Mordsviecher
Grübeln wurde von zwei Polizeifahrzeugen unterbrochen, die gerade vorfuhren. Kathi hatte einen kühlen Blick aufgesetzt, der Hase seine Arbeit-ist-schlimmer-als-Zahnweh-Attitüde. Kathi berichtete, dass sie persönlich eine DNA -Probe genommen und Frau Rosenthal eingewilligt hätte. Richtig aufgeräumt sei sie gewesen. »Also, ich sag mal stockbesoffen«, endete Kathi.
Irmi erläuterte dem Kollegen Hase, dass er die ehemaligen Reptilienräume auf die Anwesenheit weiterer Personen hin untersuchen sollte, doch noch ehe er ein leidendes Ja von sich geben konnte, kam der Experte schon wieder zurück. In einer Plastikwanne trug er etwas vor sich her. War das etwa die Mamba?, durchfuhr es Irmi. Nein, es war eine Haut.
»Mambas häuten sich alle vier bis sechs Wochen«, sagte der Schlangenmann leise.
Es war still. Alle blickten auf diese seltsame Haut.
»Das heißt, diese Schlange ist noch da?«, fragte Kathi nach einer endlosen Weile.
»Als sie sich gehäutet hat, war sie auf jeden Fall da, nur wo sie nun ist, kann ich Ihnen nicht sagen. Wir suchen eine wendige, pfeilschnelle Schlange, keinen Elefanten. Ich habe neben dem Kühlschrank mit den Seren übrigens eine Klappe entdeckt, die in einen Keller führt. Anscheinend verzweigt der sich in eine Art Tunnelsystem. Keine Ahnung, was das hier mal war. Die Haut lag jedenfalls im ersten Keller.«
»Also ist die Schlange in diesen Kellerkatakomben, oder?« Irmi war froh, dass Kathi das Fragen übernahm. Ihre Gedanken liefen schon wieder Amok, und ihr inneres Kino spielte wirre, düstere Filme ab mit viel zu schnellen Bildschnitten.
»Zumindest ist sie definitiv nicht in den oberen drei Räumen. Aber da unten? Keine Ahnung, zumal ich nicht weiß, wie weit diese Gänge gehen. Es ist relativ warm da unten, sie würde dort überleben können.«
»Ich geh da nicht rein!«, kam es vom Hasen.
»Davon würde ich auch abraten«, erwiderte der Schlangenmann. »Ich sehe mich weiter um, ich mach Ihnen aber wenig Hoffnung …«
Er verschwand wieder im Gebäude.
»Hasibärchen, bitte die drei oberen Räume durchfieseln«, sagte Irmi. »Fingerabdrücke, Hautreste, Kokainreste würden mich interessieren. Na, du weißt schon.«
Hasi schenkte ihr einen angewiderten Blick, einen sehr angewiderten Blick, und ging ebenfalls.
Weil Kathi ihm nachstarrte und ausnahmsweise mal schwieg, erzählte Irmi ihr von den diversen Möglichkeiten, wie das Gift in den Körper von Stowasser hätte gelangen können. Sie merkte, dass sie fast flüsterte. Warum nur? Weil die Schlange sie hätte hören können?
»Aber wenn es doch eine Schlange gibt, ist es doch auch mehr als wahrscheinlich, dass diese Schlange Stowasser gebissen hat«, meinte Kathi. »Ein Mamba-Unfall, das gerechte Ende eines Tierquälers, oder?«
Irmi starrte auf den Eingang des Gebäudes, in dem der Schlangenmann und der Hase verschwunden waren. So als käme von dort Rettung oder gar Erleuchtung.
»Man kann eine Mamba ja wohl nicht als Waffe einsetzen, oder?«, fuhr Kathi fort. »Dann wäre man ja selbst in höchster Gefahr! Das würde sich nicht mal der Schlangenflüsterer da drin trauen. Du hast gesagt, man könnte sie melken. Na gut, aber auch da muss sich jemand auskennen. Ich sag dir, das Vieh hat einfach zugebissen. Ich kann der Schlange wirklich nur gratulieren.« Kathi lachte ein wenig gekünstelt. »Das war ein Unfall, sag ich dir. Du weißt doch: Die schlimmsten Verbrechen geschehen aus Liebe und verletzten Gefühlen. So was haben wir hier aber nicht.«
»Was wir aber immer noch haben, sind ein ungeklärter Todesfall, ein Kokser, illegal eingeschleuste Tiere und dieser ganze Daunenbetrug … Wenn’s denn einer ist«, schickte Irmi noch hinterher.
»Diesen ganzen Scheiß soll sich doch reinziehen, wer will«, murmelte Kathi. »Zoll, Drogen, Tierschutz, Wirtschaftskriminalität – irgendwelche Kollegen werden diesem Vollpfosten Stowasser schon was nachweisen können.«
Irmi zog es vor zu schweigen.
Als der Schlangenmann plötzlich hinter ihr stand, erschrak sie. Er wirkte enttäuscht und müde. »Nichts. Ich habe keine Ahnung, ob und wie das Tier entfleucht ist. Die Mamba ist vom Erdboden verschluckt. Was Sie aber interessieren könnte: Das Gebäude hat einen zweiten Ausgang. Ich bin gut fünfhundert Meter Kellergang marschiert und bin dann über eine Treppe da drüben rausgekommen.« Er wies auf einen Stadl. »Dort gibt es eine Klapptür im Boden, die konnte man leicht hochdrücken. Ich glaube fast, dass Stowasser
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