Mordsviecher
extrem aufwändig. Wechselwarme Tiere benötigen meist schon eine relativ hohe Grundtemperatur in ihrem Heim plus einen UV- bestrahlten Sonnenplatz. Das kostet Energie, und auch die Fütterung ist sehr aufwändig. Reptilien kosten Geld, viele Reptilien kosten viel Geld.«
»Und bei Stowasser saßen sie in Gitterkäfigen!«
»Dabei ist die Größe gar nicht so sehr das Problem, aber es fehlen Sand, ein Sonnenplatz und ein Unterschlupf. Aber ich bin abgeschweift, was kann ich für Sie denn tun?«
Irmi zögerte. »Ich habe das Ergebnis aus der Pathologie. Kilian Stowasser ist am Gift einer Schwarzen Mamba gestorben.«
Der Reptilienexperte pfiff durch die Zähne, überlegte etwas und stockte plötzlich. »Wir haben aber keine Mamba sichergestellt!« Er wirkte auf einmal alarmiert.
»Deswegen bin ich da. Wo ist die Mamba? Oder anders gefragt: Hätte auch jemand Stowasser Mambagift injizieren können? Und ihn dann inmitten all der anderen Tiere liegen lassen, damit es so aussieht, als hätte ihn eins seiner eigenen Tiere erwischt?« Sie berichtete kurz von den Erkenntnissen des Rechtsmediziners.
»Nun ja, man kann eine Schlange melken. Das heißt, dass man sie in eine Membran beißen lässt. Das Gift läuft in ein Glas. Man könnte dieses Gift direkt in einer Spritze aufziehen, aber Sie haben ja gesagt, es gab keine Einstichstelle. Es ist durchaus Usus, das Gift gefrierzutrocknen. Und wie Ihnen der Mediziner auch schon gesagt hat, kann man Giftkristalle gut in eine Wunde einbringen.«
»Wer hätte denn Zugang zu Schlangengift?«, fragte Irmi.
»Apotheken, die Pharmaindustrie, Ärzte, auch Homöopathen, die ja gerne mit Schlangengift arbeiten. Dieser Inlandtaipan, von dem ich gerade gesprochen habe, ist nicht nur die giftigste Schlange der Welt, sein Gift wird auch zur Vorbeugung bei Herzinsuffizienz eingesetzt.«
Irmi schüttelte den Kopf. »Damit hab ich mich tatsächlich noch nie befasst.«
»Schlangengifte, natürlich hoch verdünnt und in geringen homöopathischen Dosen, sind sehr wirksam bei entzündlichen chronischen Krankheiten.«
»Und wo kriegen die das her?«, fragte Irmi verblüfft.
»Wir haben eine deutsche Schlangenfarm, die zu pharmazeutischen Zwecken bis zu sechs Mal pro Jahr diese Schlangen melken lässt.«
Irmi schwieg eine Weile und blickte in eine Vitrine, in der eine Gabunviper herumlungerte, die fünf Zentimeter lange Giftzähnchen hatte. Scheußlich!
»Und wo kriegt man Schlangengift her, wenn man keine solchen Giftmischer kennt?«, fragte Irmi.
»Nun, es gäbe die Möglichkeit, die eigene Schlange zu melken. Da müsste natürlich eine leibhaftige Mamba im Spiel sein.«
»Aber Sie haben in Krün doch keine gefunden!«, rief Irmi.
»Richtig. Sie könnte noch da sein. Irgendwo. Ganz abwegig ist das nicht, so schlecht, wie die Käfige gesichert waren. Wir könnten sie übersehen haben in all den Gebäuden. Mambas hängen gerne über Kopf in Bäumen oder eben dort, wo sich ihnen eine Möglichkeit bietet, nach oben zu gelangen.« Er sah Irmi an. »Oder aber sie ist nicht mehr auf dem Gelände und stattdessen irgendwo unterwegs.«
Irmi hatte plötzlich ein Bild vor Augen. War da nicht letztens eine Schlange aus dem Klo gekrochen gekommen und hatte ein kleines Mädchen fast zu Tode erschreckt?
»Ist das bei wechselwarmen Tieren nicht problematisch?«, wollte sie wissen. »Gerade nachts kann es doch schon richtig kalt werden?«
»Natürlich brauchen Reptilien eine gewisse Umgebungstemperatur. Die ständigen Gewitter und Kälteeinbrüche derzeit sind für ihr Überleben sicher wenig hilfreich. Aber man kann ja nie wissen, wo die Schlange gelandet ist.«
Wo die Schlange gelandet war. Irmi wollte sich gar nicht ausmalen, dass die sich in diesem Augenblick irgendwo durch Krün schlängelte. »Und das Mambagift ist sehr gefährlich, wie man sieht«, konstatierte sie.
»O ja, mit einem einzigen Biss kann die Schwarze Mamba weit mehr Gift freisetzen, als nötig wäre, um zu töten. So ein Tod durch einen Mambabiss ist wirklich sehr unschön. Wenn Sie gebissen werden, haben Sie je nach Konstitution etwa zwei Minuten, um sich zu bewegen und eventuell noch zu einem Telefon zu greifen. Nach zwei Minuten wird der Arm taub, dann die anderen Extremitäten. Nach circa fünf Minuten brechen Sie zusammen. Das Perfide ist, dass das Gehirn alles noch verarbeitet. Sie nehmen sich selber wahr, auch was Ihnen widerfahren ist, können aber nichts mehr tun, geschweige denn sich artikulieren! Ziemlich grausam,
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