Mordsviecher
danken. Ach, Frau Mangold, seien Sie bitte vorsichtig. Wenn es jemandem gelungen ist, mit Mambagift zu hantieren, ist das eine brandgefährliche Person. Und keine, die im Affekt handelt. Das heißt doch so bei Ihnen, oder?«
Ja, so hieß das, wenn man dem Nachbarn oder Postboten oder Schwager einen Kerzenständer überzog, während der mit der Gattin im Bett lag. Der vorliegende Fall hingegen war komplizierter.
»Danke für Ihre Fürsorge, aber ich lebe immer ein bisschen gefährlich«, meinte Irmi.
Sobald sie aufgelegt hatte, wurde ihr flau und schwummrig. So ein Gefühl, das sich einstellt, wenn man nichts gegessen hat. Sie hatte nichts gegessen, aber da war noch etwas anderes, was ihren Körper ins Wanken brachte.
Sie berief kurzerhand ihre Leute ein und berichtete. Am Ende waren sie sich alle sicher, dass Gespräche mit Trenkle, Strobl und Sonja Ruf anstanden. Andrea hatte darauf bestanden, weil sie immer noch der Meinung war, dass der Tod eines Pferdes ein Mordmotiv sei. Kathi hatte sie nur verächtlich angesehen, ansonsten aber die Klappe gehalten. Beachtlich, dachte Irmi. Dennoch war der Sockenstrobl Irmis erste Wahl.
Irgendetwas hielt sie davon ab, sich sofort auf Trenkle zu stürzen. Erschwerend kam hinzu, dass Max Trenkle an keines seiner Telefone ging. Irmi bat Sailer, mal bei Trenkle zu Hause vorbeizufahren.
Blieb der Strobl aus Mühldorf. Der Ausflug nach Rosenheim war ja schon eine Expedition gewesen, aber Mühldorf? Sie wollte in jedem Fall vorher die Kollegen dort informieren, Insiderwissen aus der Innstadt war in jedem Fall hilfreich.
Lohmüller tauchte brav auf, gab seine Geschichte erneut zu Protokoll, widersprach sich nicht, sondern blieb bei seiner Version, die man glauben konnte oder auch nicht. Irmi ließ ihn gehen, aber sie hatte nicht vor, ihm weitere Konfrontationen mit der Polizei zu ersparen. Ganz im Gegenteil, sie hatte die Geschichte an die Abteilung für Wirtschaftskriminalität weitergegeben, denn eines war mittlerweile klar wie Kloßbrühe: Stowasser hatte mit seinen feinen Daunen betrogen und getrickst. Doch darum würden sich jetzt andere kümmern.
Dass in dem Fall auch die Brünhilde aus dem Hause Rosenthal wieder unter Beschuss geraten würde, tat ihr wenig leid. Für den Mord hatte die Schnapsdrossel ja leider ein Alibi. Aber für den Rest war sie mit Sicherheit mitverantwortlich.
Wieder war ein Tag zu Ende gegangen. Wieder hatte sie haarsträubende Sachen gehört, wieder hatten sie tiefe Einblicke ins Wesen des Menschen erhalten. Wieder wussten sie im Prinzip so wenig wie zuvor. Als Kathi gute Nacht wünschte, grüßte Irmi nur kurz zurück und schickte noch ein »dann machen wir halt morgen einen Ausflug nach Mühldorf am Inn« hinterher.
Es war nun eine ganze Woche vergangen seit dem Mord, der vielleicht auch ein Unfall gewesen war. Oder dem Unfall, der ihr so komisch vorkam, dass sie auch gegenüber der Staatsanwaltschaft und dem Chef darauf bestanden hatte, das Ganze nicht ad acta zu legen. Allmählich aber sollte sie Ergebnisse präsentieren.
Zu Hause hatte Bernhard Besuch von zwei Feuerwehrkollegen. Irmi setzte sich dazu und folgte den Gesprächen mit halbem Ohr. Aber die Probleme, inwiefern die Feuerwehren unterbesetzt waren, die Arbeitgeber uneinsichtig und die Jugend zu lasch, lenkten sie immerhin ab. Der kleine Kater war gekommen und sprang ihr auf den Schoß. Dann legte er sich allen Ernstes hin und begann zu schnurren. Diesen Tag musste sie mit Rotstift festhalten. Der Springinsfeld konnte sich allen Ernstes still halten!
Gut, nicht allzu lange. Nach zwanzig Minuten schoss er hoch, natürlich unter intensivem Einsatz seiner Krallen, und jagte einer Fliege hinterher. Mit dem Dunkelwerden ging Irmi ins Bett und schlief genau bis zur Dämmerung. Es war wie immer die morgendliche Zehen-Jagd-Zeit.
12
Bei ihrem Ausflug gerieten sie schon vor München ins Stocken, weil der Luise-Kiesselbach-Platz untertunnelt werden sollte und München wahrscheinlich wie jedes Jahr im Sommer bei einem heimlichen europäischen Wettbewerb mitmachte: Welche Stadt hat die meisten nervigen Baustellen? Diesmal würde München gewinnen, da war sich Irmi sicher.
Der Verkehr staute sich schon lange vor dem Ring, doch schließlich erreichten sie die Passauer Autobahn und kamen eine Weile lang ganz gut voran. Bis die Autobahn endete und in die B12 überging. Lkw reihte sich an Lkw, Überholen war definitiv unmöglich, und mit fünfzig Stundenkilometern konnte man sich gut vorstellen,
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