschinger, Ihnen ist wirklich nichts von einem Grundstück in Krün bekannt?«
»Nein, ich bin erst seit zwei Jahren bei KS -Outdoors, und ich arbeite hier nur. Im Gegensatz zu manchen anderen Kollegen hab ich aber auch ein Privatleben. Ich verbringe viel Zeit mit meinen beiden Enkeln und kümmere mich nicht um private Dinge von Kilian.«
Das glaubte ihr Irmi nicht so ganz, schließlich wusste sie über den Alkoholkonsum der Damen Rosenthal ja so einiges. »Ich dachte nur, weil Sie mit dem Chef per du zu sein schienen?«
»Stimmt, das hat er mir nach einem Jahr angeboten. Das hier ist eine kleine Firma, wir arbeiten eng zusammen, Kilian ist ein bodenständiger Typ, und außerdem san mir in Bayern.«
4
Die nächste Stunde verbrachten Irmi und Kathi damit, die Abteilungsleiter des Unternehmens mit den Daunenträumen einzeln zu befragen. Den Ingenieur aus der Fertigung. Den Leiter Design. Die Leiterin der Schnittabteilung. Den Lagerleiter. Den Mann, der den Gänsebetrieb unter sich hatte.
Alle waren voll des Lobes für Kilian Stowasser, ließen aber auch durchblicken, dass Frau Rosenthal nicht ganz einfach in der Zusammenarbeit sei. Je enger man mit ihr zusammenarbeiten musste, desto stärker war die Kritik. Der Ingenieur hatte sich am neutralsten geäußert, der Leiter Design hatte sich über ihre starke Einmischung beklagt. Von Krün wollten sie aber alle nichts gewusst haben.
Allenthalben wurde Kilian Stowasser als begnadeter Golfer bezeichnet, mit einem Handicap im einstelligen Bereich. Dass die verstorbene Frau Stowasser sehr tierlieb gewesen sei, ja, auch das war bekannt. Die Tierliebe von Frau Rosenthal hingegen war niemandem so richtig präsent. Bei den Befragungen brachen ohnehin einige Brocken aus der heilen Fassade des Unternehmens, denn Frau Rosenthal schien das Klima tatsächlich ziemlich zu vergiften.
Nach Alibis zu fragen, war momentan ziemlich sinnlos, so lange sie nicht wussten, wann der gute Kilian von Daunentraum genau verstorben war. Und zumindest Frau Rosenthal mit ihrem Trip nach Karlsruhe schien aus dem Kreis der Verdächtigen auszuscheiden.
Es war wärmer geworden, der Himmel changierte in hellgrauen Tönen.
»Außen hui, innen pfui«, kommentierte Irmi auf dem Rückweg im Auto. »Nach außen heile Geschäftswelt, und hinter den Fassaden eine Alkoholikerin und ein Arbeitsklima, das alles andere als idyllisch ist. Schad um die schönen Dirndl.«
Kathi nickte. »Schade auch, dass wir mit Kilian Stowasser nicht mehr reden
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