Mordsviecher
der englischen Tierschutzorganisation RSPCA erwarten. Marketingtechnisch ist das brillant!«
»Und Sie glauben ihm das immer noch nicht?«, fragte Irmi nach einer Weile.
»Nein, Frau Mangold, aber wir werden weiter gegen Windmühlen kämpfen, werden weiter unter chronischem Geldmangel leiden und hoffen, dass uns eine nette ältere Dame eine Wohnung vererbt, die wir dann veräußern können.«
Kathi funkelte ihn böse an.
»Junge Frau, das ist unsere einzige Chance. Mitgliedsbeiträge sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Und falls Sie nun befürchten, dass ich alte Gönnerinnen meucheln könnte: Nein, das tue ich nicht, all unseren Mitgliedern sei ein langes Leben vergönnt.«
Er war gut. Eloquent und souverän.
»Vielleicht keine Gönnerin, aber Kilian Stowasser?«
»Was, Kilian Stowasser?«
»Vielleicht meucheln Sie keine alten Damen, aber den Widersacher? Wie wäre das, Herr Trenkle?« Irmi klang freundlich und aufgeräumt, obwohl ihr längst schon wieder die Magensäure aufstieß. Sie musste dringend etwas dagegen unternehmen.
»Stowasser ist tot?«
»Genau.«
»Ermordet?«
»Sagen Sie es mir.«
»Also, ich habe ihn nicht getötet. Wenn Sie mich jetzt nach Feinden fragen, da hatte er sicher aus unseren Reihen eine ganze Menge. Er hatte aber auch Feinde in seiner Branche …«
»Halt, das ist mir zu ungenau. Wen?«
»Liebe Frau Mangold, das vermag ich Ihnen auch nicht zu sagen. Aber seine Marketinglady geht sehr clever vor. Ich weiß nur, dass auch andere gern diesen Unternehmerpreis bekommen hätten.«
»Herr Trenkle, Sie und Ihre Organisation hatten doch nicht bloß KS im Visier, oder? Da gibt es doch sicher noch mehr schwarze Schafe?«
»Natürlich, fast alle. Wenn der Konsument für einen Schlafsack keine hundert Euro zahlen will, dann müssen halt die ungarischen Gänse dran glauben. FUF ist im Übrigen eine Organisation, die regional wirkt. Wir haben Landesgruppen und betreiben ganz bewusst Tierschutz in der Region. Und nur da.«
»Dann bleibt der Schwarze Peter derer, die Stowasser nicht mochten, aber an Ihnen kleben«, kommentierte Irmi.
»Damit kann ich leben. Ich nehme an, Sie wollen eine Mitgliederliste des FUF . Die maile ich Ihnen natürlich. Außerdem kann ich Ihnen Tina Bruckmann empfehlen, die eventuell mehr weiß.«
»Tina Bruckmann?«
»Eine rührige und fähige Lokaljournalistin. Sie hat sich mal intensiver mit Stowasser beschäftigt, soweit ich weiß. Mehr kann ich Ihnen aber auch nicht sagen. Sie ist sehr verschwiegen und redet und schreibt erst, wenn sie wasserdichte Fakten zusammen hat.« Er lachte. »Wenn Sie mir jetzt sagen, ich soll die Gegend nicht verlassen, ist das kein Problem. Ich bin ohnehin in der Nähe. Wir machen gerade ein groß angelegtes Katzenkastrationsprojekt, aber das ist eine andere Geschichte.«
Trenkle war nicht nur klug und ziemlich gut informiert in Polizeidingen, er war auch überraschend kooperativ, wenn er von sich aus anbot, eine Mitgliederliste zu mailen.
»Schön, Herr Trenkle, dann schicken Sie mal die Liste!«
»Mach ich. Jetzt haben Sie mir aber immer noch nicht gesagt, was mit Stowasser passiert ist.«
»Das hab ich auch nicht vor«, schoss Irmi den Ball zurück.
Er lachte. »Ach, vielleicht hätte ich doch dabeibleiben sollen, bei solch netten Kolleginnen wie Ihnen. Wissen Sie, ich hab mal bei der Polizei begonnen.«
Aha, daher wehte der Wind, daher sein Fachwissen. »Vom Gesetzeshüter zum Tierschützer?«, meinte Irmi mit einem gewissen Unterton in der Stimme.
»Sie wollen sagen, vom staatstragenden Beamten zu einem renitenten Störer?«
»Na, das haben Sie gesagt«, gab Irmi zurück.
»Schauen Sie, Frau Mangold, ich fand eine Polizeiausbildung anfangs gar nicht so falsch, aber dann kam Wackersdorf, und plötzlich stand ich meinen Kumpels gegenüber. Ich hätte Wasserwerfer auf die richten sollen, mit denen ich am Abend zuvor noch gekifft hatte. Ich für meinen Teil hab diese Demos unter dem Einsatzfahrzeug verbracht und zugesehen, wie windige Kollegen im Schutz der Uniform und der Staatsmacht zu fiesen Schlägern wurden. Ich hab das dann abgebrochen, so gespalten war und ist meine Persönlichkeit nicht.« Er machte eine Pause und lächelte Irmi an – mit einem Ich-bin-zwar-über-fünfzig-aber-meinen-Lausbubencharme-hab-ich-mir-bewahrt-Lachen.
Zur Schizophrenie im Polizeidienst, zum Machtmissbrauch hätte Irmi einiges beitragen können, aber das wäre eher ein Gespräch für eine Kneipe gewesen, ein Gespräch am
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