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Mordsviecher

Mordsviecher

Titel: Mordsviecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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euch da draußen wird uns was geboten«, meinte der Mediziner.
    »Wir bemühen uns redlich.«
    »Danke!« Er lachte. »Also, wir haben Todeszeitpunkt und den Übeltäter. Der Tod ist gegen Mittag eingetreten. Zwischen elf und zwölf. High Noon sozusagen, liebe Frau Mangold!«
    »Und wer ist der Übeltäter? Diese Kröte?«
    »Nein, und auch nicht die pfeilgiftigen Fröschlein. Ich war wegen der Sache extra mit den Kollegen der Toxikologischen Klinik Rechts der Isar in Kontakt. Der Mörder heißt Dendroaspis.«
    »Was?«
    »Dendroaspis, besser bekannt als Schwarze Mamba.«
    »Eine Schlange?«
    »Ja, und eine besonders giftige dazu. Das Gift der Schwarzen Mamba ist ein Neurotoxin, ein Nervengift, sozusagen eine explosive Mischung mehrerer Peptide unterschiedlicher Länge, die das zentrale Nervensystem lähmen. Zu dieser neurotoxischen Wirkung kommen Kardiotoxine, das sind Gifte, die auf den Herzmuskel wirken. Die nur im Mambagift enthaltenen Dendrotoxine blockieren die Kaliumkanäle in den Zellmembranen des Opfers, was eine Störung der elektrischen Reizausbreitung im Herzen zur Folge hat. Es kommt zu Herzrhythmusstörungen bis zum Atemstillstand. Wir haben 160 Milligramm Gift gefunden, schon 120 Milligramm reichen aus, um bei einem erwachsenen Menschen tödlich zu wirken.«
    Irmi war für den Moment sprachlos und bemühte sich, ihre Gedanken zu ordnen. »Ist es denn sicher, dass die Schlange selbst zugebissen hat?«
    »Na, Sie sind mir eine! Hätten Sie lieber einen menschlichen Mörder, der dem Toten Gift injiziert?«
    »Lieber nicht, aber ich hab mir so einen seltsamen Beruf erwählt. Sie ja auch! Ginge das denn rein theoretisch? Ich meine, jemandem Mambagift zu spritzen?«
    »Das ist in der Tat etwas kompliziert. Ich bin mir nicht sicher, wo die Bisswunde liegt oder liegen könnte.«
    »Wieso das denn?«
    »Also man sieht kein klassisches Erythem.«
    »Was für ein Ding?«
    »Eine Hautrötung, die normalerweise auftritt. Es ist auch kein Ödem zu sehen. Der Mann hatte mehrere große offene Wunden an Unterarm und Oberarm, die wohl durch Hundebisse verursacht sind. Viele Zähnchen, größer, kleiner, zerstörtes Gewebe, zerstörte Blutgefäße. Die Wunde war unzureichend verbunden. Jemand scheint den Verband heruntergerissen zu haben. Die Schlange könnte auch in diesem Bereich zugebissen haben, aber das ist eben sehr schwer zu verorten. Insofern könnten Sie die Schlange des Mordes anklagen. Oder eben nicht.« Er stockte kurz, ehe er fortfuhr: »Der Mann hatte übrigens auch Kokain im Blut, aber daran ist er nicht gestorben. Sie ahnen ja gar nicht, in wie vielen der Leichen, die auf meinen Tisch kommen, ich Spuren von Koks entdecke. Das ist mittlerweile eine richtige Modedroge.«
    Neben der trinkenden PR -Dame also noch ein Drogenabhängiger bei KS ? »Koksender Tierquäler von Schlange eliminiert« – das würde eine großartige Schlagzeile ergeben.
    »Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Es ist keine Einstichstelle zu finden, in dem zerstörten Gewebe wäre das auch schwer zu verorten. Allerdings könnte Schlangengift auch in die Wunde eingebracht worden sein.«
    Irmi hatte langsam das Gefühl, in einem üblen Film gelandet zu sein, und diese Sprachlosigkeit, die sie in letzter Zeit immer wieder attackierte, war wirklich bedrohlich.
    »Sehen Sie, Schlangengift kann zentrifugiert und getrocknet werden. Diese Kristalle könnte man in die Wunde einlegen, verbinden, wirken lassen. Das Prinzip eines Nikotinpflasters, wenn Sie so wollen. Beim einen gewöhnt man sich das Rauchen ab, beim anderen das Leben.«
    »Wenn ich dieser Theorie folgen würde, müsste ich aber eine Person suchen, die sehr intim oder freundschaftlich mit dem Toten umgegangen ist, oder?«, fragte Irmi.
    »Im Prinzip ja. Gut, man könnte ihm das Pflaster – nennen wir es mal so – auch unter Zwang angelegt haben. Und natürlich kann man einem Kokser das Gift auch in seine Hallo-wach-Droge mischen. Ich lass Ihnen alles zukommen, mein Piepser ruft, grüß Sie!« Grüß Sie. Dieser fröhliche Tonfall mit dem leichten österreichischen Akzent – der Mann hatte wirklich ein sonniges Gemüt.
    Irmi sank noch tiefer in ihren Stuhl. Mambagift, Hilfe! Eine Schlange, die zugebissen hatte? Ein Mambamörder, der mit Giftkristallen hantierte? Und überhaupt: Wer hielt sich schon eine Schwarze Mamba?
    Plötzlich schoss Irmi ein Gedanke in den Kopf. Sie suchte hektisch nach der Inventarliste des sogenannten Gnadenhofs. Schließlich hatte sie die Aufstellung der

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